Energiekrise

Berliner Gaspreishilfen kommen in zwei Stufen

Bürger und Unternehmen sollen von den hohen Gaspreisen in zwei Stufen entlastet werden: Zunächst mit einer Einmalzahlung im Dezember, dann mittels einer Gas- und Wärmepreisbremse für März 2023 bis April 2024.

Berliner Gaspreishilfen kommen in zwei Stufen

Die Unabhängige Kommission Erdgas und Wärme hat am Montag ihre Empfehlungen veröffentlicht, die sowohl Direktzahlungen als auch niedrigere Gaspreise beinhalten. Die Koalition wird nun die Empfehlungen der Gruppe prüfen und voraussichtlich in den kommenden Wochen eine Entscheidung treffen. Die Erleichterung würde nach dem Plan der Kommission in zwei Schritten erfolgen.

Für den Dezember ist zunächst eine Einmalzahlung für Gas- und Fernwärmekunden vorgesehen. Die Einmalzahlung soll auf der Basis des Verbrauchs ermittelt werden, der der Abschlagszahlung im September zugrunde lag. „Diese Einmalzahlung dient als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse“, heißt es in dem Papier der Experten, das am Montag veröffentlicht wurde. Die Versorger sollen auf die Abschlagszahlung für Dezember für praktisch alle Haushalts- und Gewerbekunden verzichten und diese vom Staat erstattet bekommen. Die Abschläge für Industrie und Kraftwerke zur Stromerzeugung übernimmt der Staat nicht.

Ab Anfang März 2023 bis mindestens Ende April 2024 soll eine Gas- und Wärmepreisbremse greifen. Diese sieht für eine Grundmenge an Gas einen staatlich garantierten Bruttopreis inklusive aller auch staatlich veranlassten Preisbestandteile von 12 Cent pro Kilowattstunde vor. „Das heißt, man bekommt quasi jeden Monat einen staatlichen Zuschuss auf die Abschlagszahlung“, erklärte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm auf einer Pressekonferenz. Oberhalb dieses Kontingents sollen Marktpreise gelten. Das Grundkontingent soll bei 80% des Verbrauchs liegen.

Für Fernwärmekunden soll eine Wärmepreisbremse kommen. Analog zum Gaspreis soll es hier einen garantierten Bruttopreis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme geben, wiederum für ein Grundkontingent von 80% des Verbrauchs. Für etwa 25.000 Industriekunden soll die Subvention 7 Cent betragen.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, sagte, das Gesamtpaket zur Gaspreisbremse werde 90 Mrd. Euro kosten. 5 Mrd. Euro seien für den Abschlag im Dezember veranschlagt. Die Bremse ab 2023 werde ein staatliches Finanzvolumen von 60 Mrd. Euro für die Industrie und 25 Mrd. Euro für die Entlastung privater Haushalte haben.

Bundesregierung berät über Vorschläge

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte an, die Koalition aus SPD, Grünen und FDP werde die Vorschläge sichten, dann aber „sehr rasch und weitgehend“ umsetzen. Ein Regierungssprecher sprach von „mehreren Tagen“ Zeitnahme für eine Bewertung. Die über 20 Mitglieder der Kommission unter Vorsitz von Vassiliadis, Russwurm und der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm hatten in einer Nachtsitzung bis zum Sonnenaufgang an ihrem Konzept gefeilt. Um 06.25 Uhr habe das Ergebnis vorgelegen, sagte Vassiliadis. „Wir haben gerungen, aber wir haben ein Ergebnis erreicht, das wir für belastbar halten“, sagte BDI-Präsident Russwurm. Deutschland drifte in eine Rezession. Daher sei das Anliegen der Regierung richtig, die Belastung der Industrie durch hohe Gaspreise zu dämpfen. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch stellte in Aussicht, dass die erforderlichen Gesetzesänderungen noch in diesem Monat auf den Weg gebracht werden könnten. Er drang auf eine rasche Umsetzung der Vorschläge.

Lob, aber auch Kritik

In ersten Stellungnahmen erhielt die Kommission Lob und Kritik. Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK erhofft sich davon auch eine Stützung der Konjunktur und eine Dämpfung der von den hohen Energiepreisen getriebenen Inflation. Der Ökonom Jens Südekum hingegen kritisierte indes Fehlanreize: „Die volle Erstattung der Nebenkosten bietet gerade keine Einsparanreize und fördert reiche Haushalte mit hohen Energieverbräuchen besonders stark.“ Auch Dullien sprach von Schwächen mit Blick auf die Preisbremse ab Frühjahr. „Der vorgeschlagene pauschale 80-Prozent-Rabatt entlastet Haushalte mit hohem Gasverbrauch deutlich stärker als jene mit geringem Gasverbrauch“, so Dullien. „Das ist besonders problematisch bei den Hocheinkommenshaushalten mit hohem Gasverbrauch, etwa den Bewohnern von Villen aus den 1970er Jahren mit Schwimmbad.“ Vassiliadis räumte Unwuchten ein. Die Kommission mache dies aber transparent: „Uns war die Geschwindigkeit wichtiger.“