Bankenkrise

Déjà-vu 2007/08

Seinerzeit waren Banker, Zentralbanker sowie Regulatoren zunächst gelassen: Die Märkte zeigten eine Überreaktion. Das seien vorübergehende Illiquiditäten, die sich eben manchmal in Stresssituation an den Märkten zeigten.

Déjà-vu 2007/08

Für all diejenigen, die die Finanz- bzw. Bankenkrise 2007/08 miterlebt haben, muss es ein Déjà-vu sein. Da kommen einige Banken erheblich unter Druck und ein Eingreifen wird erforderlich. Seinerzeit waren es Hedgefonds einer sehr namhaften Adresse, die wegen Subprime unter Druck geraten waren. Das war 2007/08 der Anfang. Und es wurde mehrfach wiederholt – von offizieller Seite, das heißt von Zentralbanken, Politik und Regulatoren: „Macht euch alle keine Sorgen, es ist alles in Ordnung, es wird keine Probleme geben, wir haben das alles im Griff.“ Was 2007/08 folgte, ist vielen wohl noch in Erinnerung: Banken kollabierten oder kamen zumindest unter erheblichen Druck, man möchte sagen, fast reihenweise: IKB, Sachsen LB, Bradford & Bingley, Northern Rock, HRE, Merrill Lynch und nicht zuletzt der prominenteste Fall: Lehman Brothers, die die Entwicklung auch noch vorhersahen und erhebliche Bewegungen an den Bondmärkten in Bezug auf Renditen und Spreads in dieser Zeitung fast ein Jahr vor ihrem Zusammenbruch prognostizierten.

Fragwürdige Gelassenheit

Seinerzeit waren Banker, Zentralbanker sowie Regulatoren zunächst gelassen: Die Märkte zeigten eine Überreaktion. Das seien vorübergehende Illiquiditäten, die sich eben manchmal in Stresssituation an den Märkten zeigten. „Das darf man nicht so ernst nehmen“, so damals die Einschätzung. Ein Eingreifen in die Märkte hielten die Notenbanken zunächst für nicht erforderlich, denn die Lage war ja – scheinbar – nicht brisant.

Fühlt es sich derzeit nicht genauso wieder an wie in jenen Tagen im Sommer 2007, als im Juli 2007 nach dem Kollaps von US-Hedgefonds die IKB erst einmal die Grätsche machte? Worauf war denn alles zurückzuführen? Dass die Banken Subprime-Hypotheken in ihren Portfolios hatten! Das war der einzige Punkt. Denn es war so schön einfach: Kurzfristig zu vergleichsweise günstigen Renditen/Zinsen refinanzieren und gleichzeitig das aufgenommene Kapital höher rentierlich als Hypothekenfinanzierung ausreichen – das ergibt einen guten Spread: Hohe Zinsen einstreichen und geringe Zinsen weitergeben. Das haben viele Häuser so ge­macht, und viele sind dadurch seinerzeit in die Bredouille gekommen. Alle in die gleiche Richtung, wenn man so will. Denn: Wenn die hohen Zinsen nicht mehr ge­zahlt werden, weil Darlehensnehmer die Grätsche machen, steht man reichlich blöd da. So ist es passiert. Der Rest ist Geschichte.

Und nun? 2007/08 lässt sich nicht einfach eins zu eins auf heute übertragen. Vieles ist anders.

Gleichwohl werden im Markt viele Parallelen wahrgenommen. Wieder kommen Banken unter Druck: SVB und Signature Bank. Und auch aus der Schweiz kommen nicht gerade beruhigende Signale. Jeder im Markt hofft natürlich, dass diese Entwicklung nicht noch Fahrt aufnimmt. Doch es schwingt – wie 2007/08 – irgendwie ein ungutes Gefühl mit. Es sind die ersten Adressen, die nun offenbaren, dass der Zinsanstieg sie betrifft – in welchem Ausmaß auch immer. Seinerzeit waren es nicht Leitzinsanhebungen, sondern eigene Refinanzierungskosten, die Häusern zu schaffen machten. Denn nun handeln Zentralbanken wieder nach der Devise: Das ist alles nicht so schlimm, reagieren müssen wir hier erst mal nicht. Später im Jahr 2007 mussten sie es.

Man kann nur hoffen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Denn Krisen haben die Finanzmärkte und selbstredend auch die Gesellschaft gerade in den vergangenen Jahren genug ge­habt: Covid-19-Krise, der Ukraine-Krieg, die damit ausgelöste Energiepreisexplosion sowie der da­mit verbundene Inflationsanstieg ha­ben die Märkte und auch die privaten Haushalte in den vergangenen Monaten selbstredend ge­nügend belastet. Die Kurse von Risiko-Assets gerieten unter Druck. Zu beobachten war eine Flucht in Sicherheit. Die Renditen von Bundesanleihen fielen, als die Papiere als Hort der Sicherheit angesteuert wurden. Auch hier ein Déjà-vu: Denn Bundrenditen sind in den vergangenen Tagen zum Teil recht deutlich gefallen – noch stärker als 2007/08 – und die Aktienkurse – gerade von Banken – sind ebenfalls unter Druck geraten. Ein Unterschied zu 2007: Heute reagiert der Aktienmarkt früher. Seinerzeit nahm er die aufziehende Krise nicht wahr. Seinerzeit irrte er. Hoffentlich irrt er heute.

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