Expertenkommission

Erste Hilfe für Gaskunden

Die Gaskommission schlägt in der Energiekrise ein zweistufige Verfahren vor. Noch im Dezember sollen erste Hilfen fließen. Die Gaspreisbremse soll ab März 2023 ziehen. Eine Lösung für die Industrie könnte zum Jahresbeginn starten.

Erste Hilfe für Gaskunden

wf Berlin

Mit einer Kombination aus Soforthilfe noch im Dezember und der Einführung einer differenzierten Gaspreisbremse vom März 2023 an wollen die Experten der Gaskommission Deutschland sicher durch den Winter bringen. Für die deutsche Wirtschaft soll vom Jahresbeginn 2023 an eine gesonderte preisdämpfende Regelung gelten. Um soziale Härten abzufedern und besonders gebeutelte Unternehmen zu unterstützen, schlägt die Kommission zusätzliche Hilfsfonds vor.

Die Vorsitzenden der „Expertenkommission Gas und Wärme“ präsentierten am Montag in Berlin nach einer intensiven Wochenendklausur ihren Zwischenbericht. Die Vorschläge folgten dem Ziel, in einer ersten Stufe Gasverbraucher noch 2022 zu entlasten, den europäischen Kontext zu berücksichtigen und die Transformation zur Klimaneutralität nicht zu bremsen, erläuterte Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Gewerkschaft IGBCE, vor der Presse. Co-Vorsitzende und Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagte, angesichts der hohen Gaspreise sei „Schnelligkeit geboten“. Deshalb empfehle die Kommission pragmatisches Vorgehen.

Im Dezember sollen die privaten Gasverbraucher sowie kleine und mittlere Gewerbekunden staatliche Hilfe in Höhe einer monatlichen Abschlagszahlung auf Basis des September-Verbrauchs erhalten. Die Abrechnung erfolgt über die Versorger. Das Vorhaben kostet den Staat rund 5 Mrd. Euro. Von März 2023 an soll die Gas- und Wärmepreisbremse ziehen. Dieser Kundengruppe garantiert der Staat 80% des Verbrauchs zu einem Bruttopreis von 12 Cent/kWh inklusive Steuern und aller Zuschläge. Darüber hinausgehender Verbrauch muss zum Marktpreis bezahlt werden. Damit soll weiterer Anreiz zum Gassparen beste­hen. Für Fernwärme soll nach demselben Modell ein garantierter Preis von 9,5 Cent/kWh gelten. Eine Kilowattstunde Gas kostet derzeit im Mittel 28,3 Cent für Neukunden, schreibt die Kommission. Vor einem Jahr lag der Preis bei 6,8 Cent/kWh. Private Haushalte und kleine Gewerbekunden verbrauchten 2021 rund 40% der 1000 Terawattstunden. 60% des Gases wurden verstromt oder von der Industrie verbraucht.

Grimm mahnte dazu, den Verbrauch zu senken. In Deutschland müssten rund 20% weniger Gas verbraucht werden, um die Versorgungslage zu stabilisieren und Gasmangel im Winter zu vermeiden. „Die Versorgungslage bleibt trotz der gefüllten Speicher angespannt“, sagte Vassiliadis. Die Industrie hat ihren Verbrauch nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine der Kommission zufolge bereits um 20% bis 25% gesenkt – durch den Umstieg auf andere Energieträger und geringere Produktion. Die bis zu 25000 Indus­triegroßkunden sollen vom Jahresbeginn 2023 an einen garantierten Beschaffungspreis von 7 Cent/kWh (ohne Zuschläge) für 70% ihres Gasbrauchs erhalten. Höherer Verbrauch muss zum Marktpreis bezahlt werden. Nicht verbrauchte Mengen können am Markt verwertet werden. Dies soll ebenfalls den Verbrauch drosseln. Industriepräsident Siegfried Russwurm machte deutlich, dass die staatliche Förderung an die Standorterhaltung der Unternehmen und eine Transformationsperspektive gebunden sei.

Die Gas- und Wärmepreisbremse für Haushalte und Industriekunden soll längstens bis 30.4.2024 gelten. Den Staat kostet die Intervention für Haushalte und kleine Gewerbekunden insgesamt 66 Mrd. Euro, für die Industrie kommen 25 Mrd. Euro hinzu. Da private Kunden die Hilfen als geldwerten Vorteil versteuern sollen, fließt ein Teil zurück in die Staatskasse. Die Bundesregierung erklärte, sie werde die Vorschläge genau prüfen. Staatliche Hilfen müssen zudem in Brüssel beihilferechtlich genehmigt werden. Ihren Abschlussbericht wird die Kommission Ende Oktober vorlegen. Darin will sie sich auch zur Ausweitung anderer Energieträger äußern. Umstritten ist, ob Kernkraft länger genutzt werden sollte.

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