Märkte am Mittag

Nur Einzelwerte sorgen am Dienstag für Bewegung

Vor der Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell am späten Nachmittag halten sich die Händler bedeckt. Nur bei einigen Einzelwerten wie Teamviewer oder Siemens Energy kaufen sie nach oder geben sie ab und reagierten damit auf neue Geschäftszahlen.

Nur Einzelwerte sorgen am Dienstag für Bewegung

Der deutsche Aktienmarkt hat sich nach dem schwachen Wochenstart am Dienstag etwas unentschlossen gezeigt. Gegen Mittag notierte der Dax 0,01% schwächer bei 15.343 Punkten. Damit trete der Leitindex „auf hohem Niveau auf der Stelle“, kommentierte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um 0,21% auf 29.259 Punkte nach unten, wogegen der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 0,21% auf 4214,25 Zähler zulegte.

Am Donnerstag hatte der Dax mit 15.520 Punkten noch den höchsten Stand seit fast einem Jahr erreicht. Die durch den starken US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag angeheizten Zinssorgen drückten ihn dann zu Wochenbeginn aber zeitweise bis auf 15.275 Punkte nach unten. An den US-Börsen war es vor allem für Technologiewerte weiter abwärts gegangen, wobei sich nach dem europäischen Handelsende aber nicht mehr viel getan hatte – aktuell zeichnet sich hier ebenfalls wenig Bewegung ab.

Der Dax zeige weiter eine erstaunliche Stabilität, schrieb Molnar. Er verwies – auch am Beispiel der laufenden Warnstreiks bei der Deutschen Post, für deren Beschäftigte die Gewerkschaft Verdi 15% mehr Lohn und Gehalt fordert – auf die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale in Zeiten einer ohnehin schon hohen Inflation.

Am späten Nachmittag steht eine Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell auf der Agenda, bei der die Marktteilnehmer angesichts neuerlicher Zinssorgen wohl besonders genau zuhören werden. Bereits davor fanden einige Konjunkturdaten und Unternehmenszahlen die Aufmerksamkeit der Anleger.

Schwache Konjunkturdaten

Auf die Stimmung drückten auch schwache Konjunkturzahlen. Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion am Ende des von Energiekrise, Materialengpässen und hohen Preisen geprägten Jahres überraschend stark gedrosselt. Industrie, Bau und Energieversorger stellten im Dezember zusammen 3,1% weniger her als im Vormonat, wie aus offiziellen Daten hervorging. „Es sind Ausläufer der viel beschworenen Rezession“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Die schwache Industrieproduktion, anhaltende Zinssorgen und neue geopolitische Spannungen zwischen China und USA dämpften die Kauflaune, sagte Salah Bouhmidi, Experte beim Onlinebroker IG Europe.

An den Rohstoffmärkten trieb unterdessen die Furcht vor einem knapperen Angebot nach der Schließung eines wichtigen Exportterminals wegen des schweren Erdbebens in der Türkei den Ölpreis an. Rohöl der Nordsee-Sorte Brent und US-Leichtöl WTI verteuerten sich jeweils um mehr als 2% auf 82,66 Dollar beziehungsweise 75,78 Dollar pro Barrel. Preistreiber war auch die Aussicht auf eine anziehende Nachfrage in China. „Die Rohölpreise steigen aufgrund der Erwartung, dass Chinas Aufschwung anhält und aufgrund von Lieferausfällen nach dem Erdbeben in der Türkei“, sagte Edward Moya, Analyst beim Brokerhaus Oanda.

Siemens Energy sacken durch

Bei den Einzelwerten berichtetet der Energietechnikkonzern Siemens Energy für das erste Geschäftsquartal über einen mehr als verdoppelten Verlust, was die Aktien am Dax-Ende mit einem weiteren Kursrückgang um 4,4% quittierten. Während sich das eigene Geschäft deutlich verbesserte, verhagelten erneute Belastungen bei der Windkrafttochter Siemens Gamesa das Ergebnis. Siemens Energy hatte deswegen bereits vorläufige Zahlen veröffentlicht und den Ergebnisausblick gesenkt. Für Aufmerksamkeit sorgte der Plan, zur Finanzierung der Gamesa-Komplettübernahme bis zu weitere 1,5 Mrd. Euro einzusammeln. Durch eine Analystenpräsentation wurde dies den Anlegern nun klarer, auch wenn der Plan nicht neu ist. Abgestimmt wird darüber auf der heutigen Hauptversammlung.

Rekordtief für Synlab

Die Aktien von Synlab brachen am Ende des Nebenwerte-Index SDax um 22% auf ein Rekordtief ein. Der Laborspezialist legte Eckdaten für 2022 vor und senkte seine Ziele für 2023 wegen einer geringeren Nachfrage und niedrigeren Preisen bei seinen Corona-Tests. In der Folge will der Vorstand auch das geplante Budget für Zukäufe drastisch reduzieren. Christophe-Raphael Ganet von der Investentbank Oddo BHF reagierte darauf mit einer doppelten Abstufung der Aktie. Am Nachmittag steht noch eine Telefonkonferenz zu Zahlen und Ausblick des Unternehmens an.

Kurssprung bei Teamviewer

Dagegen konnten sich die Anteilseigner von Teamviewer über einen Kurssprung von über 16% und den MDax-Spitzenplatz freuen. Die Aktien waren damit wieder so teuer wie zuletzt im vergangenen Frühjahr. Der Spezialist für Fernwartungssoftware nimmt sich nach dem guten Schlussquartal 2022 für das neue Jahr überraschend viel Geschäft vor. Ein Börsianer sprach von einem soliden Ausblick, der zusammen mit den angekündigten Aktienrückkäufen den seit Jahresbeginn stagnierenden Titeln erst einmal helfe.

Der IT-Dienstleister Bechtle verzeichnete im vergangenen Jahr auch dank eines starken Schlussquartals ein weiteres kräftiges Wachstum, wie Eckdaten belegen. Die Aktien verloren dennoch 0,5% und zollten damit der etwas enttäuschenden Profitabilität sowie ihrer guten Entwicklung seit Jahresbeginn weiter Tribut. Am Donnerstag hatten sie noch den höchsten Stand seit Mitte September markiert.

Neben Zahlen bewegten auch Analystenaussagen. Beim Mobilfunk-Anbieter Freenet sorgte eine Kaufempfehlung der französischen Großbank Societe Generale für Gewinne von 0,8%. Eine gleich doppelte Hochstufung durch Exane BNP Paribas bescherte dem Autovermieter Sixt ein Kursplus von 2,1%.

Dagegen ließ eine Abstufung durch die Privatbank Berenberg die Aktien des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus um 1,6% sinken. Experte Philip Buller begründete seine nun geltende Verkaufsempfehlung mit dem negativen Einfluss von Inflationsschutzklauseln in Flugzeug-Lieferverträgen auf die Profitabilität.

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