Bauwirtschaft

Bauindustrie senkt Umsatzprognose

Der Ukraine-Krieg verschärft die Materialengpässe am Bau. Hinzu kommen stark steigende Energiekosten. Daher fällt die Branchenprognose pessimistischer aus.

Bauindustrie senkt Umsatzprognose

dpa-afx Berlin

Angesichts von Materialengpässen und hohen Bau- und Energiepreisen aufgrund des Ukraine-Kriegs hat die deutsche Bauindustrie ihre Umsatzerwartungen für das laufende Jahr nach unten korrigiert. „Wir erwarten für 2022 eine reale Entwicklung zwischen null und minus 2%“, sagte der Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), Peter Hübner, am Mittwoch in Berlin. Auch im kommenden Jahr werde sich der Rückgang voraussichtlich auf einem ähnlichen Niveau bewegen. Bei der Ende des vergangenen Jahres veröffentlichten vorigen Prognose war der Verband noch von einem preisbereinigten Umsatzwachstum von 1,5% ausgegangen.

Es falle „sehr schwer, eine verlässliche Prognose abzugeben“, betonte Hübner. Zu unsicher seien derzeit die künftigen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Nachdem die deutsche Bauwirtschaft dank des boomenden Wohnungsbaus noch weitgehend glimpflich durch die Coronakrise gekommen war, belasten die Folgen des Konflikts mit Russland die Branche nun schwer. Knapp die Hälfte des von den Bauunternehmen benötigten Betonstahls kommt laut HDB aus Russland, der Ukraine oder Belarus.

Wegen gestörter Lieferketten fehle es zudem an Öl, das etwa für die Herstellung von Bitumen gebraucht wird – einem Gemisch, das im Straßenbau zum Einsatz kommt. Die hohen Treibstoffkosten wiederum machen Transporte teuer.

In der Folge erhöhen sich die Baukosten. Bei neuen Verträgen mit den Auftraggebern werde das eingepreist, sagte Hübner. „Das Problem sind die aber alten, langlaufenden Bauverträge.“ Hier seien die Unternehmen an längst veraltete Preise gebunden, ein Problem, das über Preisgleitklauseln bislang nur in Ansätzen abgefedert werden könne.

Aus Sicht des Verbands hat das auch Folgen für die von der Bundesregierung gesetzten Ziele beim Wohnungsbau. Jedes Jahr sollen demnach 400 000 neue Wohneinheiten gebaut werden. „Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr um die 320 000 Wohnungen schaffen werden“, sagte HDB-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller. Das liege zunächst noch am Produktionshochlauf der Branche, der angesichts der hohen Ziele der Bundesregierung länger brauche. Im kommenden Jahr dürften sich dann Materialengpässe und die Bau- und Energiepreissteigerungen bemerkbar machen, weil Planungen für Neubauten verschoben würden und stärker im Bestand saniert werde.

Hinter den Bauzielen des Bundes steht vor allem die Absicht, mit mehr Wohnungen die Mietpreise zu drücken und die Wohnungsnot zu bekämpfen. Doch aus Sicht der Bauindustrie ist dieses Ziel fraglich, insbesondere dann, wenn es keine staatliche Förderung für Neubauten oder energetische Sanierungen gebe. Für private Investoren werde der Bau von bezahlbarem Wohnraum unattraktiv. „Sinnvoll wäre, gerade die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften so zu ertüchtigen und an den Markt zu bringen, dass sie mit industriellen Prozessen großflächig bauen können, um die Mieten zu senken“, sagte Müller. Aus Sicht von Verbandspräsident Hübner wäre es aber unter veränderten Rahmenbedingungen auch für private Bauunternehmer möglich, weiter in bezahlbaren Wohnraum zu investieren. Dazu brauche es etwa eine einheitliche Bauverordnung, die bundesweit gelte und mit der serielles und damit günstigeres Bauen möglich werde.

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