Tarek Müller

Break-even-Ziel gilt unverändert

Der Online-Modehändler About You wird nach Ansicht von Co-Chef Tarek Müller als Gewinner aus der aktuellen Branchenflaute hervorgehen. Das Ziel, 2023/24 operativ die Verlustzone zu verlassen, gilt.

Break-even-Ziel gilt unverändert

Carsten Steevens.

Herr Müller, Mitte September haben Sie Ihre Ziele für dieses Geschäftsjahr zurückgestuft. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?

Wir sind zufrieden mit unserem zweiten Quartal. Wir haben uns in einem schwierigen Marktumfeld klar durchgesetzt. Wir haben unsere Bestandskundenbasis um 26,8% gesteigert und können jetzt mit über 12 Millionen Kunden auf deutlich mehr Kunden aufsetzen. Wir sind wohl unter den wenigen Online-Fashion-Unternehmen, deren Umsatz im bisherigen Jahresverlauf gestiegen ist – um 9% im zweiten Quartal und um 14% im ersten Halbjahr. Wir konnten erneut signifikant Marktanteile gewinnen. Und wir sind weiterhin zuversichtlich, beim bereinigten Ebitda wie angekündigt im kommenden Geschäftsjahr den Break-even zu erreichen.

Wie passt Ihre Zuversicht zu den aktuellen Aussichten auf hohe Inflation, sinkende Konsumtätigkeit und Rezession?

Weil wir Maßnahmen ergriffen haben, die uns helfen werden, damit besser umzugehen. Letztendlich ist in unserem Geschäft die Möglichkeit, das eigene Geschäft zu prognostizieren, entscheidend, weil wir Bestand einkaufen. Es ist für die Industrie immer ungünstig, wenn überraschende Dinge eintreten. Vor neun bis zwölf Monaten konnte man mit der heutigen makroökonomischen Situation nicht rechnen. Das war der Zeitpunkt, zu dem wir genauso wie die Industrie unsere Ware geordert haben. Inzwischen sind wir konservativer geworden, was die Planung für das kommende Geschäftsjahr angeht. Entsprechend haben wir auch weniger Ware ge­ordert.

Was heißt das?

Wir gehen aktuell davon aus, dass sich die Situation nicht nur bei uns, sondern auch im gesamten Markt im Kalenderjahr 2023 entschärfen wird, was die Bestandssituation angeht. Daher gehen wir allgemein von steigenden Verkaufspreisen aus. Darüber hinaus haben wir auch unsere Marketingstrategie angepasst. Wir werden weniger für Marketing ausgeben mit einem höheren Return-on-Investment-Ziel. Wir werden auch unsere Unit Economics und Fixkosten anpassen. Wir sind zuversichtlich, mit diesen Maßnahmen das Break-even-Ziel im kommenden Geschäftsjahr erreichen zu können.

Weniger Ausgaben bedeutet auch weniger Expansion.

Ein großer Treiber zur Verbesserung der Profitabilität ist in der Tat, dass wir aktuell in keinen neuen Ländern starten werden. In den vergangenen 12 bis 18 Monaten waren die Kosten sehr stark durch neue Markteintritte und den Aufbau neuer Märkte getrieben. Dadurch, dass wir unsere Ex­pansionsplanung schon vor rund einem halben Jahr angepasst und uns entschieden haben, in den kommenden 12 bis 18 Monaten voraussichtlich nicht in neue Märkte einzutreten, ist das schon mal ein sehr entscheidender Faktor, um die Marketingkosten zu reduzieren. Die bestehenden Märkte aber wachsen ungebrochen. Jeder der 26 About-You-Märkte ist gewachsen, und wir sind überzeugt, dass sie auch weiterhin wachsen werden.

Die About-You-Aktie hat im bisherigen Jahresverlauf mehr als 70% ihres Werts verloren, Anlageempfehlungen wurden herabgestuft. Die Skepsis wächst.

Das würde ich so nicht sehen. Bei der Frage, ob wir ein Gewinner oder Verlierer in der aktuellen Krise sein werden, ist sich der Markt sicher: Wir werden zu den Gewinnern der Krise zählen. Deshalb hat sich unsere Aktie besser entwickelt als die der Peer-Unternehmen. Der Kapitalmarkt und Analysten sind pessimistisch, was den gesamten Sektor betrifft, das hat auch unsere Aktie betroffen.

Wann wird sich der Sektor insgesamt wieder erholen?

In dieser Frage sind sich Analysten derzeit uneinig. Aber klar ist, dass auch diese Krise irgendwann durchgestanden sein wird. Die Menschen werden irgendwann wieder normal Kleidung kaufen, und sie werden im Vergleich zu heute stärker online als offline kaufen. Zugleich werden wir weniger Wettbewerb sehen, denn es wird zu einer Marktkonsolidierung kommen. Wir streben mit den eingeleiteten Maßnahmen eine höhere Profitabilität an und der Markt insgesamt wird seine strukturelle Profitabilität voraussichtlich verbessern. Ich bin mir sicher, dass wir in fünf Jahren im Rückblick sagen werden, dass 2022 ein entscheidender Moment für die Modeindustrie war. Und ich bin zuversichtlich, dass wir zu den Krisengewinnern zählen werden. Wir verfügen mit rund 350 Mill. Euro über eine sehr solide Cash-Position.

Das Interview führte

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