Biotechnologie

Deutsche Balaton bootet Konkurrentin bei Biofrontera aus

Biofrontera-Aufsichtsratschef Wilhelm Zours lässt die Großaktionärin Maruho nicht zur Hauptversammlung zu. Damit eskaliert der langjährige Streit der Anteilseigner, denn Zours ist zugleich Mehrheitseigner und Gründer des anderen Biofrontera-Großaktionärs Deutsche Balaton.

Deutsche Balaton bootet Konkurrentin bei Biofrontera aus

Von Antje Kullrich, Köln

Eine Minute vor Beginn der Hauptversammlung ist die neue Eskalationsstufe erreicht: Der Biofrontera-Aufsichtsratsvorsitzende Wilhelm Zours gibt per Ad-hoc-Mitteilung bekannt, die Maruho Deutschland GmbH von der Hauptversammlung auszuschließen und damit der Großaktionärin auch ihre Stimmausübung zu verweigern. Eine Begründung lieferte Zours kurze Zeit später zu Beginn der Hauptversammlung nach. Maruho Deutschland, die rund 24 % der Aktien hält, habe einen beherrschenden Gesellschafter, der seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen sei. Zours berief sich auf juristische Stellungnahmen von zwei Anwaltskanzleien.

Der seit Jahren mit harten Bandagen ausgetragene Konflikt der Biofrontera-Großaktionäre ist erneut in vollem Gange. Auf der einen Seite steht als Finanzinvestorin die Deutsche Balaton mit ihrem Gründer Zours, auf der anderen Seite das japanische Pharmaunternehmens Maruho, mit der sich der Biofrontera-Gründer und langjährige Vorstandschef Hermann Lübbert verbündet hat. Beide Großaktionäre bekriegen sich auch auf dem Klageweg.

In jüngster Zeit verfügt die Deutsche Balaton, so scheint es, über die besseren Karten. Die Beteiligungsgesellschaft hat mit ihrem freiwilligen Übernahmeangebot im Juli den Sprung über die Schwelle von 30% Anteilsbesitz geschafft. Ein Begehren von Maruho, die Offerte in einer außerordentlichen Hauptversammlung zu diskutieren, wurde Anfang August kurz und knapp abgebügelt.

Der erst im vergangenen Jahr ernannte CFO Ludwig Lutter musste vor zehn Tagen „aus wichtigem Grund“ gehen. Was genau zu dem Zerwürfnis geführt hat, wollte Aufsichtsratschef Zours aber auch auf der Hauptversammlung am Dienstag nicht preisgeben. Die neue designierte Finanzvorständin Pilar de la Huerta Martinez kommt aus dem Umfeld der Deutsche Balaton und war zuvor Managerin bei den Balaton-Beteiligungsunternehmen 2Invest und 4Basebio. Interims-Alleinvorstand Paul Böckmann hat eine Vertragsverlängerung um einen Monat bis Ende September bekommen und soll bis Ende Oktober Biofrontera noch beratend zur Seite stehen.

Nach dem Ausschluss der Rivalin Maruho hatte die Deutsche Balaton auf der gestrigen Hauptversammlung keine Probleme, ihre Interessen durchzusetzen. Die Entlastung der früheren Vorstandsmitglieder Lübbert, Lutter sowie von Lutters Vorgänger Thomas Schaffer für das Geschäftsjahr 2021 wurde vertagt. Nach Angaben von Zours liegen dem Aufsichtsrat Anhaltspunkte für mögliche Haftungsfälle vor, was auch zu Voranzeigen bei den D&O-Versicherern geführt habe. Gewählt wurde auch die von Balaton vorgeschlagene neue Kontrolleurin Prof. Karin Lergenmüller. Der Verkleinerung des Aufsichtsrats auf fünf Mitglieder dagegen wurde eine Absage erteilt.

Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, sieht die Entwicklung bei Biofrontera mit Sorge: „Der Ausschluss von Maruho von der HV lässt nichts Gutes erahnen und lässt die Gesamtsituation eskalieren.“ Er kritisierte, dass viele Fragezeichen blieben, so zur fristlosen Abberufung von CFO Lutter. Be­fremdlich sei auch, dass trotz Ankündigung Nachfragen nicht zugelassen wurden, obwohl genug Zeit gewesen wäre. Die HV war nach dreieinhalb Stunden zu Ende.

Maruho war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Etwas aus dem Blick gerät durch den epischen Zwist das eigentliche Geschäft. Biofrontera ist ein Ein-Produkt-Unternehmen mit der Hautkrebssalbe Ameluz, die in Kombination mit einer Rotlichtlampe eingesetzt wird. Die Umsätze ziehen zwar vor allem auf dem US-Markt langsam an, doch ergebnisseitig hat Biofrontera ein Problem. Ein tiefes Loch in die Kasse riss unter anderem ein Vergleich in einem Patentstreit mit dem US-Pharmaunternehmen Dusa, der insgesamt inklusive Rechtsberatung 31 Mill. Euro gekostet hat. „Die Liquiditätsausstattung ist nicht ausreichend bis zu einem operativen Break-even“, sagte Interimsvorstand Böckmann auf der Hauptversammlung. Im gerade veröffentlichten Halbjahresbericht weist das Unternehmen nur noch eine Liquidität von 1,7 Mill. Euro aus. Das Ebit soll im Gesamtjahr im niedrigen einstelligen Millionenbereich negativ ausfallen.

Abhilfe schaffen könnte eine Kapitalerhöhung, die eine außerordentliche HV im April dieses Jahres beschlossen hatte. Sie wird durch eine Klage von Maruho blockiert. Biofrontera könnte auch Aktien der US-Beteiligung Biofrontera Inc. zu Geld machen. Der Konzern hält derzeit noch 8 Millionen Titel (34%), die allerdings mächtig im Wert gefallen sind. Zur Jahresmitte hat Biofrontera deshalb fast 39 Mill. Euro auf die erst im Herbst 2021 an die Börse gegangene US-Beteiligung abgeschrieben. Der Buchwert des Pakets an der Ex-Tochter Biofrontera Inc. liegt bei nur noch rund 14 Mill. Euro.

Aufsichtsratschef Zours will die operativen Aktivitäten am liebsten wieder unter ein Dach bekommen. Wie das jedoch gehen soll bei zwei zunehmend heruntergewirtschafteten klammen Unternehmen, die jeweils kaum über die Mittel verfügen, den anderen zu kaufen, bleibt derzeit offen.

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