Private Equity

„Die Pipeline ist gut gefüllt“

Der auf Nachfolgelösungen im Mittelstand spezialisierte Finanzinvestor Hannover Finanz hat nach dem Kauf von Dental Direkt noch weitere Deals in der Pipeline

„Die Pipeline ist gut gefüllt“

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Der Mittelstandsinvestor Hannover Finanz erweitert sein Portfolio im Bereich Medizintechnik mit dem Erwerb der Dental Direkt und zieht damit die zweite Akquisition in etwas mehr als einem Monat durch. Ebenso wie beim Erwerb der Löwenstark Gruppe Anfang Mai erfolgt der Einstieg bei dem Direktvertrieb für dentale Verbrauchsmaterialien im Zuge einer langfristigen Nachfolgeplanung – ein Bereich, auf den sich die Private-Equity-Gruppe, an der Hannover Rück mit knapp 28% beteiligt ist, spezialisiert hat. Vorstandssprecher Goetz Hertz-Eichenrode betont im Gespräch mit der Börsen-Zeitung, dass sich auch „diese Transaktion sehr gut in unseren Fokus auf wachstumsstarke Sektoren wie etwa Software oder Medizintechnik fügt“.

Beim Erwerb von Dental Direkt kamen Hannover Finanz bereits Erfahrungen mit den bestehenden Beteiligungen an den Medizintechnikzulieferern Frey & Winkler und Moeschter sowie Atec Pharma zu gute. Hertz-Eichenrode stellt im Jahresverlauf weitere Transaktionen in Aussicht. „Unsere Pipeline ist gut gefüllt“, so der Manager, der noch mit „zwei weiteren Zukäufen“ rechnet. Auch der „eine oder andere Exit“ sei noch 2021 zu erwarten. Zur Gruppe gehören derzeit 35 Beteiligungen, die zusammen einen Umsatz von 4 Mrd. Euro erwirtschaften. Über die letzten Jahre erwirtschaftete die Hannover Finanz eine jährliche Ausschüttungsrendite im unteren zweistelligen Bereich für ihre Investoren.

Die Wertentwicklung sei auch 2020 „positiv“ gewesen, so der Vorstandssprecher, auch wenn einige Portfoliofirmen wie etwa die Achat-Hotels oder Messefirmen naturgemäß von der Krise schwer getroffen wurden. Als Exit-Kanal komme „derzeit meist ein Tradesale zum Tragen“, weil es sich um kleinere Unternehmen handele. „In zwei bis drei Jahren könnte jedoch auch wieder ein Börsenkandidat dabei sein“, so der Vorstandssprecher.

Im Gespräch mit Unternehmen, die für ihre Weiterentwicklung einen Partner suchen, ist die Hannover Finanz nach den Worten von Hertz-Eichenrode unter anderem auch deshalb gefragt, weil die Gruppe nicht aus Laufzeitfonds, sondern aus sogenannten „Evergreen-Fonds“ investiert. Dies ermöglicht sehr variable Haltezeiten für die Beteiligungen. „Wir halten unsere Portfolio-Unternehmen im Durchschnitt acht Jahre, aber auch 20 Jahre kommen vor“, erklärt der Manager.

Eine längerfristige Strategie und Haltedauer ist häufig für Familienunternehmen, deren Gründer einen gleitenden Übergang wollen, ein wichtiges Anliegen. Auch im Falle von Dental Direkt, bei der Hannover Finanz mit 64% der Anteile eine klare Mehrheit übernimmt, bleibt der Firmengründer Gerhard de Broer „signifikant beteiligt“, die beiden Geschäftsführer bleiben ebenfalls an Bord und übernehmen Anteile. Der Finanzinvestor finanziert den Kauf des mit 30 Mill. Euro erwartetem Jahresumsatz kleinen Mittelständlers mit einem Eigenkapitalanteil von 70%. Dies sei für Hannover Finanz „keine ungewöhnliche Größenordnung“, ein hoher Leverage ist nicht die Regel.

Hannover Finanz strebt „über alle Beteiligungen im Mittel eine Rendite von 15% an“, wobei der Vorstandssprecher betont, dass dieser Wert schwankt, je nachdem ob es sich um eine Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung handelt. Letztere machen im Portfolio wertmäßig einen Anteil von rund 40% aus, ein Umstand, der sich ebenfalls daraus ergibt, dass viele Beteiligungen im Zuge von Nachfolgeregelungen eingegangen werden. Dass die Zielunternehmen häufig „sehr verschwiegene Familiengesellschaften sind“, kommt dem Finanzinvestor in Kaufverhandlungen zugute. Denn dort wird in der Regel nicht in großer Runde zum Bietgefecht gerufen.

Die hohen Sektorbewertungen gerade im Software-Bereich oder in der Medizintechnik spürt Hannover Finanz gleichwohl auch. So werden in der Pharma- und Medizintechnik im Small-Cap-Bereich – in dem Dental Direkt angesiedelt ist – Ertragsmultiples (Ebit) von 8 bis 10 gezahlt und Umsatz-Multiples von 0,8 bis 1,2. Im Mid-Cap-Bereich erstrecken sich die Ebit-Multiples auf 9,2 bis 11,2, es wird mitunter der 1,4-fache Umsatz gezahlt. Auch die verkaufswilligen Gründer „sind heutzutage gut und professionell beraten und holen marktgerechte Preise raus“, so Hertz-Eichenrode. Haupttriebfeder des Neugeschäfts bei Hannover Finanz sind derzeit vor allem zwei Faktoren: die Digitalisierung sowie internationales Wachstum.