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Elektrobranche schüttelt Krise ab

Die deutsche Elektro- und Digitalindustrie sieht dem neuen Jahr trotz Lieferengpässen optimistisch entgegen. Der Aufschwung im vergangenen Jahr fiel mit einem Produktionszuwachs von geschätzt 9% sogar kräftiger aus als anfangs erwartet. Die Branche setzt nun große Hoffnungen in Europas Chip-Pläne.

Elektrobranche schüttelt Krise ab

kro Frankfurt

Die deutsche Elektroindustrie hat sich von den Folgen der Corona-Pandemie auf ihre Produktionszahlen im vergangenen Jahr kräftiger erholt als anfangs erwartet. War zu Beginn des Jahres 2021 noch ein Zuwachs von 5 % in Aussicht gestellt worden, belief sich das Plus im November zusammengerechnet bereits auf 9 %, wie der Branchenverband ZVEI am Montag mitteilte. Die nominalen Erlöse seien um fast 10 % gestiegen und hätten hochgerechnet erstmals knapp die 200-Mrd.-Euro-Marke erreicht. „Diese Marke dürften wir im Jahr 2022 überschreiten“, sagte ZVEI-Präsident Gunther Kegel. Die Auftragsbücher seien schon gut gefüllt, weswegen die Produktion 2022 wieder zulegen dürfte. „Im Moment gehen wir vorsichtig von wenigstens 4 % Wachstum aus – es könnte aber auch noch deutlich darüber liegen, wenn wir in der Lage sind, die hohen Auftragsbestände abzubauen oder zumindest zum Teil abzubauen“, sagte Kegel. Vieles hänge davon ab, wie sich die Lieferbedingungen bei wichtigen Vorprodukten wie Halbleitern entwickeln werden. Die Branche sei von den Engpässen hart getroffen worden und werde wohl noch das gesamte Jahr 2022 unter dem Chipmangel leiden. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass die Hersteller ihre Produktionskapazitäten entsprechend anpassen“, so Kegel, der erst ab dem Jahr 2023 mit einer allmählichen Rückkehr zur Normalität in der Chipversorgung rechnet.

Dass Europa in der globalen Chipfertigung um mehr Autonomie ringt und nun bis 2030 ein Fünftel der weltweiten Produktion selbst stemmen möchte, sei ehrgeizig, aber richtig, findet der promovierte Elektroingenieur, der gleichzeitig auch Vizepräsident beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Chef des Mannheimer Sensoren-Herstellers Pepperl und Fuchs ist. Momentan stehe Europa noch für etwas mehr als 8 % des weltweiten Chipproduktionsvolumens und verbrauche gleichzeitig etwa 9 % davon. „Deswegen müssen wir auch hier deutlich zulegen und die elektrotechnische Wertschöpfung stärker nach Deutschland und Europa holen, um dort den Verbrauch an Chips entsprechend hochzufahren.“ Nur so würden auch nachhaltige Geschäftsmodelle für die Halbleiterhersteller entstehen, die es nach den angekündigten Subventionen brauche. Im Rahmen des zweiten Important Project of Common European Interest (IPCEI) für den Bereich Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien sollen in Deutschland in den kommenden Jahren 32 Unternehmensprojekte mehr als 10 Mrd. Euro an Förderung erhalten. Ein Betrag, den man aus Sicht von Kegel unter „ferner liefen“ verbuchen könnte, wenn man ihn mit den massiven Investitionen in Ländern wie Japan, China oder den USA vergleicht. Südkorea wolle zudem in den kommenden Jahren eine Rekordsumme von 432 Mrd. Dollar investieren. „Das sind enorme Zahlen, da sind Europas Anstrengungen mit den 10 Mrd. Euro aus dem deutschen Haushalt eher überschaubar“, so Kegel.

Für die deutsche Elektroindustrie, der zweitstärksten Exportbranche des verarbeitenden Gewerbes nach der Chemie- und Pharmaindustrie, ist Europa der wichtigste Absatzmarkt. Fast zwei Drittel aller Exporte entfielen zuletzt auf die Region. Insgesamt legten die Ausfuhren der Branche 2021 um geschätzt 10 % gegenüber dem Vorjahr zu.

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