Corona-Kredite

Erst willkommen, jetzt ein Makel

wü Paris – Ob Accor Invest, Air France, Galéries Lafayette oder Renault: Insgesamt 673000 Betriebe haben in Frankreich seit Ausbruch der Pandemie staatlich garantierte Kredite im Umfang von 136 Mrd. Euro in Anspruch genommen, darunter 45...

Erst willkommen, jetzt ein Makel

wü Paris – Ob Accor Invest, Air France, Galéries Lafayette oder Renault: Insgesamt 673000 Betriebe haben in Frankreich seit Ausbruch der Pandemie staatlich garantierte Kredite im Umfang von 136 Mrd. Euro in Anspruch genommen, darunter 45 Großkonzerne mit 16,8 Mrd. Euro. Waren diese Hilfen auf dem Höhepunkt der Krise im vergangenen Jahr hoch willkommen, empfinden viele Unternehmen sie mittlerweile jedoch als eine Art Stigma. Die meisten wollen sie deshalb so schnell wie möglich zurückzahlen.

Diejenigen, die es sich leisten könnten, hätten das bereits getan, berichten Philippe Berneur und Stéphanie Rousseau von der Vereinigung der Schatzmeister von Unternehmen (Association française des trésoriers d’entreprises). Andere Konzerne suchten nach Möglichkeiten, die staatlich garantierten Kredite zu refinanzieren.

Vor allem für große Gruppen wirkten diese Hilfen wie ein Makel, der das Image belaste und den Eindruck erwecke, sie hätten große finanzielle Probleme, meinen Beobachter. Dazu kommen bestimmte Auflagen. So dürfen sie im Jahr der Gewährung des staatlich garantieren Kredits keine Aktien zurückkaufen sowie keine Dividenden zahlen und während der Laufzeit keinen Firmensitz oder Töchter in Steuerparadiesen haben.

Zu den Konzernen, die die staatlich garantierten Kredite bereits zurückgezahlt haben, gehören die Reederei CMA-CGM, der Kabelhersteller Nexans und der Jachtbauer Beneteau. CMA-CGM hatte im Mai 2020 einen staatlich garantierten Kredit über 1 Mrd. Euro erhalten, Nexans im Juni vergangenen Jahres 280 Mill. Euro und Beneteau einen Monat später 120 Mill. Euro.

Für einige Unternehmen könnte es jedoch schwierig werden, diese Hilfen zurückzuzahlen und gleichzeitig die Eigenmittel wiederherzustellen. Das gilt etwa für die Fluggesellschaft Air France. Sie hat letztes Jahr staatlich garantierte Kredite über 4 Mrd. Euro erhalten, ihre niederländische Schwester KLM von Den Haag 2,4 Mrd. Euro. Die Verschuldung von Air France-KLM beträgt inzwischen 8,3 Mrd. Euro, nachdem sie Ende 2020 sogar auf einen Betrag von 11 Mrd. Euro gestiegen war.

Ende vergangenen Jahres wies die Gruppe ein negatives Eigenkapital von 5,4 Mrd. Euro aus, während ihr Grundkapital 127 Mill. Euro betrug. Das französische Handelsgesetz schreibt laut der Zeitung „Les Echos“ vor, dass ein Unternehmen innerhalb von zwei Jahren dafür sorgen muss, dass die Eigenmittel und nicht ausgeschütteten Gewinne wieder mindestens die Hälfte des Grundkapitals betragen. Air France muss jedoch auch im Laufe von 2023 die von Frankreich staatlich garantierten Kredite zurückzahlen. Deshalb scheinen weitere Rekapitalisierungsmaßnahmen unausweichlich.