Digitalwirtschaft

EU zieht bei Big Tech die Zügel an

Der Digital Markets Act kommt voran. Tech-Giganten wie Meta, Apple oder Google, die von der EU als sogenannte „Torwächter“ im Internet betrachtet werden, müssen sich neuen Regeln unterwerfen, und das schneller als gedacht. Denn die prinzipielle Einigung auf das neue Gesetz ging überraschend zügig.

EU zieht bei Big Tech die Zügel an

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Tech-Giganten wie Meta und Google müssen sich in der EU künftig einem strengeren Regulierungsregime un­terwerfen. Nur gut ein Jahr nachdem die Kommission in Brüssel ihren Entwurf für einen umfassenden Digital Markets Act (DMA) vorgelegt hat, sind Unterhändler der EU-Staaten und das Parlament zu einer Einigung gekommen. Der DMA zielt darauf ab, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Macht von sogenannten „Torwächtern“ (Gatekeeper) im Internet zu beschränken, nachdem dies mit den herkömmlichen Instrumenten vor allem des Kartellrechts nur unzureichend gelungen war.

Um als Torwächter zu gelten, muss ein Unternehmen auf mindestens 75 Mrd. Euro Marktkapitalisierung kommen und jährliche Umsätze von mindestens 7,5 Mrd. Euro erzielen. Darüber hinaus gehört zu den Vor­aussetzungen, dass bestimmte Browser- oder Messengerdienste angeboten oder eine Social-Media-Plattform betrieben wird, die jährlich 45 Millionen Nutzer bzw. 10000 Unternehmenskunden hat.

Nach Einschätzung des CDU-Europaparlamentariers Andreas Schwab dürften zunächst 10 bis 15 Technologieunternehmen unter das neue Regime fallen. Dazu zählen Plattformen wie Amazon Marketplace, so­ziale Medien wie Facebook, Video-Plattformen wie Youtube, Messengerdienste wie Whatsapp oder der Facebook-Messenger, Betriebssysteme wie das iOS von Apple oder An­droid von Google.

Für die Unternehmen gelten nach dem Willen der EU verschärfte Wettbewerbsauflagen, wie etwas das Verbot der Selbstbevorzugung von eigenen Diensten auf einer Plattform oder auch Öffnungsklauseln. Messenger wie Whatsapp und iMessage sollen dazu verpflichtet werden, sich für die Kommunikation mit kleineren Diensten zu öffnen. Außerdem wird die Nutzung von Daten beschränkt, indem ihre Verwendung von den Nutzern aktiv genehmigt werden muss. Bei Verstößen drohen heftige Sanktionen, zunächst von bis zu 10% des weltweiten Jahresumsatzes. Bei wiederholten Verstößen könnten es bis zu 20% sein. In Ausnahmefällen ist sogar eine Zerschlagung von Tech-Riesen angedacht.

Die Auflagen treffen die Geschäftsmodelle der Unternehmen erheblich. Längerfristig dürften sich die Möglichkeiten der Ausbeutung ihrer großen Datenschätze zumindest schwieriger gestalten. Aber das kostet lediglich Geld, das Apple und Co reichlich haben. Der vergleichsweise kleine Vorstoß zur Öffnung der Messengerdienste könnte dagegen auf längere Sicht deutlich größere Wirkung entfalten; denn es ist ein erster Schritt zur Auflösung der Plattformbindung, die insbesondere Apple und Google mit den beiden mobilen Be­triebssystemen iOS und Android perfektioniert und praktisch zu einem Duopol ausgebaut haben.

Die EU macht Tempo. Nach der Einigung in Rekordzeit – die Absegnung im Rat gilt als Formsache – könnte der DMA schon im Oktober in Kraft treten, wie EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte. Allerdings müssen dann noch die Gatekeeper designiert werden, und es gilt eine mehrmonatige Übergangsfrist.

Fachleute warnen allerdings vor überzogenen Hoffnungen. Der eigentliche Test für die EU ist nicht die Verabschiedung des DMA, sondern die Sicherstellung seiner Durchsetzbarkeit, Wirksamkeit und fairen Umsetzung, sagt Michael Dietrich, Partner und Kartellrechtsexperte bei Clifford Chance.

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