Wagniskapital

Kalifornien nimmt Start-up-Investoren in die Pflicht

Kalifornien hat als erster US-Bundesstaat ein Gesetz verabschiedet, das darauf abzielt, die Chancengleichheit in der Gründer- und Venture-Capital-Szene zu erhöhen. Auf die Investoren kommen damit künftig umfangreichere Berichtspflichten zu.

Kalifornien nimmt Start-up-Investoren in die Pflicht

Kalifornien nimmt VC-Branche in die Pflicht

Erster US-Bundesstaat verlangt von Start-up-Investoren jährliche Diversitätsberichte

kro Frankfurt

Auf Wagniskapitalgeber, die in Kalifornien und damit in der Tech-Hochburg Silicon Valley aktiv sind, kommen künftig umfangreichere Berichtspflichten über ihre Investitionen in dortige Start-ups zu. Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom hat ein Gesetz unterzeichnet, wonach Investoren von März 2025 an jährlich bestimmte Informationen zu Diversitätsmerkmalen ihrer Beteiligungen offenlegen müssen. Dabei geht es etwa um das Geschlecht sowie um die ethnische Herkunft der von den Geldgebern finanzierten Gründerinnen und Gründer. Die Daten müssen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Wer sich nicht daran hält, muss gegebenenfalls mit einer Strafe rechnen.

Ein solches Gesetz gibt es bislang in keinem anderen US-Bundesstaat. Es gilt sowohl für Venture-Capital-Gesellschaften mit Hauptsitz oder Zweigstelle in Kalifornien als auch für alle anderen VC-Firmen, die in kalifornische Start-ups investieren. Und das sind viele: Von den 246 Mrd. Dollar, die 2022 in US-amerikanische Start-ups geflossen sind, gingen laut Pitchbook allein 40% nach Kalifornien.

Die Maßnahme sorge "für Transparenz bei Risikokapitalinvestitionen in Kalifornien und soll dazu beitragen, dass mehr von Frauen und Minderheiten geführte Start-ups Zugang zu wichtigen VC-Finanzierungen erhalten", erklärte die demokratische US-Senatorin Nancy Skinner.

Ein globales Problem

Frauen sowie People of Color sind in der wagniskapitalgestützten Gründerszene seit jeher notorisch unterrepräsentiert – und das nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Laut einer Analyse der Beratungsgesellschaft McKinsey haben beispielsweise schwarze Gründerinnen und Gründer aus den Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr genau 1% aller dort investierten VC-Gelder erhalten. Latinos kamen auf einen Anteil von 1,5%. Weibliche Gründerinnen als solche erhielten 1,9% – was noch über dem von Pitchbook ermittelten Wert für Europa liegt, der sich Anfang Oktober auf 1,4% belief.

Experten sehen das Problem zum Teil bei den Geldgebern selbst, die in ihren Diversitätsbemühungen oft nur schleppend vorankommen. So belief sich der Anteil weiblicher General Partner bei europäischen VC-Firmen in diesem Jahr auf 16%, nach 15% im vergangenen Jahr, wie eine Studie der Londoner Initiative "European Women in VC" im September gezeigt hat. Das führt zwangsläufig zur genannten Ungleichverteilung, da Investoren – teils unbewusst – vielfach in Gründerteams investieren, die ihnen ähnlich sind.

Kritik von Lobbyverbänden

In den USA hoffen Befürworter des neuen Gesetzes, dass dadurch das Bewusstsein für die Kluft zwischen männlichen und weiblichen Gründern sowie People of Color steigt. Kritiker wie der US-Wagniskapitalverband NVCA und die Lobbyorganisation Technet hatten sich zuvor gegen das Gesetz positioniert.

So schrieb NVCA-Präsident Bobby Franklin an die Senatorin Skinner im August, dass die Vorschriften "ungerechtfertigt" seien und der Vorgang zur Datenverarbeitung "ineffizient" sei und eine "unnötige Bestrafung" für die Branche darstelle. Die aus den neuen Berichtspflichten hervorgehenden Daten könnten künftig zudem in die Irre führen und dem Ziel von mehr Diversität, Gleichheit und Inklusion dadurch zuwiderlaufen. Technet erklärte seinerseits in einem gemeinsam mit der kalifornischen Handelskammer verfassten Brief, dass das Gesetz aus deren Sicht nicht dabei helfen dürfte, die Unterschiede bei der Finanzierung von Gründern und Gründerinnen zu verringern.

Gouverneur Newsom begründete die Unterzeichnung des Gesetzes damit, dass es stark im Einklang mit seinem Engagement zur Förderung von mehr Gleichheit und zur wirtschaftlichen Stärkung von historisch unterrepräsentierten Gruppen stehe. Es weise jedoch problematische Bestimmungen und unrealistische Zeiträume auf, weswegen die Regierung eine sprachliche Überarbeitung vorschlage.


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