Gasfeld Sachalin 2

Kreml festigt Zugriff auf Gasfelder

Präsident Putin hat ein Dekret zur Übertragung der Rechte am milliardenschweren Gasfeld Sachalin 2 auf ein neues russisches Unternehmen unterzeichnet. Das könnte westliche Miteigner wie Shell zwingen auszusteigen. Beim deutschen Konzern Wintershall Dea steht das Gasfeld Juschno Russkoje im Risiko.

Kreml festigt Zugriff auf Gasfelder

cru Frankfurt

In einem neuen Dekret des russischen Präsidenten Wladimir Putin werden Gefahren für die nationalen Interessen und die wirtschaftliche Sicherheit Russlands als Begründung dafür angeführt, dass alle Rechte am Gasfeld Sachalin 2, das mit gut 50% mehrheitlich Gazprom gehört und dessen Wert auf rund 16 Mrd. Dollar geschätzt wird, auf ein neues Unternehmen übertragen werden müssen. Das ist der Inhalt einer Erklärung des Kremls vom 30. Juni, die von Putin unterzeichnet wurde.

Die Anteilseigner hätten einen Monat Zeit, um zu entscheiden, ob sie sich an dem neuen Unternehmen beteiligen wollten, und diejenigen Anteilseigner, die sich dagegen entscheiden, werden möglicherweise nicht vollständig entschädigt, heißt es in der Erklärung.

Sachalin 2 produziert bisher in einem Gemeinschaftsunternehmen mit westlicher Beteiligung unter anderem auch Flüssiggas für Japan. Mit dem Dekret könnten der britische Ölkonzern Shell, der 27,5% an Sachalin 2 hält, sowie die japanischen Unternehmen Mitsui mit 12,5% und Mitsubishi mit 10% aus dem Projekt gedrängt werden. Die Entscheidung könnte den wirtschaftlichen Konflikt zwischen Russland und dem Westen nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine und den Sanktionen verschärfen.

Enteignungen befürchtet

Putins Schritt könnte auch Sorgen neuen Auftrieb geben, dass Russland westliche Firmen enteignen könnte. Aus Deutschland ist vor allem noch der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea in Russland aktiv. Die BASF-Tochter Wintershall Dea erzielt dort bisher noch die Hälfte der Produktion und ist in Russland an drei Förderprojekten beteiligt – unter anderem am Erdgasfeld Juschno Russkoje sowie der Achimow-Formation des Urengoi-Felds in Sibirien.

Ebenfalls noch in Russland aktiv ist der deutsche Großhändler Metro. Der Konsumgüterkonzern Henkel will sich aus dem Land zurückziehen und prüft Optionen zur Umsetzung der Entscheidung.

Die Trennung vom 27,5-Prozent-Anteil an Sachalin 2 könnte sich für Shell als kompliziert erweisen. Der Energiekonzern hatte nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine angekündigt, aus dem Projekt auszusteigen, und erklärte auch – ebenso wie später Wintershall Dea –, dass man keine neuen Investitionen in dem Land tätigen werde.

Der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida betonte am Freitag, Putins Schritt bedeute nicht, dass Lieferungen von Flüssiggas (LNG) durch Sachalin 2 umgehend ein­gestellt würden. Aus Sachalin 2 kommen rund 4% der weltweiten Produktion von Flüssiggas. Putins fünf Seiten umfassendes Dekret gibt Russland nun die Möglichkeit zu entscheiden, ob ausländische Firmen auch künftig an dem von Gazprom geführten Gemeinschaftsunternehmen beteiligt sein können. Shell-Chef Ben van Beurden hatte Anfang der Woche erklärt, dass Shell Fortschritte beim Verkauf seines Anteils mache, dessen Wert von Wood Mackenzie auf 4,1 Mrd. Dollar geschätzt wird. Die wichtigsten staatlichen Energiekonzerne Chinas befinden sich in Gesprächen mit Shell, um den Anteil am Projekt zu kaufen, wie mit den Details vertraute Personen im April der Nachrichtenagentur Bloomberg sagten.

Gazprom behält Mehrheit

Gazprom behält dem Dekret zufolge seine Mehrheitsanteile, die ausländischen Unternehmen müssen die russische Regierung fragen, ob sie sich an einem neuen Gemeinschaftsunternehmen beteiligen können. Bei dieser liegt dann die Entscheidung. Anders als Shell wollen die Japaner dabeibleiben. Japan will an dem Projekt festhalten, das wichtig für seine Energieversorgung ist. Die Kurse der Aktien von Mitsui und Mitsubishi gaben am Freitag zeitweise um rund 6% nach.

Nach Angaben der Internationalen Energieagentur liefern die USA derzeit zum ersten Mal mehr Erdgas nach Europa, als aus Russland über Pipelines nach Europa kommt.

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