Studie

Logistikbranche schließt so viele M&A-Deals wie nie

In der globalen Transport- und Logistikwirtschaft hat sich das M&A-Karussell 2021 so schnell gedreht wie nie zuvor. Die Störungen in den Lieferketten und immer strengere Klimaschutzvorgaben zwingen die Branche zunehmend zum Handeln.

Logistikbranche schließt so viele M&A-Deals wie nie

kro Frankfurt

Die globale Transport- und Logistikbranche hat sich im vergangenen Jahr mit einer rekordhohen Anzahl an Fusionen und Übernahmen (M&A) für die Bewältigung der Pandemiefolgen und des Klimawandels fit gemacht. Nachdem das M&A-Geschehen 2020 noch coronabedingt in vielen Regionen abgeebbt war, seien 2021 insgesamt 322 Deals im Wert von 50 Mill. Dollar oder mehr angekündigt worden, heißt es in einer Studie von PwC. Das Transaktionsvolumen lag bei gut 219 Mrd. Dollar, was mehr als einer Verdoppelung im Vergleich zu 2020 entspricht.

Treiber der Entwicklung war vor allem der Bereich Güterverkehr und Logistik. Hier wurden 241 Deals gezählt − viele davon in der Sparte Logistik und Lkw-Verkehr. Im Bereich der Passagierbeförderung hat sich der Anteil an den Transaktionen mit 81 dagegen auf ein Viertel reduziert. Zur mit Abstand größten Übernahme kam es in den USA, wo der Eisenbahnkonzern Kansas City Southern nach einem längeren Bietergefecht zwischen zwei kanadischen Rivalen letztlich an die Canadian Pacific Railway verkauft und dabei mit rund 31 Mrd. Dollar bewertet wurde. Die neu entstandene Canadian Pacific Kansas City Limited soll nach der Freigabe der zuständigen Regulierungsbehörde künftig die erste durchgehende Eisenbahnverbindung zwischen Kanada, den Vereinigten Staaten und Mexiko bilden.

„Jahr der Strategen“

Von solchen großen strategischen Zukäufen habe es im vergangenen Jahr generell mehr gegeben als noch 2020, erklären die PwC-Experten. „2021 scheint das Jahr der Strategen gewesen zu sein.“ Ihr Anteil an den Transaktionen habe sich von 39 % auf nun 44 % erhöht. Umgekehrt sei der Anteil der Finanzinvestoren am M&A-Geschehen von 61 % auf 56 % zurückgegangen. Die Marktteilnehmer würden versuchen, ihr Geschäftsmodell durch Übernahmen und Allianzen auch außerhalb des Kerngeschäfts resilienter zu machen, beschreibt es Ingo Bauer, Partner und Leiter des Bereichs Transport und Logistik bei PwC Deutschland. Durch die Pandemie sei zudem die Bedeutung von stabilen Lieferketten und funktionierenden Häfen und Flughäfen stark gestiegen.

„Wir gehen davon aus, dass sich die Fusions- und Übernahmeaktivität auf hohem Niveau im laufenden Halbjahr fortsetzt, da die Unternehmen der Transport- und Logistikbranche weiter nach Wachstumsoptionen suchen und ihr Dienstleistungsangebot durch Übernahmen erweitern werden“, so Bauer.

Investitionen in die Digitalisierung sowie in die Infrastruktur, die veraltet ist, dürften ebenfalls eine immer größere Rolle spielen − auch aus Klimaschutzgründen. Steigende politische Vorgaben hätten die Industrie, auf die weltweit mehr als 16 % aller Treibhausgasemissionen entfallen, zum Handeln gezwungen und sich positiv auf deren Innovations- und Wandlungsbereitschaft ausgewirkt. Als Beispiel nennen die Autoren die von DB Schenker und Lufthansa Cargo im Frühjahr 2021 gestartete wöchentliche Frachtflugverbindung zwischen Frankfurt am Main und Schanghai, deren Treibstoffbedarf komplett CO2-neutral auf Basis von synthetischem Kerosin abgedeckt wird.

Gegenüber dem, was Start-ups an Innovationen hervorbringen, würden sich die großen Player der Branche gemäß PwC nach wie vor nur bedingt aufgeschlossen zeigen, wie ein Blick auf die Entwicklung der Venture-Capital-Deals verrate. Die Konzerne seien deutlich wählerischer als etwa Investmentfonds und würden sich weiter an eher kleineren Finanzierungen beteiligen. International betrachtet hinke Europa hier besonders hinterher: Von den 100 größten Venture-Capital-Deals in der Branche fanden zuletzt 26 % in China und 13 % in Indien statt. Auf die USA entfielen 28 % und auf Europa lediglich 16 %.