Kurznachrichtendienst

Musk sucht Weg aus Twitter-Debakel

In der vielfach als „Twitter-Saga“ beschriebenen Hängepartie um den Kauf des US-Kurznachrichtendienstes durch Elon Musk steht womöglich ein neuer Höhepunkt bevor. Einem Pressebericht zufolge könnte das Team um den Multimilliardär bald einen „Richtungswechsel“ einleiten. Grund sind weiter die Fake-Accounts.

Musk sucht Weg aus Twitter-Debakel

kro Frankfurt

Tech-Milliardär Elon Musk will den aufsehenerregenden Versuch, Twitter für 44 Mrd. Dollar zu übernehmen, offenbar noch immer am liebsten ungeschehen machen. Einem Bericht der „Washington Post“ zufolge sehen drei mit der Sache vertraute Personen den Deal „ernsthaft in Gefahr“. Das Problem ist dabei noch immer das gleiche wie im Mai, als Musk den Kauf wegen fehlender Informationen über die genaue Anzahl von Spam-Accounts und falscher Nutzerkonten vorerst auf Eis legte. Die zuvor von Twitter aufgestellte und später noch einmal bekräftigte Schätzung lautete, dass sich der Bot-Anteil im ersten Quartal auf weniger als 5 % belief. Musk und sein Team hatten zwischenzeitlich denn auch Zugang zu einem riesigen Datenschatz von Twitter erhalten, um sich selbst ein Bild über die Zahl der Fake-Accounts zu machen.

Laut dem Zeitungsbericht ist das Team nun zu dem Schluss gekommen, dass sich die beanstandeten Zahlen nicht verifizieren lassen. Gespräche mit Investoren über die Finanzierung der Übernahme seien in den vergangenen Wochen sukzessive heruntergefahren und zuletzt gänzlich gestoppt worden. Zur Gruppe der Geldgeber, die den Deal mittragen wollten, gehört unter anderem der Oracle-Mitgründer Larry Ellison, die Risikokapitalgeber Sequoia Capital und Andreessen Horowitz sowie Qatar Holding.

Laut einem der Insider sei nun in Kürze ein „Richtungswechsel“ durch Musks Team zu erwarten. Was es damit genau auf sich hat, blieb allerdings offen. Fest steht, dass es für den Tesla-Chef, der gerade erst zum neunten Mal Vater geworden ist, nicht einfach wird, sich aus dem Deal herauszuwinden. Aus Sicht von Rechtsexperten reicht die Bot-Angelegenheit nicht aus, um von der Vereinbarung zurückzutreten. Die festgelegte Höhe der Strafzahlung für den Fall, dass eine der beiden Seiten den Deal aufkündigt, liegt bei jeweils 1 Mrd. Dollar. Hinzu kommt, dass Twitter Musk auf Schadenersatz in Milliardenhöhe verklagen könnte, wenn er den Deal nicht durchzieht. Das Management hatte sich zunächst gegen die Übernahme gewehrt, später aber zugestimmt. Beobachter rechnen damit, dass der Konzern weiterhin darum kämpfen wird, dass der Kauf zu einem Preis von 54,20 Dollar je Aktie zustande kommt.

Schlechtes Timing

Mitte April, als Musk sein Angebot abgegeben hatte, kostete das Papier noch 46 Dollar. Mittlerweile liegt der Kurs gerade mal noch etwas über 37 Dollar. Bereits seit Herbst vergangenen Jahres war Twitter genauso wie Facebooks Mutterkonzern Meta in den Sog des globalen Tech-Ausverkaufs geraten. Anders als Facebook fiel es Twitter aber schon lange auch auf fundamentaler Ebene schwer, Anleger von seiner Wachstumsstory zu überzeugen. Seit ihrem Börsengang im Jahr 2013 legte die in Politik und Medien als äußerst relevant geltende Plattform nur selten schwarze Zahlen vor (siehe Grafik).

Genau daran wollte Musk etwas ändern. Anfang Mai hatte er erklärt, den jährlichen Umsatz von zuletzt gut 5 Mrd. Dollar bis 2028 auf 26,4 Mrd. Dollar nach oben treiben zu wollen − unter anderem mit Hilfe von mehr Bezahlabos. Mitte Juni gab er in einer Videokonferenz mit den Mitarbeitenden zudem das Ziel vor, die Nutzeranzahl von derzeit 229 Millionen auf mindestens eine Milliarde hochzuschrauben. Gleichzeitig sprach er auch von einem notwendigen Jobabbau. „Momentan übersteigen die Kosten die Einnahmen“, hatte er gesagt. Wer jedoch für das Unternehmen relevant sei, „habe nichts zu befürchten“. Seit knapp zwei Monaten gibt es bei Twitter bereits einen Einstellungsstopp, zudem war am Donnerstag bekannt geworden, dass das Unternehmen ein knappes Drittel seines Recruiting-Teams entlassen hat.