Rüstung

Panzerbauer KNDS offenbar vor Übernahme

Der deutsch-französische Panzerbauer KNDS steht offenbar kurz vor der Übernahme einer Sparte des italienischen Konkurrenten Leonardo.

Panzerbauer KNDS offenbar vor Übernahme

bl Mailand

Der deutsch-französische Panzerbauer KNDS steht offenbar kurz vor der Übernahme einer Sparte des italienischen Konkurrenten Leonardo. Das erfuhr die Börsen-Zeitung aus gut unterrichteten Kreisen. KNDS habe eine Offerte über 700 Mill. Euro für die Leonardo-Sparte Verteidigungssysteme vorgelegt, die die früher selbständigen Unternehmen Oto Melara und Wass umfasst.

Der deutsche Rheinmetall-Konzern wäre damit aus dem Rennen. CEO Armin Papperger und Alessandro Ercolani, Chef von Rheinmetall Italia, haben über italienische Medien erklärt, an der Übernahme eines Minderheitsanteils der Sparte interessiert zu sein und der Regierung in Rom ein Angebot vorgelegt zu haben. Leonardo scheint aber keine Offerte erhalten zu haben und Rheinmetall äußerte sich auf Anfrage nicht. Der italienische Schiffskonzern Fincantieri, der ebenfalls Interesse bekundet hat, erklärte kürzlich, es gehe nichts voran.

Beobachtern zufolge plant KNDS die Bildung einer integrierten europäischen Gruppe im Bereich gepanzerter Fahrzeuge mit einer starken Präsenz in Frankreich, Deutschland und künftig auch Italien. Die Italiener könnten dem Vernehmen nach an dem deutsch-französischen Projekt zur Entwicklung des Kampfpanzers MGCS beteiligt werden – mit eigenen strategischen Verantwortlichkeiten. Ministerpräsident Mario Draghi hat sich für eine verstärkte europäische Zusammenarbeit in den Bereichen Luftfahrt, Rüstung und Raumfahrt ausgesprochen. Die Kooperation könnte auch die Tochter des Nutzfahrzeugkonzerns Iveco, die Iveco Defence Vehicles, in Bozen umfassen.

Oto Melara wurde 1905 im ligurischen La Spezia gegründet. Die zum Verkauf stehende Sparte kommt laut den Analysten der Banca Akros auf einen Umsatz von 520 Mill. Euro und ein Betriebsergebnis von 56 Mill. Euro. Die frühere Oto Melara fertigt Panzerfahrzeuge, Kanonen, Schiffsgeschütze und Raketen, Wass Torpedos und Sonare. Leonardo, ein teilstaatlicher Rüstungskonzern, der 2021 bei einem Umsatz von 14,1 Mrd. Euro einen Nettogewinn von 587 Mill. Euro auswies, baut Helikopter, Flugzeugrümpfe für Airbus und Boeing und ist in den Bereichen Elektronik und Raumfahrt tätig. CEO Alessandro Profumo hat erklärt, „Protagonist im internationalen Konsolidierungsprozess“ sein zu wollen. Er trennte sich von Randbereichen und hat für 450 Mill. Dollar die Sparte Global Enterprise Solutions verkauft.

Nun sollen die Verteidigungssysteme abgegeben werden. Dagegen hat Leonardo 2021 einen Anteil von 25,1% an dem deutschen Rüstungselektronikunternehmen Hensoldt erworben.

Gegen einen Verkauf an KNDS gibt es in Italien Widerstände der Gewerkschaften und aus der Politik. Es gibt Forderungen nach einer nationalen Lösung wie einen Verkauf an Fincantieri. Damit aber wäre Italien wohl von internationalen Projekten auf diesem Gebiet ausgeschlossen. Kooperationen mit der zu 71 % von der staatlichen Bank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) kontrollierten Fincantieri im Marinebereich wären auch bei einem Verkauf an den deutsch-französischen Panzerbauer möglich.

Rheinmetall hat den Italienern ebenfalls Zugeständnisse wie ein Kompetenzzentrum im Bereich gepanzerte Fahrzeuge gemacht. Papperger traf sich Anfang 2021 sowohl mit Profumo als auch mit Fincantieri-CEO Giuseppe Bono und Verteidigungsminister Lorenzo Guerini und bekundete sein großes Interesse an Partnerschaften. Konkret geschehen ist bisher wenig. Rheinmetall hofft vor allem, den Schützenpanzer Lynx verkaufen zu können. Italien will ab 2025 den in den 80er Jahren von Fiat, Oto Melara und Iveco Defence Vehicles entwickelten Dardo ausmustern.