Übernahmen

Private-Equity-Deals auf der Kippe

Zumindest vorübergehend scheinen Übernahmen für Finanzinvestoren schwieriger zu werden. Einige M&A-Deals kommen deshalb nicht zustande. Im Gegenzug rücken strategische Investoren in den Vordergrund, die über eine gute Bonität verfügen und deshalb preiswert an die nötigen Finanzierungen kommen.

Private-Equity-Deals auf der Kippe

cru Frankfurt

Die Inflation treibt die Zinsen nach oben. Gleichzeitig schwächt sich das Wirtschaftswachstum ab. Beides zusammen macht es für die Eigentümer von Unternehmen schwieriger, bei einem Verkauf den aus ihrer Sicht angemessenen Preis zu erhalten. Für die Kaufinteressenten wird es schwieriger, eine Finanzierung zu erhalten.

In diesem Umfeld werden jetzt immer häufiger Verkaufsprozesse abgebrochen – insbesondere, wenn daran Finanzinvestoren als Kaufinteressenten beteiligt sind. Stattdessen rücken eher strategische Investoren in den Vordergrund. Der Gesundheitskonzern Fresenius etwa prüft nun einen möglichen Zusammenschluss seiner Krankenhaussparte, für die sich auch die großen Private-Equity-Häuser interessierten, mit einem Wettbewerber.

Bei drei anderen Deals sieht es nicht nach einem Abschluss aus. Gescheitert ist vorerst der Verkauf der britischen Drogeriemarktkette Boots durch den Mutterkonzern Walgreens, weil die Offerten offenbar niedriger ausfielen als erhofft. Gleichzeitig hat sich dem Vernehmen nach der Finanzinvestor KKR von den Plänen für eine 22 Mrd. Dollar schwere Übernahme des japanischen Toshiba-Konzerns verabschiedet. Und der Konsumgüterhersteller Reckitt Benckiser wird womöglich den Verkauf seiner Sparte für Säuglingsnahrung abblasen. Der Konzern erwäge, die Pläne angesichts der sich verschlechternden Situation an den Finanzmärkten auf Eis zu legen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf informierte Kreise.

Die Investmentbanker der Bank of America geben das M&A-Jahr 2022 aber noch nicht verloren. Nach Einschätzung von Co-Europa-M&A-Chef Birger Berendes rücken nun strategische Investoren in den Vordergrund: „Gut kapitalisierte Unternehmen mit einem Investment-Grade-Rating sind besser positioniert, um ihre strategischen Ziele verfolgen zu können, da die Zielbewertungen aufgrund höherer Leitzinsen und Diskontfaktoren sinken“, sagte Berendes der Börsen-Zeitung.

Finanzinvestoren geraten im M&A-Markt aber voraussichtlich nur vorübergehend ins Hintertreffen: „Private-Equity-Unternehmen werden die nächsten Quartale darauf warten müssen, dass sich die Leveraged-Loan- und High-Yield-Investoren mit dem Eingehen von Zinsrisiken in einem inflationären Umfeld anfreunden. Wir meinen, dass die Übernahme börsennotierter Unternehmen durch Finanzinvestoren (P2P) aufgrund des inhärenten Anreizes zum Einsatz von verfügbarem Kapital und eines relativen Vorteils hinsichtlich der Kapitalstruktur, wieder stark anziehen wird, wenn sich die Bewertungen nach unten bewegen“, sagt Berendes voraus.

„In der Zwischenzeit beobachten wir, dass große Unternehmen sowohl proaktiv als auch reaktiv ein aktiveres Portfoliomanagement be­treiben.“ Die „neue Normalität“ wirke sich auch auf die Prozessvorbereitung und das Prozessdesign bei M&A aus. Bank of America erwartet bei Auktionen mehr maßgeschneiderte Prozesse anstatt typischem Marketing und rät Verkaufskandidaten, sehr umfangreich vorbereitet in die Prozesse zu gehen, „weil Investoren und Käufer noch mehr ins Detail gehen und die Auswirkungen von Zins, Inflation und möglicher Rezession auf das Preis-, Mengen- und Kostengerüst der zum Verkauf stehenden Unternehmen oder Sparten zeitnah verfolgen wollen“.

Fresenius-Chef Stephan Sturm etwa hatte angekündigt, nach neuen Wachstumsoptionen für das Klinikgeschäft zu suchen. Der Firmenlenker hatte die Möglichkeit ins Spiel gebracht, zunächst im Zuge weiterer Übernahmen Finanzinvestoren ins Boot zu holen und später die Krankenhauskette über einen Börsengang als eigenständige Gesellschaft auszugliedern. Laut dem Bloomberg-Bericht tendiert der Konzern inzwischen aber stärker zu der Option einer Fusion mit einem Wettbewerber statt einer Minderheitsbeteiligung. Erste Gespräche sollen bereits mit Private-Equity-Firmen wie CVC Capital Partners geführt worden sein – der Investor besitzt unter anderem den griechischen Krankenhausbetreiber Hellenic Healthcare Group und die französische Kette Elsan.

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