Matthias Willenbacher, Wi Venture

Sono-Börsengang wendet Pleite ab

Das Geld aus dem Nasdaq-IPO rettet den Münchener Solarautoentwickler Sono. Ohne den Emissionserlös wäre die Firma im Dezember wohl insolvent gewesen, wie der Prospekt warnt. Für die Frühphaseninvestoren hat sich der Börsengang gelohnt.

Sono-Börsengang wendet Pleite ab

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Im Fahrwasser von Tesla, Lucid und Xpeng setzt sich der Bewertungsüberschwang der Investoren für Elektroautohersteller fort: Auch Sono Group, das Mutterunternehmen der Münchener Solarautofirma Sono Motors, hat begleitet von der Bank Berenberg einen außergewöhnlich schwungvollen Börsenstart an der Nasdaq hingelegt. Die Aktien gingen am ersten Handelstag (Mittwoch) mit einem Kurs von 38,20 Dollar aus dem Handel – ein Anstieg von 155% gegenüber dem IPO-Preis von 15 Dollar, bevor der Kurs am Donnerstag nach abermaligem Anstieg im Handelsverlauf absackte und 16% unter dem Vortagesschluss notierte. Damit erreichte das fünf Jahre alte Start-up, das von Gründer und CEO Laurin Hahn geführt wird und dem im Dezember das Geld ausgegangen wäre, vorübergehend eine Bewertung über 3 Mrd. Dollar, obwohl die ersten Autos erst 2023 ausgeliefert werden und seit 2016 rund 109 Mill. Euro Verlust angehäuft wurden.

Sonos Debüt kam kaum eine Woche nach dem Mega-IPO des US-Start-ups Rivian, das nach den ersten fünf Handelstagen die Marktkapitalisierung von VW übertraf. Sono lizenziert ihre Technik an andere Hersteller und entwickelt selbst das Solarauto „Sion“ (Preis: 23 900 Euro). Geladen wird es mit Solarzellen, die in die Karosserie integriert und mit einem leichten Kunststoff anstatt Glas abgedeckt sind. Gebaut wird es im ehemaligen Saab-Werk in Schweden von der Evergrande-Tochter Nevs. Für 16 000 unverbindliche Vorbestellungen des „Sion“ haben Kaufinteressenten laut Prospekt 40 Mill. Euro angezahlt.

Beim Börsengang wurden 10 Millionen Aktien verkauft und damit brutto 150 Mill. Dollar (netto 135 Mill.) eingesammelt. Zum großen Gewinner wird mit dem IPO auch der Wagniskapitalgeber Wi Venture (Tomorrow, Pottsalat, Frischepost) aus Mainz. Benannt nach dem Gründer Matthias Willenbacher, war Wi Venture, die insgesamt 25 Firmenbeteiligungen mit einem Investitionsvolumen von 12 Mill. Euro hält, bereits seit 2017 in Sono investiert.

Jetzt feiert das nachhaltig ausgerichtete Venture-Capital-Unternehmen den Sono-Börsengang – der in den USA stattfindet, weil Investoren dort stärker an Tech-Firmen interessiert sind. Vor dem IPO lag die Bewertung noch bei 800 Mill. Dollar – und hat sich seither mehr als verdreifacht. Willenbacher war vor der Gründung von Wi Venture 2017 bereits als Privatperson bei Sono eingestiegen – mit 500 000 Euro. Er hält nach dem Börsengang rund 5% an Sono – was einem Gegenwert von über 100 Mill. Dollar entspricht. „Ich möchte an diesem Anteil langfristig festhalten, weil ich von der nachhaltigen Wertentwicklung überzeugt bin“, sagte Willenbacher der Börsen-Zeitung. „Ich war von Anfang an fest überzeugt von dem Gründerteam.“

Der 52 Jahre alte Unternehmer, der Physik studiert und in dem Fach promoviert hat, ist selbst ein Gründer. 1996 startete er den Erneuerbare-Energien-Entwickler Juwi AG in Wörrstadt, der sich zur Branchengröße mit Milliardenumsatz entwickelte. 2015, nach 19 Jahren Aufbau, verabschiedete sich Willenbacher aus dem Vorstand der Juwi AG, die nach den Gründern Jung und Willenbacher benannt ist. Willenbacher ist „extrem stolz“ auf das Sono-Gründerteam: „Was Navina Pernsteiner, Jona Christians und Laurin Hahn auf die Beine gestellt haben, ist phänomenal.“ Sono habe mit dem „Sion“ in wenigen Jahren einen Prototyp entwickelt, der Alleinstellungsmerkmale habe. Die Solarzellen seien in das Auto integriert und ermöglichten 100 Kilometer zusätzliche Reichweite pro Woche.

Laut Willenbacher kann der „Sion“ auch für Car- und Ridesharing verwendet werden, diese Funktionen seien integriert: „Das Gründerteam schafft hier ein E-Auto für die Zukunft.“ Sono werde die Technik künftig bei Trucks anwenden und so den Markt „revolutionieren“.

Dank an die Business Angels

Das sei umso erstaunlicher, weil Investoren aus Deutschland vorrangig auf Software-Unternehmen setzten, weil diese geringere Investitionen erforderten. Hardware-Unternehmen wie Sono dagegen müssten finanziell aufwendige Prototypen entwickeln. Sono-CEO und Gründer Laurin Hahn betont, die Business Angels seien ein „Grundpfeiler unseres Erfolgs“. „Auch in kritischen Phasen konnten wir uns auf Matthias Willenbacher, Marita Hansen (E-Ventures), Carl von Berninghausen (Sunfire) und die Böllinger Group verlassen.“ Bei kapitalintensiven Start-ups seien die Business Angels in der Regel nur zu Beginn beteiligt, bei Sono aber dauerhaft. Seit 2017 hat Wi Venture in mehrere andere grüne Start-ups investiert – etwa in das nachhaltige Banking-Fintech Tomorrow, das Sanierungs-Start-up Ecoworks und in den Solar-„One-Stop Shop“ 1komma5 Grad.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.