Jahresgespräche

Zwischen Konsum­güter­herstellern und Händlern kracht es

Eine ungewöhnliche Härte kennzeichnet die laufenden Jahresgespräche zwischen Konsumgüterherstellern und dem Lebensmittel-Einzelhandel (LEH). Nahezu alle Lieferanten streben Preiserhöhungen an, weil ihre Kosten gestiegen sind, während die Händler dem Eindruck entgegenwirken wollen, dass die Preise in der Breite anziehen.

Zwischen Konsum­güter­herstellern und Händlern kracht es

Von Martin Dunzendorfer,

Frankfurt

Eine ungewöhnliche Härte kennzeichnet die laufenden Jahresgespräche zwischen Konsumgüterherstellern und dem Lebensmittel-Einzelhandel (LEH). Nahezu alle Lieferanten streben Preiserhöhungen an, weil ihre Kosten gestiegen sind, während die Händler dem Eindruck entgegenwirken wollen, dass die Preise in der Breite anziehen, weil das die Kunden vertreiben oder zumindest zu sparsamerem Einkaufsverhalten führen würde.

Hohe Eskalationsstufe

Dass die Jahresgespräche auf einer hohen Eskalationsstufe mitunter zu vorübergehenden Auslistungen oder einem Lieferstopp führen, ist nicht ungewöhnlich. Eine breitere Öffentlichkeit wird auf solche Auseinandersetzungen meist dann aufmerksam, wenn es um populäre Markenartikel aus den Bereichen Kaffee, Cola oder Schokoriegel geht. In der Regel streiten dann aber nur ein Hersteller und eine Lebensmittelkette bzw. deren Einkaufskooperation. Das ist derzeit anders. Jeder der großen Spieler im deutschen LEH – Edeka, Rewe, Lidl und Aldi – befinde sich im Clinch mit mehreren Lieferanten, heißt es. So steht Edeka, die umsatzstärkste LEH-Gruppe in Deutschland, nach Informationen der „Lebensmittel-Zeitung“ sogar vor dem Bruch mit einer alten Branchenregel: Danach legt man sich nicht gleichzeitig mit den beiden Softdrink-Riesen Coca-Cola und Pepsico an. Da sich die Händler-Allianz Epic (siehe Kasten), deren wichtigstes Mitglied Edeka ist, nicht mit Pepsico über die künftigen Preise und Einkaufskonditionen einigen konnte, wurde von den Epic-Mitgliedern fast das ganze Sortiment des US-Konzerns – zu dem neben Pepsi-Cola auch die Getränkemarken Schwip-Schwap, 7up, Mirinda, Punica, Lipton und Rockstar (Energy Drink) sowie Lay’s (Chips) und Doritos gehören – ausgelistet.

Inzwischen liegt Edeka nach Informationen der „Lebensmittel-Zeitung“ auch mit Coca-Cola über Kreuz. Dem Einzelhandelsriesen sind die hohen Margen der Softdrink-Hersteller ein Dorn im Auge, heißt es in Fachkreisen. Epic habe harte Forderungen an Coca-Cola gestellt, die der US-Konzern nicht akzeptieren will. Käme es auch hier zu einer Unterbrechung der Lieferungen, wäre das für Edeka heikel: Dann hätte der Vollsortimenter weder Coca- noch Pepsi-Cola in den Regalen. Weitere Marken von CocaCola sind u. a. Fanta, Sprite, Mezzo Mix, Powerade und Apollinaris.

Es gibt noch einen Grund, warum sich Edeka und Rewe so unnachgiebig in den Jahresgesprächen zeigen: Die Discounter Aldi, Lidl und Kaufland werben mit aggressiven Aktionspreisen, bei denen bekannte Markenprodukte mit Abschlägen von teilweise über 50% angeboten werden und damit manchmal sogar unter den Preisen der günstigen Eigenmarken liegen. Die Vollsortimenter fürchten, dass die Discounter damit ihr Image als Billiganbieter stärken und so Stammkunden von Edeka und Rewe auf Dauer an sich ziehen. Folglich müssen der Indus­trie aus Sicht der Vollsortimenter strenge Vorgaben gemacht werden, die diese natürlich zurückweist.

Die Konsumgüterhersteller versuchen vielmehr, die gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Verpackung, Transport und Energie an die Händler und letztlich an die Verbraucher weiterzugeben. So wurden bereits im Laufe des Jahres die Preise für viele Markenartikel (Red Bull, Haribo sowie Ferrero- und Milka-Produkte) erhöht. Parallel gehen die Preise der Handelseigenmarken in die Höhe. Auch viele Basisartikel sind im Vergleich zum Vorjahr teurer geworden, etwa Butter, Margarine, Zucker, Mehl und Milch sowie landwirtschaftliche Produkte.

Inflation vor Rückgang

Es besteht jedoch die begründete Aussicht auf ein Ende der Preisspirale. Gemäß dem Marktforscher GfK weisen FMCG-Artikel – das sind Fast Moving Consumer Goods, also Konsumgüter des täglichen Bedarfs, die schnell und zu relativ niedrigen Preisen gekauft werden, – seit dem Sommer Monat für Monat eine Teuerungsrate von über 4% aus, doch allein 2 Prozentpunkte sind dabei auf die Mehrwertsteuer zurückzuführen, die 2020 von Juli an vorübergehend gesenkt wurde. Fällt nächstes Jahr dieser Basiseffekt weg und ebenso die Effekte aus der festen Ölpreisentwicklung in diesem Jahr, könnte sich der Kostendruck auf die Hersteller erheblich abschwächen.

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