Ladesäulenhersteller

Compleo setzt zum Sprung an

Der Ladesäulenanbieter plant, in den kommenden Jahren das Wachstumstempo erheblich zu beschleunigen. Die Investoren sind begeistert.

Compleo setzt zum Sprung an

ak Köln

Der Ladesäulenanbieter Compleo will in den kommenden drei Jahren gewaltig wachsen. Im Vergleich zum abgelaufenen Jahr soll sich der Umsatz bis 2025 verzehnfachen. Das seit Oktober 2020 börsennotierte Unternehmen will bis dahin mehr als eine halbe Milliarde Euro Erlöse einfahren. Nach rund 57 Mill. Euro Umsatz im vergangenen Jahr gehen die Dortmunder für 2025 von etwa 560 Mill. Euro aus. Den für sie relevanten Gesamtmarkt für Ladesäulentechnik in Europa schätzen sie in drei Jahren auf rund 7 Mrd. Euro.

Auf dem virtuellen Kapitalmarkttag am Freitag zeichnete der bislang hochdefizitäre Technologie-Anbieter auch den angepeilten Pfad Richtung Profitabilität vor. „Wir werden annähernd profitabel im nächsten Jahr sein“, kündigte der CEO Georg Griesemann an. Für spätestens 2024 ist der operative Break-even fest eingeplant. 2025 will das Unternehmen eine operative Marge auf Basis des bereinigten Ebitda von 10 bis 15% erreichen.

Die Gegenwart sieht dagegen bescheiden aus. In diesem Jahr werden die Dortmunder noch einmal tief in die Verlustzone sinken. Der Grund ist der Integrationsaufwand für die zwei großen Akquisitionen des vergangenen Jahres. Compleo hatte im Frühjahr den Konkurrenten Wallbe und einige Monate später die Eon-Tochter Innogy E-Mobility Solutions übernommen.

„2022 ist das Jahr der Konsolidierung“, kündigte Griesemann an. Der klare Fokus liege auf den Kosten. Denn die Overhead-Kosten durch die Übernahme von Innogy müssten erst einmal runter. Auf die nochmals tiefroten Zahlen hatte Compleo bereits in einer Ad-hoc-Meldung Anfang Februar vorbereitet: Das bereinigte Ebitda ist mit –25 bis –30 Mill. Euro in diesem Jahr eingeplant.

Die Pläne für danach trafen jedoch am Freitag voll den Geschmack der Investoren. Compleo erlebt an der Börse eine regelrechte Renaissance. Der in den vergangenen Monaten stark gebeutelte Aktienkurs kletterte in der Spitze um mehr als 20%. Im vergangenen Jahr hatte Compleo ihre Anteilseigner unter anderem durch eine Prognosekürzung verunsichert. Auch im F&E-Bereich hatte es Verzögerungen beim Launch neuer Produkte gegeben.

Jetzt will das Unternehmen jedoch durchstarten. In drei Jahren soll die Hälfte der Umsätze aus Bereichen kommen, die heute noch gar keine Rolle spielen: High-Power Charging und Software. Das diversifiziere und stabilisiere damit das Unternehmen, unterstrich Griesemann. Im vierten Quartal dieses Jahres will Compleo eine Schnellladelösung auf den Markt bringen, um an der Ausschreibung des Bundesverkehrsministeriums für das sogenannte Deutschlandnetz teilzunehmen.

Software wird wichtig

Während die verschiedenen Ladeprodukte von der Wallbox bis zur Schnellladestation 2025 rund 400 Mill. Euro zum Umsatz beitragen sollen, soll auch die Software für Betrieb und Abrechnung bei den Ladesäulen künftig einen signifikanten Beitrag leisten. 140 Mill. Euro sind hier in drei Jahren eingeplant. Auf die Fragen, ob die weltweiten Lieferkettenprobleme das Wachstum hemmen könnten, sagte Griesemann schlicht: „Ich weiß es nicht.“

Weitere große Akquisitionen stehen kurzfristig nicht an, Compleo muss die bisherigen Zukäufe erst einmal verdauen. Auf längere Sicht will das Unternehmen, an dem der Vorstand nach eigenen Angaben 12% der Anteile hält, opportunistisch vorgehen und sich sowohl nach weiteren technologischen Ergänzungen als auch nach regionaler Expansion umsehen. Der Fokus soll Europa bleiben. Compleo ist derzeit in Deutschland, Großbritannien, Schweden, Österreich und der Schweiz aktiv.

Finanziell steht das Unternehmen nach eigenen Angaben auf sicheren Füßen. „Wir sind voll ausfinanziert und haben keinen weiteren Finanzierungsbedarf“, betonte Griesemann. Die Eigenkapitalquote liege aktuell bei 70%. Ende des zweiten Quartals dieses Jahres werde Compleo voraussichtlich über komfortable 45 bis 50 Mill. Euro Liquidität verfügen – nach zwei Kapitalerhöhungen 2021.

Das Unternehmen ist technikgetrieben, aber auch extrem männerlastig. In Vorstand, Aufsichtsrat und der erweiterten Führungsriege, die auf dem Kapitalmarkttag präsentierte, ist keine einzige Frau zu finden.

„Wir haben das erfahrenste F&E-Team sowie das größte Patentportfolio in Sachen Ladetechnologie in Europa“, sagte CTO Checrallah Kachouh. Geplant ist der Bau eines F&E-Komplexes namens Compleo Campus, der Anfang 2025 fertig sein soll. Für die Finanzierung will der Vorstand einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag Fremdkapital aufnehmen. Dann würde die Eigenkapitalquote auf etwa 50% sinken.

Compleo
Vorläufige Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20212020
Umsatz57,533,1
Bruttoergebnis9,38,1
Bruttomarge (%)1625
F&E-Ausgaben5,84,0
Bereinigtes Ebitda–9,8–2,7
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