Claudia Reich Floyd

„Da gehen die roten Lichter an“

Die Transparenz börsennotierter Immobilienunternehmen in Deutschland lässt häufig zu wünschen übrig, moniert der kanadische Assetmanager Hazelview. Vor allem bei kleineren Gesellschaften gebe es Mängel.

„Da gehen die roten Lichter an“

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Der kanadische Immobilieninvestor Hazelview hält die Governance deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften für unzureichend. Die Transparenz lasse häufig zu wünschen übrig, vornehmlich bei kleineren Gesellschaften, sagt die Deutschlandchefin des Assetmanagers, Claudia Reich Floyd, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Fall Adler/Ado habe gezeigt, dass viele professionelle Anleger eher passiv agierten und nicht aktiv für die Belange der Minderheitsaktionäre einträten. Das könnten Großaktionäre für sich ausnutzen. Die Aufsichtsbehörde BaFin verfüge im internationalen Vergleich über wenig Erfahrung mit fragwürdigen Transaktionen. Sie toleriere Praktiken, die in anderen Ländern nicht möglich seien.

Reich Floyd setzt darauf, dass die Unternehmen durch direkten Austausch transparenter werden. Daher nennt sie keine Namen von Gesellschaften, deren Transparenz sie nicht zufriedenstellt.

„Nur bei großem Widerstand des Managements und großen Interessenkonflikten äußern wir uns öffentlich“, sagt sie. Auch in Japan hätten früher viele Informationen gefehlt, doch mit der Zeit habe sich die Transparenz verbessert, weil immer mehr Shareholder dies eingefordert hätten.

Die Leiterin des Deutschlandbüros hält es für ein Manko, dass es hierzulande nur wenige börsennotierte Immobilienfirmen gibt. Studien zeigten: „Je mehr gelistete Immobiliengesellschaften, desto transparenter der Markt.“ Die großen Immobilienkonzerne aus Dax und MDax legten aber in der Regel angefragte Informationen offen.

Hazelview Investments (vormals Timbercreek Investments) legt Gelder deutscher und kanadischer Pensionskassen, Versicherungen und Family Offices an und verfügt über Assets im Wert von rund 10 Mrd. kan. Dollar (7 Mrd. Euro). Ein Drittel entfällt auf börsennotierte Gesellschaften. Der Assetmanager hält nach eigenen Angaben derzeit Anteile an drei gelisteten deutschen Immobiliengesellschaften.

Als kritisch bewertet Reich Floyd inzwischen die Kombination aus rechtlichem Sitz in Luxemburg und Börsennotierung in Deutschland. Neben der Adler Group weisen beispielsweise der Gewerbeimmobilienkonzern Aroundtown und seine Wohnungstochter Grand City Properties (43%) diese Konstruktion auf. „Vor dem Ado-Adler-Deal habe ich das nicht als problematisch angesehen. Aber nun wird deutlich, dass die Zuständigkeiten unklar sind. In der Aufsichtspraxis gibt es Lücken“, moniert die Immobilienexpertin. „Die BaFin verweist an die Aufsichtsbehörde in Luxemburg, doch die hat sich bisher überhaupt nicht gerührt.“

Der Wohnungskonzern Adler Group wird derzeit vom britischen Leerverkäufer Fraser Perring attackiert, der Börsenwert hat sich seit Juni halbiert. „Viele der gegen die Adler Group gerichteten Vorwürfe könnte man durch einfache Offenlegung der Tatsachen ausräumen“, ist Reich Floyd überzeugt. Dabei gehe es um Preise bei Transaktionen, dahinterstehende Mieten, die Identität von Käufern und Verkäufern und die Strukturen, in denen sie agierten. Im Ausland legten gelistete Gesellschaften diese Informationen offen, „weil sie verstehen, dass Anleger dies fordern und den Aspekt in ihrer Risikoeinschätzung berücksichtigen“.

„Shareholder Value zerstört“

Geringe Transparenz werde mit einer höheren Risikoprämie bestraft: „Ganz extrem sieht man das derzeit bei Adler. Da fehlt das Vertrauen. Daher ist die Risikoprämie extrem hoch.“ Im Zusammenhang mit dem Ado/Adler-Deal, der vor zwei Jahren als Reverse Takeover eingefädelt wurde, habe sie sich die Zusammensetzung des Netzwerks von Adler Real Estate angeschaut: „Da ist mir aufgefallen, wie intransparent das Ganze ist. Vermögenswerte wurden hin und her geschoben. Da gehen bei mir die roten Lichter an“, sagt die Immobilienexpertin und fragt: „Warum ist Deutschland nicht in der Lage, den internationalen Standards gerecht zu werden?“ Adler Real Es­tate habe sie nicht als investierbare Aktie angesehen: „Da mag es Werte geben, aber wenn die Interessen der Minderheitsaktionäre nicht gewahrt werden, schaut man irgendwann in die Röhre.“

Gegen die Adler/Ado-Transaktion hatte Hazelview mit einer Eingabe bei der BaFin opponiert, doch die Behörde winkte die Angebotsunterlage durch. Aktionäre, die nur 33% an Ado Properties hielten, hätten über die Köpfe aller anderen Anteilseigner hinweg über die Transaktion entschieden, kritisiert Reich Floyd. Hazelview war damals mit 2% an Ado beteiligt.

Die Tochter Ado übernahm den Großaktionär Adler Real Estate, ohne dass die anderen Ado-Aktionäre darüber abstimmen konnten, und kaufte den hoch verschuldeten Projektentwickler Consus. „Das hat Shareholder Value zerstört“, hält Reich Floyd der heutigen Adler Group vor. Besser wäre es nach ihrer Einschätzung gewesen, Ado an Vonovia oder auch an die Stadt Berlin zu verkaufen oder die hohe Ado-Liquidität an die Anteilseigner auszuschütten. Inzwischen hat Vonovia Zugriff auf 13,3% der Adler-Group-Aktien.

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