M&A

DSM und Firmenich bilden Powerhouse

Der Feinchemiekonzern DSM schließt sich in einem Milliardendeal mit dem Duft- und Aromenanbieter Firmenich zusammen. Die Jagd auf den bisherigen europäischen Marktführer Givaudan ist eröffnet.

DSM und Firmenich bilden Powerhouse

dz Zürich

Die Ankündigung von Großfusionen ist immer auch der Moment für große Worte. Das war nicht anders, als das Management des niederländischen Chemiekonzerns DSM und dasjenige des Schweizer Aromen- und Riechstoffherstellers Firmenich der Presse ihren Plan für einen Zusammenschluss darlegten. DSM-Chef Dimitri de Vreeze und dessen Co-CEO Geraldine Matchett, die auch die Leitung des Fusionskonzerns übernehmen sollen, priesen den Merger als Heirat zweier „Ikonen“. Firmenich-Lenker Gilbert Ghostine, der nach dem voraussichtlichen Abschluss der Transaktion in der ersten Hälfte des kommenden Jahres in den Ruhestand treten wird, bezeichnete das privat gehaltene, 127-jährige Genfer Traditionsunternehmen als „heimliches Juwel“.

Firmenich und DSM seien dabei, eine gemeinsame Firma zu schaffen, in der „weltweit jeder und jede mit dem Wunsch, etwas Positives zu bewirken, den Ehrgeiz haben sollten mitzuarbeiten“, sagte Matchett.

Firmenich und DSM bringen zusammen einen Umsatz (2021) von 11,4 Mrd. Euro auf die Waage, fast zwei Drittel kommt von den Niederländern. Gemeinsam sind 28000 Mitarbeiter an Bord. Der fusionierte Konzern strebt ein jährliches organisches Umsatzwachstum von 5 bis 7% an. Das ist mehr als das, was die beiden Firmen bisher allein zuwege gebracht haben, und mehr als das, was Givaudan, der bislang größere Schweizer Konkurrent im Aromen- und Riechstoffgeschäft, in seiner laufenden Fünfjahresplanung auf dem Zettel hat (4 bis 5%).

Ergänzung der Sortimente

Aber Firmenich und DSM wollen mehr sein als nur ein Hersteller von Aromen- und Riechstoffen. Die Kompetenz der Niederländer besteht in der Entwicklung und Produktion von Nahrungsmittelzusätzen. Dazu ge­hört zum Beispiel ein Algenöl, das die Zucht von Lachsen ökologischer machen soll. DSM experimentiert auch mit Vitaminzusätzen, ein Geschäft, das der Konzern vor zwanzig Jahren von Roche übernommen hatte. Firmenich ist auf die Herstellung von Riechstoffen spezialisiert, die in Körperpflegartikeln und in Parfums verwendet werden. Zudem entwickeln und produzieren die Genfer Aromen für die Getränke- und Lebensmittelindustrie. In den zugrunde liegenden Konsumgütermärkten werden jährliche Umsätze in Billionenhöhe erwirtschaftet. So zentral das Aroma einer Nudelsuppe oder der Duft eines Duschgels für den Konsumenten auch sein mag, der Preis der dafür mitverantwortlichen Moleküle aus den Labors von Firmenich repräsentiert kaum mehr als 0,5% der Herstellungskosten. Dementsprechend sind fast alle Konsumgüterhersteller auch Kunden von Firmenich und deren Rivalen.

Firmenich und DSM beackern ein forschungsintensives Feld, und beide Konzerne sehen die Chance, ihren Kunden künftig neue, innovative Produktlösungen verkaufen zu können. Die beiden Firmen rechnen in einigen Jahren mit Umsatzsynergien in Höhe von 500 Mill. Euro. Davon sollen nach Abzug der Kosten auf Stufe des Ebitda dereinst 350 Mill. Euro übrig bleiben. Kostensynergien hätten daran den kleineren Anteil.

Derzeit erwirtschaftet DSM eine Ebitda-Marge von 19%. Diese soll in einigen Jahren auf 22 bis 23% steigen – genauso hoch wie jene von Givaudan. Die Investoren sind begeistert. Die DSM-Aktie legte an der Euronext in Amsterdam etwa 8% auf 157,35 Euro zu. Finanzanalysten sprechen von einer Win-win-Transaktion.

Die hohen Erwartungen mahnen allerdings auch zur Vorsicht. 2019 hatte die amerikanische International Flavour and Fragrances (IFF), die Nummer 2 des globalen Aromen- und Riechstoffgeschäfts, das Geschäft mit Nahrungsmittelzusätzen des US-Chemiekonzerns DuPont übernommen. Seither hinkt der IFF-Aktienkurs jenem von Givaudan weit hinterher.

Doch möglicherweise haben die Niederländer mit den Schweizern den finanziell besseren Deal gestrickt. DSM will die Genfer mit einem Aktienanteil von 34,5% am neuen Konzern, zuzüglich einer Barabfindung in Höhe von 3,5 Mrd. Euro, entschädigen.

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