Medizintechnikunternehmen

EQT sondiert Verkauf von Ottobock-Paket

Der Private-Equity-Investor EQT prüft einen Direktverkauf seiner Anteile an Ottobock. Für den Prothesenhersteller kommt ein Börsengang nach der Verschiebung im Frühjahr 2022 vorerst nicht in Betracht.

EQT sondiert Verkauf von Ottobock-Paket

ste Hamburg

Nach der Verschiebung im Mai vergangenen Jahres steht ein Börsengang für den Prothesenhersteller Ottobock vorerst nicht auf der Agenda. „Wenn man das Marktumfeld im Augenblick betrachtet, dann kommt ein IPO nicht in Betracht“, sagte Finanzchef Arne Kreitz am Dienstag im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Einen neuen Zeitpunkt hat das von Gründerenkel Hans Georg Näder dominierte Medizintechnikunternehmen gegenwärtig nicht im Blick. Man sei aber kapitalmarktfähig und könne „jederzeit loslegen“, so Kreitz.

Verfahren am Anfang

Der seit fünfeinhalb Jahren als erster familienfremder Gesellschafter seit Unternehmensgründung im Jahr 1919 an Ottobock mit einem Anteil von 20% beteiligte schwedische Privat-Equity-Investor EQT wird jedoch möglicherweise schon vor einem Börsengang aussteigen. Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres waren entsprechende Überlegungen bekannt geworden. Es sollen mehrere direkte Anfragen potenzieller Käufer vorliegen. Derzeit lässt EQT dem Vernehmen nach durch die Investmentbank J.P. Morgan, die schon mit dem Bieterverfahren vor dem Einstieg des Investors 2017 beauftragt war, das Interesse an dem Anteilspaket sondieren. Zu den Adressen gehören unter anderem Private-Equity-Gesellschaften, große Family Offices und andere institutionelle Investoren, darunter auch Staatsfonds. Man stehe am Anfang des Prozesses, Unterlagen an potenzielle Interessenten seien noch nicht versandt worden, verlautete aus mit den Vorgängen vertrauten Kreisen.

EQT und die US-Bank äußerten sich nicht. Ottobock-Finanzchef Kreitz meinte, die zeitliche Begrenzung der Partnerschaft mit EQT sei von vorneherein klar gewesen. Es gehöre zum Geschäftsmodell von Private-Equity-Gesellschaften, nach mehr als fünf Jahren einen Exit zu prüfen. „Unruhe kommt deswegen nicht auf. Dadurch, dass wir die IPO-Vorbereitungen im vergangenen Jahr abgeschlossen haben, sind wir grundsätzlich gut aufgestellt.“

Ein Verkauf der EQT-Anteile könnte abhängig vom Interessenten und von der Bewertung noch in diesem Jahr zustande kommen. Mehrheitseigentümer Näder unterstützt die Pläne dem Vernehmen nach. Bei der Transaktion könnte das Medizintechnikunternehmen, das seinen Umsatz seit 2016 eigenen Angaben zufolge um mehr als 7% und das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) um rund 9% pro Jahr steigerte sowie seine marktführende Position und sein weltweites Versorgungsnetzwerk seitdem weiter ausbaute, mit 5 bis 6 Mrd. Euro bewertet werden. EQT hatte den 20-%-Anteil 2017 für kolportiert 630 Mill. Euro erworben.

Damals war die Bewertung des Unternehmens bei einem Umsatz von 885 Mill. Euro (2016) auf 3,15 Mrd. Euro taxiert worden. Im vergangenen Jahr legten die Erlöse um 12,4% auf 1,33 Mrd. Euro zu, wobei sie sich ohne Berücksichtigung von Akquisitionen und Währungseffekten, das heißt organisch, um 3,6% erhöhten. Das bereinigte Ebitda stieg 2022 nach Angaben von Ottobock am Dienstag vor dem Hintergrund von Inflation, volatilem wirtschaftlichen Umfeld sowie weiterer Auswirkungen der Corona-Pandemie um 4 Mill. auf 238 Mill. Euro.

Zugeständnisse

„Es stimmt, wir sind mit größeren Ambitionen in das Jahr gestartet“, sagte CFO Kreitz, der die Verantwortung für das Finanzressort im Mai 2022 bei Bekanntwerden der aufgeschobenen Börsenpläne von Kathrin Dahnke übernommen hatte. Damals war auch Oliver Jakobi als Nachfolger von Philipp Schulte-Noelle an die Spitze der Geschäftsführung gerückt – zunächst als Interims-CEO, im Dezember als CEO. Gerade in der zweiten Jahreshälfte habe sich, so Kreitz, die Inflation bemerkbar gemacht. Der Finanzchef, von 2018 an in der erweiterten Geschäftsführung für die Bereiche Strategie und Mergers & Acquisitions verantwortlich, verwies zudem auf Unsicherheiten in den Lieferketten, „was dazu geführt hat, dass wir in Einkaufsverhandlungen Zugeständnisse machen mussten“. In Summe sei man aber mit dem Geschäftsjahr zufrieden. „Unser Geschäftsmodell hat sich auch 2022 als resilient erwiesen.“

Für das laufende Geschäftsjahr zeigt der 43-Jährige Zuversicht. „Wir planen mit einem zweistelligen organischen Umsatzwachstum.“ Auch bei der bereinigten Ebitda-Marge, die 2022 bei 18% landete, setzt sich Ottobock in diesem Turnus ein höheres Ziel, ohne konkreter zu werden. „Wir erwarten, dass einige Faktoren aus dem vergangenen Jahr wie die Nachwirkungen der Pandemie nicht im gleichen Maße weiter auftreten“, erklärte Kreitz. Bei der Vermarktung von Innovationen werde man „2023 weiter Fahrt aufnehmen und die Trends aus 2022 fortsetzen“.

Der CFO fügte hinzu, Ottobock sei bei der Finanzierung gut aufgestellt. „Unsere aktuelle Finanzierungsstruktur ist bis 2026 ausgelegt, insofern sind wir relativ unabhängig von der aktuellen Zinsentwicklung.“ Es gebe, was die bestehenden Finanzierungskonditionen angehe, derzeit keinen Handlungsbedarf. „Wir haben genügend finanzielle Mittel, um unsere Unternehmensstrategie weiter umzusetzen.“