Niclas Karoff

Hamborner Reit sucht Opportunitäten

Wohin mit dem Geld? Die Portfoliobereinigung hat Hamborner Reit mehr Geld in die Kasse gespült, als reinvestiert werden konnte. Trotzdem lässt die Immobiliengesellschaft Disziplin beim Ankauf walten.

Hamborner Reit sucht Opportunitäten

Von Annette Becker, Duisburg

Bei der Bereinigung des Portfolios ist die auf Einzelhandels- und Büroimmobilien spezialisierte Hamborner Reit seit Mitte 2020 ein gutes Stück vorangekommen. Bis Ende März dieses Jahres wurden 21 Objekte veräußert. Demgegenüber standen sechs Immobilienkäufe. Im Vordergrund stand der Rückzug aus innerstädtischen Handelsimmobilien, wie Vorstandschef Niclas Karoff im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erklärt. Die Entscheidung dazu sei jedoch schon vor Ausbruch der Pandemie gefallen, auch wenn die Viruskrise und die damit verbundenen, staatlich angeordneten Ladenschließungen im Einzelhandel die Richtigkeit der Entscheidung untermauerten.

Zwar hat sich im Zuge des aktiveren Portfoliomanagements auch die Aufteilung auf die einzelnen Assetklassen verändert, Zielquoten für den Anteil von Einzelhandels- bzw. Büroimmobilien gibt es jedoch nicht. „An dieser Stelle sind wir im besten Sinne opportunistisch unterwegs“, sagt Karoff und begründet, dass sich das Unternehmen mit festen Quotenvorgaben nur unnötig Fesseln anlege. Mit dem Rückzug aus den High­street-Immobilien geht allerdings automatisch der Rückzug aus kleinteiligen Objekten einher und das war, wie Karoff erläutert, durchaus Ziel der von ihm 2020 eingeläuteten Portfoliofokussierung. Der Grund ist simpel: Steigt der Verwaltungsaufwand doch mit der Anzahl der Objekte, nicht aber mit der Anzahl der zu vermietenden Quadratmeter.

Belief sich der durchschnittliche Objektwert der verkauften Immobilien auf knapp 20 Mill. Euro, bringen es die zugekauften Objekte auf einen Durchschnittswert von 24 Mill. Euro. Dieser Weg soll weiter beschritten werden. Ganz grob gilt für Einzelhandelsimmobilien eine Mindestgröße von mehr als 10 Mill. Euro und für Büroimmobilien von mehr als 20 Mill. Euro. Doch der anhaltende Run auf Immobilien macht die Suche nach passenden Immobilien fürs Portfolio nicht einfacher. „Der Aufwand zur Identifikation attraktiver Objekte ist inzwischen sehr hoch. Zugleich ist Disziplin beim Ankauf wichtig“, verdeutlicht Karoff. Dass sich die Situation mit der nahenden Zinswende ändert, kann Karoff derzeit noch nicht erkennen. Zumal die EZB sich erst in der vergangenen Woche für ein Festhalten an der Nullzinspolitik entschieden hat.

Viel Geld in der Kasse

„Natürlich hätten es unsere Investoren gerne gesehen, wenn wir die Verkaufserlöse gleich reinvestiert hätten. Wesentlich kritischer dürfte jedoch betrachtet werden, wenn dies zu Lasten unserer bewährten An­kaufsstrategie ginge.“ Entsprechend hatte Hamborner zum jüngsten Bilanzstichtag 143,5 Mill. Euro in der Kasse liegen. Geld, für das letztlich Aufbewahrungsentgelt zu entrichten war.

Zugleich stehen auf der Verkaufsliste derzeit noch zwei kleinere Einzelhandelsobjekte. Eine dritte Innenstadtimmobilie hat Hamborner da­gegen in das neue Segment „Manage-to-Core“ umgegliedert. Von dieser Immobilie in Lübeck wolle sich Hamborner mittelfristig zwar auch trennen, davor soll jedoch der Wert gesteigert werden, sagt Karoff.

Unter „Manage-to-Core“ fasst Hamborner Immobilien zusammen, die beispielsweise repositioniert werden müssen oder größeren Leerstand aufweisen. Daraus leitet sich zusätzliches Wertschöpfungspotenzial ab.

Dem 68 Immobilien umfassenden Portfolio gehören mittlerweile drei Objekte der Kategorie Manage-to-Core an. Sie machen knapp 5 % des Portfoliowertes aus. Die Zielgröße beziffert Karoff auf 10 bis 20 %. Zwei dieser Immobilien mit Wertsteigerungspotenzial wurden im vorigen Jahr erworben, bei der dritten Immobilie handelt es sich die Einzelhandelsimmobilie in Lübeck.

Dass an den Immobilien gearbeitet werden muss, lässt sich an einigen Kennziffern ablesen: Während das Gesamtportfolio eine Leerstandsquote von lediglich 2 % aufweist, sind es im Segment Manage-to-Core 13 %. Zugleich beläuft sich hier die Restlaufzeit der Mietverträge auf lediglich 3,4 Jahre, während es im Gesamtportfolio 6,1 Jahre sind.

Wenngleich sich Hamborner bei der Portfoliozusammensetzung mehr Risiko verschreibt, wird an der Konzentration auf die Assetklassen Einzelhandel und Büro festgehalten. „Wir beschränken uns auf zwei Assetklassen, zumal mit jeder Assetklasse spezifische Kompetenz vorgehalten werden muss“, begründet Karoff. Die Risikodiversifikation erreichen die Duisburger dagegen über die bundesweite Aufstellung. „Mit einem engen regionalen Fokus würden wir uns bestehender Opportunitäten berauben“, verdeutlicht Karoff.

Dem aktiven Portfoliomanagement gibt der Immobilienfachmann ganz klar den Vorzug gegenüber der lange Zeit verfolgten Buy-and-Hold-Strategie. „Die Kunst in unserem Geschäft besteht ebenfalls darin, Risiken frühzeitig zu erkennen. Dafür ist es hilfreich, das Asset Management inhouse zu betreiben.“

Opportunitäten aufzuspüren ist der klare Anspruch für die nähere Zukunft, hat die Portfoliobereinigung der vergangenen beiden Jahre doch zu einem Rückgang bei Mieteinnahmen und Mittelzufluss ge­führt, auch wenn sich am Verkehrswert des Portfolios dank üppiger Zuschreibungen kaum etwas geändert hat.

2 Mrd. Euro Portfoliovolumen

So verringerten sich die Mieteinnahmen im abgelaufenen Turnus um gut 4 % auf 84,4 Mill. Euro, in ähnlichem Umfang ging der operative Mittelzufluss (Funds from Operations, FFO) zurück. 2022 wird es gemäß der Prognose kaum besser aussehen. Zwar wird mit einem leichten Zuwachs bei den Mieteinnahmen auf 84 bis 86 Mill. Euro kalkuliert, der FFO wird jedoch weiter zurückgehen auf 46,5 bis 50,5 (i.V. 53,1) Mill. Euro. Zumindest bei den Mieteinnahmen spielt die steigende Inflation Hamborner jedoch in die Karten, sind die Mietverträge für gewerbliche Immobilien doch in der Regel mit Wertsicherungsklauseln – gekoppelt an den Verbraucherpreisindex – ausgestattet. Bei Hamborner gilt das für 92 % der Immobilien. Allerdings steigen mit der Inflation auch die Einkaufspreise und die Personalkosten. Was das unter dem Strich bedeute, lasse sich heute nicht abschließend vorhersagen, bescheidet Karoff.

„Mittelfristig streben wir ein Portfoliovolumen von 2 Mrd. Euro an. Das durchschnittliche jährliche An­kaufvolumen soll bei etwa 100 Mill. Euro liegen“, gibt der Immobilien­manager die Marschrichtung vor. Zum Bilanzstichtag belief sich der Verkehrswert des Portfolios auf 1,6 Mrd. Euro.

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