Übernahmeangebot

Musk will die völlige Kontrolle über Twitter

Das, worüber Beobachter in den vergangenen Tagen spekuliert hatten, ist nun unerwartet schnell eingetreten: Elon Musk, seit kurzem Großaktionär bei Twitter, will sich den Konzern komplett einverleiben.

Musk will die völlige Kontrolle über Twitter

kro Frankfurt

Nach dem Einstieg beim Kurznachrichtendienst Twitter will Tesla-Chef Elon Musk sein Lieblings-Sprachrohr nun komplett übernehmen. Der US-Unternehmer und reichste Mensch der Welt bietet allen Aktionären 54,20 Dollar je Aktie in bar, wie aus einer Mitteilung bei der US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht. Die Offerte bewertet das Unternehmen mit rund 43 Mrd. Dollar (rund 40 Mrd. Euro) und entspricht einem Aufschlag von 38 % auf den Schlusskurs vom 1. April. Damals war einen Handelstag später bekannt geworden, dass Musk mit einem Anteil von 9,2 % bei Twitter eingestiegen war und sich somit zum größten Aktionär des Microblogging-Dienstes aufgeschwungen hatte.

An der Börse legte die Twitter-Aktie zunächst fast 3 % zu, gab dann allerdings einen großen Teil der Gewinne wieder ab. In seinem Brief an Twitter-Chairman Bret Taylor schrieb Musk, dass er plane, die Internetplattform von der Börse zu nehmen. „Ich habe in Twitter investiert, weil ich glaube, dass das Unternehmen das Potenzial hat, die weltweite Plattform für Redefreiheit zu sein, und ich glaube, dass Redefreiheit eine gesellschaftliche Notwendigkeit für eine funktionierende Demokratie darstellt“, argumentierte der 50-Jährige. „Seit ich meine Investition getätigt habe, ist mir jetzt klar geworden, dass das Unternehmen in seiner derzeitigen Form weder gedeihen noch dieser gesellschaftlichen Notwendigkeit dienen kann.“

Twitter müsse in ein privates Unternehmen umgewandelt werden, forderte Musk. Die 54,20 Dollar je Aktie seien sein bestes und finales Angebot. Wenn es nicht angenommen werde, werde er seine Position als Aktionär bei Twitter überdenken.

Twitter bestätigte, ein unaufgefordertes, nicht bindendes Angebot von Musk erhalten zu haben. Man werde dieses sorgfältig prüfen, um das weitere Vorgehen im besten Interesse des Unternehmens und der Aktionäre zu bestimmen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters wird das Netzwerk dabei von Goldman Sachs und der US-Kanzlei Wilson Sonsini Goodrich & Rosati unterstützt. Musk wird seinerseits von Morgan Stanley beraten.

Über eine feindliche Übernahme vonseiten des Tech-Milliardärs war spätestens seit seiner Ablehnung eines Verwaltungsratssitzes bei dem Netzwerk spekuliert worden. Eine entsprechende Vereinbarung dafür hatte vorgesehen, dass Musk im Falle seiner Zugehörigkeit in dem Aufsichtsgremium seinen Anteil an Twitter nicht auf über 14,9 % steigern darf. Dass sich der Elektroauto-Pionier nun allerdings so schnell zu dem Übernahmeangebot entschlossen hat, hat viele dann doch überrascht.

„Die große Frage für das Twitter-Management ist nun, ob es ein sehr großzügiges Angebot ausschlagen soll für ein Geschäft, das in der Vergangenheit ein notorischer Underperformer war und das seine Nutzer mit Gleichgültigkeit behandelt“, zitiert Reuters den CMC-Markets-Analysten Michael Hewson. In ihrem Versuch, Falschinformationen, z.B. im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, auf der Plattform zu unterbinden, war Twitter in der Vergangenheit teils von konservativer Seite aus in die Kritik geraten. Prominentes Beispiel war der Rausschmiss Donald Trumps nach den Ausschreitungen rund um das Kapitol in Washington Anfang vergangenen Jahres. Bis dahin galt der frühere US-Präsident als einflussreichste Person auf Twitter.

Im vergangenen Jahr verlieh das Marktforschungsinstitut Brandwatch diesen Titel der US-Sängerin Taylor Swift, der mittlerweile gut 90 Millionen Nutzer folgen. Mit seinen knapp 82 Millionen Followern hielt sich Musk seinerseits auf Platz 4.

Seine Tweets haben die Märkte in der Vergangenheit regelmäßig aufgewirbelt, z.B., als er 2018 schrieb, dass er in Erwägung ziehe, Tesla von der Börse zu nehmen. Zugleich bescherte er den Kryptowährungen Bitcoin und Dogecoin mit seinen Äußerungen immer mal wieder Kurszuwächse.

In der jüngeren Vergangenheit scheint Musk zudem zunehmend Gefallen an Umfragen via Twitter gefunden zu haben. Weil sich viele wichtige Persönlichkeiten mit großen Followerzahlen auf Twitter seiner Meinung nach nur selten auf der Plattform äußern, fragte er seine Fans zuletzt: „Stirbt Twitter?“

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