Trumps Zollpolitik lastet schwer auf US-Automarkt
Trumps Zollpolitik lastet schwer auf US-Automarkt
„Tariffs“ drücken Gewinn von General Motors um Milliarden – Hersteller müssen heftige Kostenanstiege und eingetrübte Nachfrage fürchten
Nachdem zahlreiche Verbraucher Autokäufe im April und Mai vorgezogen haben, machen sich die negativen Effekte von Washingtons Handelspolitik für Fahrzeughersteller bemerkbar. General Motors, im ersten Halbjahr noch einer der Gewinner am Markt, muss infolge von Strafzöllen milliardenschwere Belastungen schultern.
Von Alex Wehnert, New York
Detroit schwebt dieser Tage in tiefer Unsicherheit. Denn nachdem sich die Autoverkäufe in Nordamerika im ersten Halbjahr überraschend robust entwickelt haben, beginnen die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle im Fahrzeugsektor durchzuschlagen. So haben die „Tariffs“ den operativen Gewinn von General Motors im zweiten Quartal mit 1,1 Mrd. Dollar belastet, netto blieb unter dem Strich mit 1,9 Mrd. Dollar rund 35% weniger hängen als im Vorjahr.
Milliardenbelastung voraus
Der Konzern hält dabei an seiner weit gefassten Prognose eines um bestimmte Steuer- und Zinskomponenten bereinigten, verwässerten Gewinns von 8,25 bis 10 Dollar pro Aktie im Gesamtjahr 2025 fest. In ihrem Brief an die Aktionäre betonte Vorstandschefin Mary Barra allerdings, GM müsse sich nicht nur für einen „im rapiden Wandel befindliches Technologieumfeld“, sondern auch für eine „neue Handels- und Steuerpolitik“ aufstellen. Der Konzern rechnet damit, dass Trumps Strafzölle im Gesamtjahr brutto zu Belastungen von 4 Mrd. bis 5 Mrd. Dollar führen werden. Die Absatzentwicklung im zweiten Halbjahr, saisonal ohnehin meist schwächer, werde dabei voraussichtlich stärker unter den „Tariffs“ leiden als in den ersten sechs Monaten.

Tatsächlich zählt GM allein an der Verkaufsentwicklung bemessen zu den großen Gewinnern der abgelaufenen Jahreshälfte. Laut dem Branchendienst Cox Automotive hat der Neuwagenabsatz des Detroiter Konzerns zwischen Januar und Juni gegenüber dem Vorjahr um 12% auf 1,44 Millionen Fahrzeuge zugelegt. Damit schnitt GM sowohl absolut als auch relativ deutlich stärker ab als die traditionell schärfste Konkurrentin Ford, während deutsche Hersteller um Volkswagen und Mercedes-Benz sowie die französische Stellantis mit ihren US-Marken Chrysler, Jeep, Dodge und Ram im nordamerikanischen Markt herbe Verkaufsrückgänge hinnehmen mussten.
Selbst bei Elektroautos, bei denen sich das Käuferinteresse in den Vereinigten Staaten aufgrund hoher Anschaffungskosten und eines mangelnden Vertrauens in die Ladeinfrastruktur schleppend entwickelt, schneidet GM besser ab als die Konkurrenz. So legten die Stromer-Verkäufe des Konzerns im zweiten Quartal zum Vorjahr um 111% zu – insbesondere der Chevrolet Equinox gilt als Zugpferd, während auch Cadillac im E-Luxussegment Marktanteile hinzugewinnt.
Tesla unter Druck
Elektro-Vorreiterin Tesla, die am Mittwoch nach Handelsschluss die Bücher öffnet, steht hingegen schwer unter Druck. Im abgelaufenen Jahresviertel sackte ihr Absatz um weitere 13% ab. Aktionäre fürchten zudem, dass der Anti-Nachhaltigkeitskurs der Trump-Regierung die Gewinnentwicklung erheblich dämpfen könnte. Denn in der Folge sind laut Analysten regulatorische und steuerliche Gutschriften für E-Autohersteller in Gefahr.
Nun trübt sich infolge von Trumps Handelspolitik allerdings auch das Umfeld für Produzenten klassischer Verbrenner ein. Der Präsident verhängte Anfang April Zölle von 25% auf Einfuhren von Automobilen und Teilen – dämpfte den Einschlag später aber, indem er den Großteil der Importe aus Kanada und Mexiko von den Abgaben ausnahm. Bei Vehikeln, die Teile aus den USA enthalten, gilt die Abgabe von 25% überdies nicht auf den Gesamtwert des eingeführten Autos. Das Analysehaus Bernstein rechnet dennoch damit, dass die „Tariffs“ die operativen Gewinne von GM und Ford im laufenden Jahr um 30% drücken könnten. Die UBS warnte im April bereits davor, dass die Zölle die Profite der Autoriesen aus Michigan ganz ausradieren könnten.
Promo-Kampagne lastet auf Marge
Ford hat den Absatz im ersten Halbjahr wie GM trotz eines negativen handelspolitischen Umfelds gesteigert – dies aber teuer erkauft. Im Rahmen seiner „From America, for America“-Kampagne verkündete der Konzern Anfang April zum Wohlwollen Trumps, Mitarbeiterrabatte für alle Kunden zugänglich zu machen. Die ursprünglich bis Anfang Juni laufende Aktion verlängerte Ford in den Juli hinein. Die Promotionstaktik dürfte Analysten zufolge auf der Marge gelastet haben, die der Hersteller seit Jahren vergeblich durch eine stärkere Kostenkontrolle aufzupolieren sucht.
Dabei stellt Ford bereits rund 80% seiner in den USA verkauften Fahrzeuge im Inland her – bei der größten Rivalin sind es nur 55%. GM-CEO Mary Barra hat entsprechend Anpassungen in der Lieferkette angekündigt – durch Umstellungen in der Fertigung und andere Maßnahmen will der Autoriese 30% der Belastungen durch die Strafzölle abfedern. Die Produktion des Chevrolet Blazer zieht beispielsweise von einer Fabrik in Mexiko nach Spring Hill, Tennessee, um. Insgesamt will GM in den nächsten zweieinhalb Jahren 4 Mrd. Dollar in die US-Produktion investieren.
Sensible Verbraucher
Allerdings fürchten Analysten, dass der entsprechende Anstieg der Lohnkosten weitreichende Konsequenzen haben wird. Ein Mitarbeiter in der mexikanischen Fertigung verdient rund 3 Dollar pro Stunde, ein Kollege in den USA das Zehnfache. "Da über den Sommer mehr mit Zöllen belegte Produkte den Bestand ersetzen werden, ist mit steigenden Preisen und negativen Auswirkungen auf die Verkäufe zu rechnen“, sagt Charlie Chesbrough, Senior-Volkswirt bei Cox Automotive. Die Verbraucher seien sehr preissensitiv, viele hätten Fahrzeugkäufe in Erwartung höherer Anschaffungskosten im April und Mai vorgezogen. Nachdem diese Nachfrage nun gestillt sei, stehe dem Markt ein langer, träger Sommer bevor. Im Juni fielen die Neuwagenverkäufe gegenüber dem Vorjahr bereits um 6,3% – gegenüber dem Vormonat betrug der Rückgang laut dem Branchendienst sogar 15,2%.