Öl- und Gaskonzern

Wintershall Dea hält an Russland fest

Wintershall Dea hat im zweiten Quartal dank der kräftig gestiegenen Preise für fossile Brennstoffe operativ dreimal so viel verdient wie ein Jahr zuvor. Indes bestätigte CEO Mario Mehren vor Journalisten, dass sich der Öl- und Gaskonzern nicht aus Russland zurückziehen wird. Vielmehr gelte es, die Assets zu schützen.

Wintershall Dea hält an Russland fest

md Frankfurt

Wintershall Dea hat im zweiten Quartal ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Explorationskosten (Ebitdax) von 1,83 Mrd. Euro erwirtschaftet. 2021 hatte der Öl- und Gaskonzern für das zweite Kalenderviertel einen operativen Gewinn von lediglich 636 Mill. Euro ausgewiesen. Der Nettogewinn nach Anteilen Dritter sprang von 52 Mill. auf 658 Mill. Euro.

Im ersten Halbjahr fiel jedoch unter dem Strich ein Verlust von 355 Mill. Euro an; im Vorjahr stand noch ein Plus von 205 Mill. Euro zu Buche. Neben einem deutlich schlechteren Finanzergebnis und einer höheren Steuerlast waren dafür die milliardenschweren Abschreibungen im Auftaktquartal verantwortlich. Wintershall Dea, an der BASF 72,7% und die Investorengruppe Letter One 27,3% halten, war mit rund 1 Mrd. Euro an der Finanzierung der Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligt. Dieses Engagement wurde abgeschrieben. Hinzu kamen weitere russlandbezogene Wertminderungen von rund 500 Mill. Euro. Bereinigt um Sondereffekte wie die Abschreibung legte der Überschuss in den ersten sechs Monaten den Angaben zufolge im Jahresvergleich von 339 Mill. auf knapp 1,3 Mrd. Euro zu.

Für das Gesamtjahr hat Wintershall Dea das Produktionsziel erhöht. Nunmehr strebt der Konzern die Förderung von täglich bis zu 640000 Barrel (je 159 Liter) Öläquivalente an. Zuvor hatte das Unternehmen bis zu 630000 Barrel pro Tag angepeilt. Im zweiten Quartal produzierte der Konzern nach eigenen Angaben täglich 623000 Barrel (+2%).

Neuorientierung

Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine muss sich Wintershall Dea neu aufstellen. Bislang stammt etwa die Hälfte der Gesamtproduktion aus Russland. Vorstandschef Mario Mehren bekräftigte vor Medienvertretern, der Konzern habe die Zahlungen nach Russland eingestellt und auf den Ukraine-Krieg mit einem klaren Nein auf neue Projekte in Russland sowie mit russischen Partnern außerhalb Russlands reagiert. Die Beteiligung an bestehenden Projekten in Russland erhalte man allerdings aufrecht. Es fließe durch sie kein frisches Geld nach Russland, sie finanzierten sich selbst. „Russland einfach zu verlassen, würde bedeuten, der russischen Regierung ein großes Geschenk zu machen“, sagte Mehren. Dann würden Milliardenwerte an den russischen Staat fallen. „Und dafür sehe ich keinen Grund.“ Der Vorstand sei verpflichtet, die Vermögenswerte von Wintershall Dea in dem Land und die Mitarbeiter dort zu schützen.

Wintershall Dea will nun ihre Geschäfte außerhalb Russlands ausweiten. Alle Optionen würden geprüft. Dazu gehörten eine Produktionsausweitung in den 16 Öl- und rund 40 Gasfeldern in Deutschland, vor allem aber die Großprojekte Nova, Njord und Dvalin in Norwegen. Ziel sei es, die Produktion dort bereits Ende dieses Jahres aufzunehmen. Zudem prüfe der Konzern Möglichkeiten in Ländern, in denen er bereits aktiv sei, etwa Algerien. Mehren unterstrich, der Konzern werde geplante Investitionen in den Bereichen Carbon Management und Wasserstoff vorantreiben.

Zu der Ankündigung von Gazprom, die Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1, an der der russische Gasriese 51% hält, weiter zu senken, sagte Mehren: Die Nord Stream AG als Operator der Pipeline habe die Wartung am 11. Juli begonnen und am 21. Juli ohne große Mängelfunde beendet. Das Pipelinesystem sei voll einsatzbereit und könne mit voller Auslastung jederzeit genutzt werden. Der Grund für die geringe Auslastung liege im vorlaufenden Gazprom-Netzwerk. Wintershall Dea habe – obwohl mit 15,5% an der Nord Stream AG beteiligt – „kein Insiderwissen“, so Mehren bezüglich der wahren Gründe für die Reduzierung der Gasliefermenge. Gazprom hatte am Montag angekündigt, dass von heute an nur noch 20% der Maximalkapazität durch die Pipeline Nord Stream 1, die wichtigste Versorgungsleitung nach Deutschland, fließen sollen. Grund sei die Reparatur einer weiteren Turbine. Beobachter halten das für einen Vorwand. Tatsächlich gehe es um den Versuch, die harte Haltung Europas gegenüber Russland nach dem Einmarsch in die Ukraine durch Erpressung mit Gas aufzuweichen.

Gazprom habe in den vergangenen Wochen mit den Reduzierungen und Unterbrechungen der Gaslieferungen das Vertrauen als sicherer Lieferant von Energie für Europa zerstört, sagte Mehren. „Ein Vertrauen, das über Jahrzehnte aufgebaut wurde.“

Wintershall Dea
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr        
in Mill. Euro20222021
Umsatz8 0782 793
Ebitdax3 6671 340
Ebit2 297448
Finanzergebnis−1 080−37
Steuern1 552188
Nettoergebnis−355205
Operativer Cashflow2 5021 358
Freier Cashflow2 041798
Nettoschulden−1102 510*
Flüssige Mittel4 454738
*) per 31.12.2021Börsen-Zeitung
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