Tourismus

„Wir haben bei Tui alle Instrumente zur Hand“

Für Tui-Chef Fritz Joussen ist der „Kapitalmarkt durchaus offen“. Eine weitere Kapitalerhöhung soll helfen, um die Schulden zu senken, die auch nach Rückgabe von 700 Mill. Euro Staatskredit noch erheblich sind.

„Wir haben bei Tui alle Instrumente zur Hand“

hei Frankfurt

Dank der Erholung der Reisenachfrage, die der Tui im laufenden Jahr ein starkes operatives Comeback bescheren soll, kann der Touristikkonzern einen Teil der in der Pandemie erhaltenen Staatshilfe zurückgeben. Die gewährten Kreditlinien werden um 700 Mill. Euro verringert. „Damit sind derzeit keine staatlichen Kreditlinien gezogen“, sagte Konzernchef Fritz Joussen im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Das Unternehmen spart somit viel Geld, denn bisher hat der Rettungsschirm rund 250 Mill. Euro an Zinsen und Bereitstellungsgebühren gekostet. Für die bloße Bereitstellung der noch verfügbaren 2,4 Mrd. Euro Staatskredit fallen nur geringe Zinsen an. Es sei daher „sinnvoll und wichtig“, diese als Sicherheit nicht zu früh zurückzugeben.

Die Tui-Aktie gab gestern 1,1% nach. Der Manager geht indes davon aus, dass die gute Geschäftsentwicklung, die sich derzeit in einem Buchungsaufkommen von 80 % des Vorkrisenniveaus für den Sommer ausdrückt, auch den Kapitalmarkt überzeugen wird. „Wir haben bei Tui alle Instrumente zur Hand, also Vorratsbeschlüsse für verschiedene Kapitalmaßnahmen, die wir einsetzen wollen, um die Verschuldung zurückzuführen, erklärte der Manager, der davon ausgeht, dass die Tui sich „ganz ähnlich wie die Lufthansa“ mit verschiedenen Instrumenten am Kapitalmarkt auch refinanzieren kann, wobei das prinzipiell noch bestehende staatliche Stützkorsett eine Hilfe sein dürfte.

Ziel der Tui sei es, „die Verschuldung wieder unter das 3-fache operative Ergebnis (Ebitda) zurückzuführen, und zwar in zwei bis drei Jahren“, so Joussen. Dazu müssten 1,9 Mrd. Euro Schulden abgebaut werden. Für den Weg dorthin ist der CEO durchaus optimistisch. „Wir haben in der Krise 400 Mill. Euro an Kosten dauerhaft eingespart, das heißt, die Firma wird nach der Krise profitabler sein und sie wird schneller wachsen. Neben der grundsätzlichen Reiselust expandiert vor allem der Markt für Aktivitäten an den Urlaubszielen. Durch eine verstärkte Digitalisierung des Geschäfts werden wir zudem schlagkräftiger und effizienter.“

Abgesehen von den Gewinnbeiträgen „ist der Kapitalmarkt durchaus offen“, und die Tui werde „passende Zeitfenster“ nutzen, um frisches Geld einzunehmen. Dass eine weitere Kapitalerhöhung zu den angepeilten Maßnahmen gehört, ist für den Tui-Chef damit klar. Die Eigenkapitalquote der Tui AG lag zum Jahresende etwa bei 30 %. Im Konzern wurde sie zum ersten Geschäftsquartal (per 31.12.) mit 2,5 % angegeben. Nur die Nettoschulden beliefen sich zu dem Zeitpunkt auf 5 Mrd. Euro. Aktuell nach Rückgabe des 700 Mill. Euro KfW-Kredits verfügt Tui noch über eine Liquidität von 3,4 Mrd. Euro.

Eine Kapitalerhöhung ist indes derzeit für die Tui technisch erschwert, denn die vom ehemaligen Großaktionär Alexej Mordaschow bei Ausbruch des Ukraine-Krieges in letzter Minute vollzogene Neuordnung seiner Beteiligung, mit der er diese den Sanktionsbeschlüssen entziehen wollte, ist in ihrer Wirksamkeit noch nicht bestätigt.

Die Transaktion wird nach dem Außenwirtschaftsgesetz geprüft und ist daher „schwebend“, was heißt, dass die Tui im Falle etwa einer Bezugsrechtsemission nicht wüsste, wie sie die Bezugsrechte der Unifirm Holding, die 29,9 % an Tui hält, behandeln sollte. Dazu laufe eine entsprechende Anfrage an das Ministerium, um diese Frage entsprechend zu klären.

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