Neobank wird wie EU-Großbanken bewertet

Revolut steht vor der nächsten Kapitalaufnahme

Revolut dürfte in Kürze 1 Mrd. Dollar an frischen Eigenmitteln aufgenommen haben. Und so wie die Briten wachsen, ist eine kolportierte Bewertung von 65 Mrd. Dollar auch nicht zu hoch gegriffen.

Revolut steht vor der nächsten Kapitalaufnahme

Revolut geht in höhere Sphären

Neobank wird in neuer Funding-Runde wie eine EU-Großbank bewertet

bg Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt

Was als Erweiterung der letzten Secondary-Runde begonnen hatte, mündet bei der Neobank Revolut nun in einen Doppelschlag: Aufgrund der hohen Nachfrage nach Anteilen verhandeln die Briten nun mit Investoren über eine zusätzliche Kapitalzufuhr von rund 1 Mrd. Dollar. Dabei wird eine Bewertung von 65 Mrd. Dollar angestrebt nach 45 Mrd. Dollar in der letzten Runde, wo nur alte Aktien den Besitzer wechselten. In Kombination mit dem Fundraising sollen Altaktionäre nun auch die Option auf einen Sekundärmarkthandel erhalten – angeblich können Anteilsscheine bei diesen Transaktionen noch zur alten Bewertung erworben werden.

Morgan Stanley organisiert die Transaktion

Dass die Runde stattfindet, mag zunächst überraschen, verfügt Revolut doch inzwischen über eine Innenfinanzierung, die das operative Wachstum tragen kann. Andererseits müssen Neobanken, je größer sie werden, immer mehr regulatorisches Eigenkapital vorhalten. Insofern macht es Sinn, sich zusätzliches Eigenkapital zu verschaffen, wenn sich ein gewisses Bilanzwachstum – wie über die Aufnahme von Immobilien- und Firmenkrediten – abzeichnet.

Über das Interesse vom Staatsfonds Mubadala aus Abu Dhabi am Erwerb von Anteile bei Revolut war in der vergangenen Woche spekuliert worden. Stück für Stück wurde dann bekannt, dass das Ganze eine Nummer größer aufgezogen wird: Morgan Stanley ist erneut von den Londonern mandatiert worden, die Kapitaloperation zu steuern. Im Lead bei den neuen Investoren agiert die auch bei deutschen Fintechs beteiligte Greenoaks. Mubadala soll bereit sein, Aktien im Wert von mindestens 100 Mill. Dollar zu zeichnen.

Dass Revolut bei der Bewertung eine Etage höher greifen kann, liegt an der starken Entwicklung des operativen Geschäfts. Im April hatte Revolut-CEO Nik Storonsky einen auf 1,1 Mrd. Pfund verdoppelten Vorsteuergewinn berichtet. Und aus den an die Investoren verschickten Unterlagen zur neuen Finanzierung geht hervor, dass Revolut für dieses Jahr mit einem Umsatz von 5,9 Mrd. Dollar rechnet, was einem Plus von 50% entspräche. Für 2026 werden sagenhafte 9,3 Mrd. Dollar an operativen Erträgen in Aussicht gestellt.

UK-Lizenz war eine harte Nuss

Mit solchen Wachstumsraten zeigen die Londoner, dass ihre Plattform eine gut geölte Maschine ist. Ständig werden neue Produkte in den Markt geschoben und immer mehr regionale Märkte erschlossen - selbst die USA könnten nun doch mit einer eigenen Banklizenz beackert werden. Eine solche Vollbankenlizenz dürfte mit Abschluss der sogenannten Mobilisierungsphase in Großbritannien in Kürze ohne Einschränkungen bewilligt werden. Für Revolut war die Erlangung der Banklizenz im Heimatmarkt eine harte Nuss, aber Storonksy ist dran geblieben und hat in Compliance-Experten aus der alten Bankenwelt investiert, was den Weg ebnete zur Lizenzerteilung.

Neobank mit globaler Perspektive

Und die Perspektiven sehen so vielversprechend aus, wie die Umsatzprognosen ehrgeizig sind: Revolut hat das Zeug dazu, eine globale Bank zu werden, auch wenn in Nord-Mittel- und Südamerika sowie Asien noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen ist. In Indien gibt es jetzt den Marktstart nach langer regulatorischer Vorbereitung. Wobei es in den Schwellenländern meist schon local heroes gibt als Neobanken, die den Markt auch digital beackern. So wie Nubank, die von Brasilien aus weitere Länder erschließt und ähnlich globale Ambitionen hat wie Revolut.

Nubank ist eine Benchmark

Wobei Nubank bereits seit ein paar Jahren börsennotiert ist und mit einer Marktkapitalisierung von derzeit gut 61 Mrd. Dollar schon da ist, wo Revolut mit der neuen Runde hinwill. Für Revolut tut sich zunächst aber weiteres starkes Wachstum in Europa auf. Dank des Passporting dringen die Briten mit ihrer litauischen Lizenz in den letzten Winkel Europas vor und gewinnen weiter in hohem Tempo Neukunden. Und als reine Retailbank gestartet, hat Revolut inzwischen auch ein florierendes Firmenkundengeschäft. Wenn die Briten jetzt noch ins Investment Banking einsteigen, dann sind sie mit ihren Säulen eine jüngere Version der Deutschen Bank.

Keine utopische Bewertung

Bei der Bewertung ist Revolut schon in die Phalanx der börsennotierten Großbanken vorgedrungen. Die Deutsche Bank zieht bei einem Marktwert von 49 Mrd. Euro den kürzeren gegenüber der Neobank, während die Commerzbank bei 33 Mrd. Euro schon in einer Liga darunter spielt – trotz Aktienrally seit dem Übernahmeinteresse von Unicredit. Deren Marktkapitalisierung von 90 Mrd. Euro dürfte die nächste Wegmarke sein, die von Revolut in Angriff genommen wird: Ab einer Bewertung von 150 Mrd. Dollar erhält Storonsky eine Mega-Aktienvergütung von 15 Mrd. Dollar. Utopisch ist eine solche Bewertung nicht, wenn Revolut weiter liefert.

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