Wealth Management

Vermögende verlangen Nachhaltigkeit

In den deutschen Markt für Wealth Management kommt Bewegung. Die vermögende Klientel hat einen enormen Bedarf an nachhaltigen Investments, wie aus einer Studie von EY hervorgeht. Infolge der Covid-19-Pandemie reduziert zudem jeder dritte Kunde risikoreiche Investments.

Vermögende verlangen Nachhaltigkeit

kb Frankfurt

Der deutsche Markt für Wealth Management steht vor einschneidenden Veränderungen. Nicht nur die Umwälzungen durch Covid-19, sondern auch ein verändertes Werte- und Umweltbewusstsein der vermögenden Klientel sorgen für Bewegung in dem Markt, wie aus einer Studie der Unternehmensberatung EY hervorgeht. Für die Studie wurden weltweit mehr als 2500 vermögende Wealth-Management-Kunden aus 21 Ländern, davon 137 in Deutschland, befragt.

Die Studie offenbart, dass sich Anlage- und Risikopräferenzen der Befragten, die ein Vermögen von 250000 bis 30 Mill. Dollar (und mehr) betreuen, verschieben und damit auch deren Anforderungen an ihre Vermögensverwalter. Die deutlichste Zustimmung erfährt das Mega-Thema Nachhaltigkeit. Über drei Viertel (82%) der deutschen Wealth-Management-Kunden haben persönliche Nachhaltigkeitsziele definiert (europaweit: 80%, global: 78%). Sebastian Schäfer, Leiter Wealth Management, Financial Services Consulting von EY Deutschland, erwartet daher Wettbewerbsvorteile für diejenigen Anbieter, die breites Know-how hinsichtlich nachhaltiger Investments aufbauen und sich entlang dieser Kundenbedarfe neu ausrichten. Dies habe Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette von der Unternehmensstrategie über die Produkte und Governance bis hin zum Beratungsprozess. „Immer mehr Anleger möchten, jenseits von Renditegesichtspunkten, mit ihren Anlageentscheidungen eine bestimmte Haltung ausdrücken und ökologische oder soziale Ziele verfolgen“, betont Schäfer. Die Abbildung der Themen – darunter Klimawandel, Umweltschutz, Biodiversität oder CO2-Fußabdruck – müsse dabei in der Tiefe über die Ansätze der seit März bestehenden EU-Offenlegungsverordnung und das Mindestmaß regulatorischer Geeignetheitsprüfungen hinausgehen, mahnt Schäfer.

Große Erwartungen stellen die Befragten beim Thema Nachhaltigkeit dabei an Fintechs wie Neobanken und Robo-Adviser (siehe Grafik). 53% der Befragten wünschen sich, dass sie sich über Fintechs direkter bei nachhaltigen Investments engagieren können. Diese Hoffnung hegen zwar auch 44% an Family Offices, aber mit Blick auf andere Anbieter sind es nur rund ein Drittel.

Risikoärmere Investments

Auffallend ist zudem, dass die Befragten sich infolge der Covid-19-Pandemie eher risikoärmer aufstellen. So reagiert der Umfrage zufolge jeder dritte Kunde in Deutschland auf die wirtschaftlichen Nachwehen der Pandemie mit einer Reduzierung risikoreicher Exposures. Europa- und weltweit ist die Risikoaversion jedoch höher. Während es in Deutschland 34% sind, sind es europaweit 38% und weltweit sogar 43%, die ihre risikoreichen Anlagen reduzieren wollen. Vermögensverwalter stellt dies vor Herausforderungen. „Zwar besteht, unter anderem aufgrund der Zuflüsse in Assetklassen, die im Negativzinsumfeld Dividenden beziehungsweise Wertsteigerungen versprechen, ein hoher Bedarf an Wealth-Management-Dienstleistungen“, sagt Schäfer, „allerdings sind die Ansprüche der wohlhabenden Kunden vielerorts komplexer geworden.“ Dies habe erhebliche Auswirkungen auf Serviceangebote, Preisgestaltung sowie technologische und digitale Fähigkeiten, betont der EY-Manager.

Entscheidend für die Konkurrenzfähigkeit der Vermögensverwalter sei daher der Reifegrad der IT-Strukturen und die Leistungsfähigkeit der Omni-Kanal-Interaktion mit dem Kunden, einschließlich der Art des Umgangs mit sensiblen, personenbezogenen Daten. Noch hätten Wealth Manager gegenüber (branchenfremden) technologiegetriebenen Firmen einen Vertrauensvorschuss, denn zwei Drittel der vermögenden Deutschen (65%) zeigen sich bereit, persönliche Daten mit dem Wealth Manager zu teilen.

Mehr virtuelle Beratung

Zwar planen 40 beziehungsweise 46% der deutschen Kunden, digitale Technologien oder Möglichkeiten für eine virtuelle Beratung künftig mehr einzusetzen, was auch auf das coronabedingte geänderte Verhalten zurückzuführen sei, aber mit einem kompletten Umdenken hin zu rein digital basierten Modellen rechnen die Studienautoren nicht.

Immerhin ist auch fast die Hälfte der Befragten bereit, für bessere und exklusivere digitale Dienstleistungen (mehr) zu zahlen. Doch es komme auf die Mehrwerte an, so Schäfer. „Die Hinwendung auf Kundenbedürfnisse muss, auch in Abgrenzung zum Retail-Geschäft, daher über zugeschnittene Mehrwertleistungen erfolgen.“

Zu diesen Servicemerkmalen zählt Schäfer neben einer qualitativ hochwertigen Beratung vor allem hochentwickelte digitale Angebote, die Portfolien und Nettovermögen mit Echtzeitinformationen transparent und umfänglich abbilden. Zudem würden Trainings und Angebote zur finanziellen Weiterbildung sowie Vernetzung und Zugang zu Spezialisten geschätzt.