Ralf Gladis, Computop

„Was uns ausmacht, ist Customized Payment“

Ein deutscher Mittelständler will mit seinem Spezialistentum gegen die Payment-Fintechs punkten: Computop sei „der Gegenentwurf“ zu Adyen und Stripe, sagt Unternehmensgründer Ralf Gladis.

„Was uns ausmacht, ist Customized Payment“

Von Björn Godenrath, Frankfurt

In der Payment-Branche geht die Post ab: Mit steigendem Volumen des elektronischen Zahlungsverkehrs sowie dem boomenden Karteneinsatz am Point of Sale (PoS) erreichen US-Giganten wie Mastercard und Paypal an der Börse dreistellige Milliardenwerte. Hoch gehandelte Fintechs wie Stripe werden mit 95 Mrd. Dollar bewertet – alles, was als Payment-Fintech bei drei nicht auf den Bäumen ist, kriegt von Glücksrittern mit vollen Taschen das Geld nur so hinterhergeschmissen und mutiert urplötzlich zum Einhorn oder Decacorn. Dass sich was leveragen lässt, das haben auch längst Finanzinvestoren mitgekriegt, die mit Buy and Build die Konsolidierung im europäischen Zahlungsverkehr, wie in Deutschland bei der für ein Processing-Volumen von 9 Mrd. Euro stehenden Unzer, mitgestalten. Und die Deutsche Bank probt den Wiederaufbau des Händlergeschäftes – bleibt aber trotz erheblicher Präsenz im Korrespondenzbankengeschäft im Börsenwert mit 22,5 Mrd. Euro hinter einem Shootingstar wie Adyen zurück, die bei einem Processing-Volumen von 300 Mrd. Dollar auf einen Marktwert von 59 Mrd. Euro kommt.

Dabei hat die 2006 gegründete Adyen ihre Wurzeln genauso im E-Commerce wie die 1997 von Ralf Gladis und Frank Arnoldt in Bamberg gegründete Computop, die im Jahr der Adyen-Gründung ihre Internationalisierung startete. Heute ist Computop als globales Unternehmen des Payment Processing mit Büros in London, New York und Schanghai immer noch in Franken zu Hause und steht für ein jährliches Transaktionsvolumen von 35 Mrd. Euro, die für 12000 Kunden abgewickelt werden. Als Payment Service Provider (PSP) ist man im E-Commerce mit einem Marktanteil von 38% in Deutschland führend – 350 Zahlarten gehören zum Portfolio von Computop.

Dabei werden die inhabergeführten fränkischen Gallier niemals zum Spielball von Private Equity oder sonstigen Konsolidierungsfantasien. In seinen 23 Jahren als Payment-Unternehmer hat Ralf Gladis schon so einige kommen und gehen sehen – war auch mal bei Markus Braun zu Gast, als Wirecard gerne Computop gekauft hätte. Daraus wurde natürlich nichts – man kann sich auch nicht vorstellen, wie der bodenständige Mittelständler bei dem Wiener Zocker persönlich hätte andocken sollen. Und so blieb Wirecard der in Deutschland sehr viel kleinere PSP, der dann (mit real existierenden Umsätzen) schlussendlich im Portfolio von Santander endete.

Von M&A-Abenteuern hält Gladis sowieso nicht so viel. Er beobachte immer wieder, dass sich unterschiedliche Tech-Plattformen entweder gar nicht oder nur mühsam verbinden lassen. Statt M&A setzt Gladis auf Partnerschaften wie die mit der auch als Acquirer fungierenden VR Payment. Zusammen mit dem genossenschaftlichen Anbieter wurde ein Omnikanal-Angebot geschaffen, das Online-Payment und PoS-Kartenzahlungen integriert. Dabei hat das Vordringen zum Ladengeschäft für Computop mit ihrem hohen Marktanteil bei Online-Zahlungen eine enorme strategische Bedeutung: „Unsere Kunden machen am PoS viermal so hohe Umsätze wie online. Das heißt, Computop wächst vom E-Commerce in den stationären Handel und könnte allein mit den Bestandskunden ihr Geschäft vervierfachen.“

Bald mit BaFin-Lizenz

Dieses warf im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von gut 20 Mill. Euro ab, unterm Strich wurde 1 Mill. Euro verdient. Dabei habe man aber „einiges an Investitionen gestemmt, wie den Netzbetrieb für Girocard sowie den Antrag auf BaFin-Regulierung“. Dass Computop aktiv ein Regulierungsdach sucht, wird bedingt durch den steten Ausbau der Palette: Auf komplexen Marktplätzen wolle man den Zahlungsfluss dezidiert steuern können und dort als Zahlungsdienstleister auch Garantien leisten, erklärt Gladis. Beim Kauf auf aggregierenden Händler-Plattformen kommen schon mal drei Verkäufer auf eine Rechnung, das erfordere ein Feintuning der Zahlungsströme, weil Computop auch den Händlern eine automatisierte Überführung der Daten in deren Buchhaltung liefert.

Rund 2 Mill. Euro hat Computop schon in den Spaß einer geordneten Regulierung investiert. Wenn es gut läuft, könne man im vierten Quartal auf regulierter Basis loslegen, hofft Gladis. Zudem habe man kürzlich ein Audit zum Standard ISO 27001 für Service und Sicherheit abgeschlossen. Damit könne man gegenüber Banken und Versicherern noch besser als Partner auftreten, da gewisse EBA-Regeln nun über Computop abgedeckt sind. Das dürfte den regulatorischen Teil vereinfachen, erwartet Gladis.

Die große Stärke von Computop ist ein Spezialistentum, das sich nicht replizieren lässt. „Was uns ausmacht, ist, dass wir Customized Payment anbieten. Das heißt, wir bieten Großkunden einen individuellen Service, der dann zum Beispiel auch die Prozesse der Warenwirtschaft einbindet.“ Dafür baut Computop dann Sonderlösungen, was wie im Fall Sixt schon mal ein Jahr Bauarbeiten für Gladis und seine Software-Ingenieure bedeutet. „Dafür hat der Kunde seit fünf Jahren eine Lösung als weltweiten Standard, die am PoS, im Callcenter, online und auf Mobile funktioniert.“

Vorteil integrierte Plattform

Bei aller Entspanntheit marschiert Gladis als Unternehmer stramm nach vorn. Adyen sei „ein Gegner“ und Computop „der Gegenentwurf“ zu Adyen und Stripe. „Unser Vorteil ist, dass wir zum einen die ganze Technologie selbst gebaut haben und zum anderen dass wir ein sehr großes Netzwerk von 400 Partnern haben.“ Und Gladis weiß, wo die Konkurrenz verwundbar ist: „Im Handel sind am PoS immer nur halbe Sachen ge­macht worden. Aber mit dem Computop Paygate können wir seit 2015 jede über ein PoS-Terminal gehende Zahlung hochverschlüsselt abwickeln. Diese Verbindung von E-Commerce und PoS-Payment findet bei uns auf einer Plattform statt, wo alles integriert ist.“ Und wir erinnern uns: Das ist etwas, was nicht aus M&A-Strukturen entstehen kann.

Für die Fortentwicklung von Computop hat Gladis noch zwei Dinge in die Umsetzung gebracht. Das ist zum einen die Verbindung der Payment-Plattform-Daten mit KI (künstliche Intelligenz). Damit könne man Vorhersagen zum künftigen Kaufverhalten treffen, und die dafür erforderlichen Daten hätten nun mal „nicht viele Marktteilnehmer in der Qualität“ – und Computop habe 400 Milliarden Datenpunkte auf der Plattform gespeichert. Es gebe schon ein Pilotprojekt; Computop sei gerüstet, wenn sich Nachfrage aufbaut. Zum anderen hat man Biometrie-Kompetenz aufgebaut. Damit könnte Händlern die Authentifizierung als zertifizierter Prozess von Visa und Computop angeboten werden. Gladis ist zuversichtlich, dass es gelingen wird, aus den Schnittstellen zu Big Data und Security Kapital zu schlagen.

Tja, und wo müsste sich Computop beim Unternehmenswert wohl einordnen? Nimmt man zum Maßstab, dass das Amsterdamer Payment-Fintech Mollie kürzlich mit 5,4 Mrd. Euro bewertet wurde bei einem Processing-Volumen von 10 Mrd. Euro, dann müssten sich die Bamberger gewiss nicht dahinter einordnen.