Japanische Aktien

Führungswechsel bei der Bank of Japan verunsichert

Japanische Aktien haben sich in diesem Jahr recht gut geschlagen. Das könnte sich jedoch ändern, wenn Kazuo Ueda am 8. April an die Spitze der Bank of Japan (BoJ) tritt.

Führungswechsel bei der Bank of Japan verunsichert

Von Martin Fritz, Tokio

Japanische Aktien haben sich in diesem Jahr recht gut geschlagen. Der Nikkei 225 rückte um 5,4% und der marktbreite Topix um 4,0% vor – das ist schlechter als der Dax, aber besser als der S&P 500. Diese Abstände könnten sich jedoch ändern, wenn Kazuo Ueda am 8. April an die Spitze der Bank of Japan (BoJ) tritt. Die Gretchenfrage der Anleger an den neuen Zentralbankgouverneur lautet: Wie hältst Du es mit der ultralockeren Geldpolitik? Eine Fortsetzung macht Japans Aktien gegenüber Anleihen weiter attraktiv. Dagegen würden höhere Zinsen zwar Bank- und Finanzwerte antreiben, aber den Yen stärken und tendenziell die Kurse von Exporttiteln belasten.

Die künftige Strategie von Ueda liegt im Nebel: Bei der Befragung im Parlament hatte er die Geldpolitik seines Vorgängers Haruhiko Kuroda als „angemessen“ bezeichnet. Zuvor hatte er jedoch negative Nebenwirkungen wie Funktionsstörungen des Anleihemarktes als Grund für Veränderungen genannt. Diese Störungen waren in den letzten Monaten unübersehbar, als die Notenbank sehr viele Anleihen kaufen musste, um die zehnjährige Rendite unter 0,5% zu halten. Manche Anleiheemissionen besitzt die BoJ komplett. Daher erwarten viele Analysten und Investoren, dass Ueda die Zinskurvenkontrolle aufheben oder anpassen wird. So könnte er die Obergrenze auf 0,75% oder 1% anheben oder den Fokus auf die fünfjährige Rendite verschieben. Auch ein Aus für den Negativzins halten Beobachter für einen möglichen Weg zur erwünschten Flexibilisierung der Geldpolitik.

Inflation auf 41-Jahres-Hoch

Neben den Störungen des Anleihemarktes spricht vor allem die aktuelle Preis- und Lohnentwicklung für eine baldige Änderung der monetären Rahmenbedingungen. Der gesamte Preisauftrieb ließ im Februar zwar dank staatlicher Beihilfen nach, aber die von der BoJ am meisten beachtete Rate ohne frische Lebensmittel und Energiekosten kletterte auf das 41-Jahres-Hoch von 4,4 % weit über dem Inflationsziel von 2 %. Zugleich vereinbarten die Gewerkschaften mit den Großunternehmen eine Lohnanhebung um 3,8%. Das gab es zuletzt vor knapp 30 Jahren. Die angestrebte Lohn-Preis-Spirale scheint sich zu drehen.

Für eine Fortsetzung der alten Geldpolitik gibt es jedoch schwergewichtige Gründe. In den USA zeichnet sich das Ende der Zinserhöhungen ab, weil die Inflation zurückgeht. Zusätzlich mahnt die Pleite der Silicon Valley Bank die US-Währungshüter zur Vorsicht bei weiteren Drehungen an der Zinsschraube. Die Bank of Japan wäre dann nicht mehr der monetäre Außenseiter. Vor allem würde der Handlungsdruck auf die BoJ nachlassen, da bei stabilen oder sinkenden US-Zinsen der Yen wohl aufwerten dürfte. In der Folge würde die importierte Inflation schrumpfen und der Preisauftrieb geschwächt.

Das Konjunkturumfeld spricht ebenfalls nicht gerade für Zinserhöhungen. Die Volkswirtschaften von Japans wichtigsten Handelspartnern schwächeln. In den USA droht eine Rezession, Chinas Wachstumsmotor springt bisher nicht richtig an. Auch die japanische Wirtschaft zeigt keine Stärke, das BIP stagnierte im ersten Quartal. Die Hoffnungen auf einen Post-Covid-Schub bei Privatkonsum und Kapitalausgaben erfüllten sich nicht.

Auch die expansive Fiskalpolitik könnte Ueda von monetären Änderungen abhalten. Premier Fumio Kishida will die Verteidigungsausgaben bis 2027 verdoppeln und bereitet hohe Subventionen für Familien vor, um die Geburtenrate zu steigern. Steuererhöhungen soll es vorerst nicht geben. Angesichts der extremen Staatsschulden kann Kishida also Niedrigzinsen gut gebrauchen, übrigens ebenso wie die Häuslebauer, die größtenteils variabel verzinste Hypothekenkredite abgeschlossen haben.

Yen unterbewertet

Solange Ueda auf dem bisherigen Kurs bleibt, spricht wenig für ein Engagement in Japan. Im Januar und Februar strömte viel Auslandskapital an den Aktienmarkt, aber wegen der Sorgen um die Bankenstabilität flossen im März große Mengen wieder ab. Das niedrige Kurs-Gewinn- und Kurs-Buch-Verhältnis ist typisch für Japan und war noch nie ein Kaufkatalysator. Die rekordhohen Rückkäufe der Unternehmen erzeugen jedoch genug Nachfrage, um hohe Kursverluste zu vermeiden. Laut dem Ausblick von Nomura sollen die Vorsteuergewinne der Unternehmen im neuen Jahr (ab 1. April) trotz stagnierender Umsätze um 4,3% zunehmen, was nur rund halb so viel wäre wie im auslaufenden Jahr. Immerhin winken Währungsgewinne für Einsteiger, da der Yen als fundamental unterbewertet gilt. Den sonst notwendigen Absicherungsaufwand kann man sich derzeit sparen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.