Bond-Default

Game over bei Evergrande

Fitch hat dem Immobilienentwickler Evergrande ein Default-Rating für seine Anleihen in Fremdwährung verpasst. Der Ausfall dürfte Maßstäbe im Umgang Chinas mit ausländischen Investoren setzen.

Game over bei Evergrande

nh  Schanghai

 –  Im   Gerangel  um den Zahlungsfähigkeitsstatus von Chinas größtem Junk-Bond-Emittenten Evergrande Group sind am Donnerstag die letzten Zweifel beseitigt worden. Die Ratingagentur Fitch hat dem dramatisch überschuldeten Immobilienentwickler nach jüngst versäumten Kuponzinszahlungen in Höhe von 83 Mill. Dollar ein Default-Rating für seine Anleihen in Fremdwährung verpasst. Damit wird im Nachgang eines Gläubigervotums die Gesamtheit der ausstehenden Evergrande-Dollarbondschulden über 19,2 Mrd. Dollar unmittelbar fällig und der Konzern entsprechenden Rechtsverfahren anheimgestellt.

Die Ereignisse bei Evergrande bedeuten den mit Abstand größten Ausfall eines chinesischen Unternehmensemittenten im rege frequentierten Hongkonger Offshoremarkt und werden Maßstäbe für den Umgang Pekings und der Finanzregulatoren mit ausländischen Investoren setzen. Zwar ist es in diesem Jahr bereits zu rekordhohen Ausfällen auf chinesische Dollarbonds über gut 10 Mrd. Dollar gekommen, doch werden mit Evergrande neue Dimensionen er­reicht. Dies dürfte zu einer grundsätzlichen Veränderung der Risikoeinschätzung bezüglich ausländisch vermarkteter chinesischer Corporate Bonds führen.

Notenbank meldet sich

Evergrande wurde trotz höchst bedenklicher Verschuldungsrelationen von Marktteilnehmern lange als „too big to fail“ angesehen, so dass die Risikoeinschätzung einer impliziten staatlichen Auffanggarantie unterlag. Diese hat sich als trügerisch erwiesen, da Peking keinerlei Bereitschaft zu einem staatlichen Bail-out zeigt, durch den die Dollarbondgläubiger aus dem Schneider wären. Dies unterstrich am Donnerstag auch Chinas Zentralbankpräsident Yi Gang, der die Schuldenkrise bei Evergrande auf einem Hongkonger Finanzkongress per Videobotschaft als ein „Marktereignis“ bezeichnete, das mit etablierten Marktregeln angegangen werde. Entsprechend würden die Investoren im Rahmen ihrer „Kapitalseniorität“, also der rechtlichen Gläubigerrangabfolge ihrer Zahlungsansprüche behandelt. Am Finanzplatz Hongkong gebe es dafür effektive Systeme und wohldefinierte Rechtsvorkehrungen.

Allerdings gibt es erhebliche Zweifel an der Vorstellung, dass es sich bei der nun unvermeidlichen Schuldenrestrukturierung von Evergrande um einen marktgesteuerten Prozess handelt. Zwar hatte Evergrande vor einer Woche noch treuherzig betont, mit den Offshore-Bondgläubigern aktiv über einen Schuldensanierungsplan zu beraten, seitdem aber jegliche Kommunikation mit den Investoren vermissen lassen.

Dies liegt daran, dass die Provinzregierung von Guangdong, wo Evergrande beheimatet ist, mit einem Expertenteam effektiv die Kontrolle übernommen hat, um die „normale Geschäftstätigkeit“ des Konzerns abzusichern und das Risikomanagement zu steuern. Für die Evergrande-Bondhalter bedeutet dies, dass staatliche Instanzen nun die Prioritäten bei der Befriedigung von Gläubigeransprüchen bestimmen. Dabei gilt als unzweifelhaft, dass Wohnimmobilienkäufer, die in Vorkasse getreten sind, Lieferanten und Retailanleger von Evergrande-Schuldtiteln vorrangig behandelt werden.