Konjunktur

August-Daten sind schlechtes Omen

Dass die Industrie im August die Produktion gedrosselt hat, die Einzelhändler weniger umsetzen und die Importpreise vom anhaltend hohen Preisdruck zeugen, verheißt für die deutsche Wirtschaft nichts Gutes.

August-Daten sind schlechtes Omen

ba Frankfurt

Die extrem hohen Energiepreise treiben die deutsche Wirtschaft in die Rezession. Die Industrie – allen voran die energieintensiven Unternehmen – drosselte im August die Produktion so stark wie seit Beginn des Ukraine-Krieges nicht und die Einzelhändler leiden unter der inflationsbedingten Konsumzurückhaltung der Verbraucher. Dass die Importpreise – ebenfalls getrieben von der Energie – im August so stark stiegen wie seit 1974 nicht mehr, zeugt von dem anhaltend hohen Preisdruck auf allen Ebenen (siehe Bericht auf dieser Seite). Ökonomen schrauben daher reihenweise die Wachstumsprognosen nach unten, während die Inflationserwartung steigt. Am Mittwoch wird sich dieses Bild auch in der Herbstprojektion der Bundesregierung zeigen.

Vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge stellten Industrie, Bau und Energieversorger 0,8% weniger her als im Vormonat. Ökonomen hatten einen nur leichten Rückgang erwartet, nachdem die Produktion im Juli stagnierte. In der Erstschätzung hatten die Wiesbadener Statistiker allerdings noch einen Rückgang um 0,3% berichtet. Neben der nach wie vor großen Unsicherheit über den Fortgang des Ukraine-Kriegs und den praktisch versiegten Gaslieferungen aus Russland hat laut Bundes­wirtschaftsministerium auch die Lage der Sommerferien die Produktion gedämpft. Besserung ist nicht in Sicht, denn weiter heißt es: „Angesichts rückläufiger Auftragseingänge und einer abgekühlten Stimmung in den Unternehmen sind die Aussichten für die Industriekonjunktur in den kommenden Monaten getrübt.“

Niedrigwasser belastet

Für Jörg Zeuner, Chefvolkswirt von Union Investment, sehen die Produktionsdaten im Detail nicht so schlimm aus: Denn die Schwäche kommt hauptsächlich von der Energieproduktion, da im Sommer weniger Strom verbraucht wurde als im Vormonat. Während die Energieerzeugung um 6,1% schrumpfte und das Baugewerbe 2,1% weniger fertigte, sank der Output der Industrie im engeren Sinne nur um 0,1%. Die kräftigsten Rückgänge verzeichneten die besonders energieintensiven Wirtschaftszweige chemische Erzeugnisse (−3,1%) sowie Kokerei und Mineralölverarbeitung (−4,5%). Destatis zufolge war die Herstellung hier „durch die Einschränkungen im Gütertransport in der Binnenschifffahrt infolge des starken Niedrigwassers beeinträchtigt“. Die Produktion insgesamt wird aber nicht nur durch Preiseffekte, sondern auch durch den wieder zunehmenden Materialmangel gebremst.

Die Verbraucher hingegen schnallen den Gürtel wegen der rekordhohen Inflation von aktuell 10,0% in nationaler Rechnung enger. Wie sehr die Preissteigerungen auf die Einzelhandelsumsätze durchschlagen, zeigt die Differenz zwischen dem realen, also preisbereinigten, Erlösrückgang von 1,3% zum nominalen Umsatzplus von 0,1% im Monatsvergleich. Gegenüber August 2021 setzten die Einzelhändler real 4,3% weniger um, während die Erlöse nominal um 5,4% kletterten.

„Der Lebensmitteleinzelhandel bekommt derzeit die volle Breitseite der Teuerung ab“, kommentierte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, das reale Umsatzminus von 1,7% zum Juli. „Die Bürger sparen an der täglichen Nahrung“, aber auch auf das vermeintliche Schnäppchen im Internet werde verzichtet, analysiert Gitzel. Im Internet- und Versandhandel sanken die Umsätze real um 7,0%. Umgekehrt konnten die Tankstellen die größten Umsatzsprünge vermelden seit Start der Zeitreihe 1944: zum Vormonat um real 14,0% und zum Vorjahr um real 12,6%. Im August, dem letzten Monat, in dem der Tankrabatt galt, war der Umsatz somit um 24,5% höher als im Mai, dem Monat vor dessen Einführung. „Möglicherweise haben die Konsumenten den letzten Monat des Tankrabatts genutzt, um ihre Vorräte noch einmal aufzufüllen“, vermutet Destatis.

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