US-Geldpolitik

Bei der Fed haben nun Falken die Oberhand

Die US-Notenbank könnte dieses Jahr mehrere Zinserhöhungen um 50 Basispunkte beschließen und wird beim Bilanzabbau aggressiver vorgehen als erwartet. Das weckt Befürchtungen, die Fed könnte zu weit gehen.

Bei der Fed haben nun Falken die Oberhand

det Washington

Im Kampf gegen die hohe Inflation will die US-Notenbank Fed die geldpolitischen Zügel straffer ziehen, als viele Analysten bislang vorausgesagt haben. Das geht aus dem Protokoll der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) hervor. Demnach wäre der Leitzins mutmaßlich bereits im März um gleich 50 statt der beschlossenen 25 Basispunkte gestiegen, wäre nicht der Krieg in der Ukraine und die daraus resultierende Unsicherheit dazwischengekommen. Unerwartet hoch ist auch das avisierte Tempo für den angestrebten Bilanzabbau.

US-Notenbankchef Jerome Powell und andere Fed-Gouverneure waren im Vorfeld der Zinswende um hohe Transparenz über das Vorgehen der Fed bemüht. Ungeachtet dessen hat das Sitzungsprotokoll für gewisse Überraschungen gesorgt, nachdem die Fed Mitte März mit einer ersten Erhöhung der Federal Funds Rate auf die Spanne von 0,25 bis 0,5% die Zinswende eingeleitet hat.

Laut dem Protokoll peilt das FOMC eine monatliche Reduktion des in der Coronakrise erworbenen Bestands an Wertpapieren um 95 Mrd. Dollar an. Davon entfallen 60 Mrd. auf Staatsanleihen und 35 Mrd. Dollar auf hypothekenbesicherte Wertpa­piere. Nach jetzigem Planungsstand will die Fed in etwa drei Monaten diesen Maximalwert erreichen. Ausgegangen waren Ökonomen von Verkäufen in einer Größenordnung zwischen 70 und maximal 80 Mrd. Dollar.

Zwar hatte Powell in jüngster Zeit signalisiert, dass die Währungshüter „alles Notwendige“ unternehmen werden, um die Preisspirale in den Griff zu bekommen. Auch hatte Vorstandsmitglied Lael Brainard kürzlich von der „viel zu hohen Inflation“ gesprochen und gesagt, dass weitere Zinserhöhungen von einem „rapiden Bilanzabbau“ begleitet werden würden. Das Tempo dürfte nun in der Spitze fast doppelt so hoch ausfallen wie bei der geldpolitischen Wende 2017. Seinerzeit erreichte der Bilanzabbau 50 Mrd. Dollar pro Monat.

Der Preisauftrieb in den USA hat sich weiter verstärkt. Angesichts dessen scheint der ehrgeizige Fahrplan berechtigt. So legte der PCE-Preis­index, der bevorzugte Indikator der Notenbank, im Februar um 6,4% zu und dürfte weiter steigen. Folglich ist nach Ansicht der meisten Analysten eine Anhebung der Federal Funds um 50 Basispunkte Anfang Mai eine ausgemachte Sache. Auch ist laut dem Protokoll im weiteren Jahresverlauf mit mehreren Straffungen in dieser Höhe zu rechnen.

Dem Bilanzabbau wollen die Währungshüter hingegen eine Grenze setzen. Sie gaben die Devise aus, dass die Notenbank an einem „ausreichenden Rahmenwerk von Reserven“ festhalten werde. Volkswirte deuten dies als Signal dafür, dass die Anleiheverkäufe eingestellt werden, bevor die Bilanzsumme auf jene 4,2 Bill. Dollar geschrumpft ist, welche die Fed vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie gehalten hatte.

Die Sorgen der meisten Experten gelten nun der Möglichkeit, dass die Fed den Bogen überspannen und mit ihrer falkenhaften Wende zu weit gehen könnte. So spricht J.-P.-Morgan-Chef Jamie Dimon von einem „dramatischen Anstieg“ der Rezessionsrisiken. Nach Ansicht von William Dudley, der bis 2018 Präsident der Federal Reserve Bank von New York war, liegt ein großer Teil der Verantwortung bei der Notenbank selbst. Die Fed habe die Inflationsrisiken „zu spät erkannt, und dadurch wird eine harte Landung unvermeidlich sein“.

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