US-Arbeitsmarkt

Beschäftigungslage weiter robust

US-Notenbankchef Jerome Powell sprach jüngst von einem „überhitzten Arbeitsmarkt“. Die aktuellen Zahlen dürften ihn kaum eines Besseren belehren.

Beschäftigungslage weiter robust

det Washington

Der US-Arbeitsmarkt ist mit Schwung ins Schlussquartal gestartet, könnte sich nach Ansicht der meisten Experten aber als Folge der straffen Zinspolitik der Notenbank Fed in den kommenden Monaten deutlich abschwächen. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums meldete, wurden im Oktober außerhalb der Landwirtschaft 261000 neue Stellen geschaffen. Erwartet hatten Bankvolkswirte ein Plus von etwa 200000. Die Arbeitslosenquote stieg von 3,5 auf 3,7%. Die Zahl übertraf die Markterwartungen um 0,1 Prozentpunkt. Zwar stiegen die Löhne weniger kräftig als im Vormonat, dürften aber dennoch zu der andauernd hohen Inflation beitragen.

Als positiv heben Ökonomen hervor, dass das Stellenwachstum weit verbreitet war. So entstanden im Gesundheitswesen 53000 neue Jobs. Bei Fachdienstleistern und in technischen Berufen wurden 43000 neue Mitarbeiter eingestellt. Solide Zu­wächse wurden zudem in der Gast- und Freizeitindustrie sowie dem verarbeitenden Gewerbe gemessen. Auch stellte das BLS fest, dass der Arbeitsmarkt im Vormonat kräftiger zugelegt hatte als zunächst angenommen. Der Beschäftigungsaufbau im September wurde nämlich um 52000 auf 315000 nach oben revidiert.

Unterdessen wird die Notenbank der Lohnentwicklung besondere Aufmerksamkeit schenken. Die durchschnittlichen Stundenlöhne und Gehälter stiegen gegenüber September um 0,4%. Das übertrifft leicht die prognostizierte Zunahme um 0,3%. Auf Jahressicht kletterten die Löhne aber um 4,7%. ein spürbarer Rückgang gegenüber dem zuvor ermittelten Anstieg um 5,0%. Die Partizipationsrate lag im Oktober bei 62,2% und blieb damit praktisch unverändert.

„Überhitzter Arbeitsmarkt“

Zwar hatte Notenbankchef Jerome Powell am Mittwoch in seiner Pressekonferenz nach der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) gesagt, dass „der Arbeitsmarkt überhitzt ist“. Auch betonte er, dass die jährlichen Lohnsteigerungen „nicht in Einklang zu bringen sind mit unserem Inflationsziel von 2%“. Experten weisen aber darauf hin, dass die Neueinstellungen so schwach ausfielen wie zuletzt im Dezember 2020, obwohl das Stellenwachstum im Oktober die Markterwartungen übertraf.

Während Powell von Überhitzung sprach und sich Sorgen um den Lohndruck macht, weisen viele Volkswirte auf die lauernde Rezessionsgefahr hin. So stellt Bantleon-Ökonom Andreas Busch fest, dass das Lohnwachstum zwar weiter robust sei, der Anstieg um 4,7% aber immerhin der geringste seit einem Jahr sei. Laut Busch spiegelt der jüngste Bericht die weiter „solide Verfassung des Arbeitsmarkts wider“. Dennoch beschreibt er die weiteren Aussichten als „sehr trübe“. Wenn die Wirtschaft „wie von uns erwartet in den kommenden Monaten in eine Rezession abgleitet, dann wird das Beschäftigungsumfeld immer mehr unter Druck kommen“.

Amazon lässt aufhorchen

Tom Porcelli, US-Chefökonom für RBC Capital Markets, rechnet zwar mit „keinem Absturz, doch aber mit einem langsamen Verfall des Arbeitsmarkts“, der sich bereits abzeichne. Als prominentes Beispiel nennen er und andere Experten den angekündigten Einstellungsstopp beim Online-Versandhändler Amazon. Unterdessen hat Powell ungeachtet der Lage am Arbeitsmarkt und der andauernden Rezessionsgefahr be­tont, dass die Fed gedenkt, weiter an der Zinsschraube zu drehen, um die Inflation in den Griff zu bekommen.

Das FOMC hat viermal in Folge den Leitzins um jeweils 75 Basispunkte angehoben. Nach der letzten Sitzung deutete der oberste Währungshüter zwar an, dass künftige Erhöhungen geringer ausfallen könnten, „wir aber noch einen ordentlichen Weg zurückzulegen haben“. Das Fed Watch Tool der CME Group geht davon aus, dass im Dezember die Wahrscheinlichkeit einer Straffung um 50 Basispunkte über 50% beträgt.

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