Konjunktur

Britische Inflation auf Zehnjahreshoch

Einen Tag vor Bekanntgabe des Zinsentscheids der Bank of England stellt sich heraus, dass die Teuerungsrate im November auf den höchsten Stand seit 2011 gestiegen ist. Doch die Wirtschaft bremst ab.

Britische Inflation auf Zehnjahreshoch

hip London

In Großbritannien ist die Teuerungsrate im November auf den höchsten Stand seit September 2011 gestiegen. Wie das Statistikamt ONS einen Tag vor Bekanntgabe des Zinsentscheids der Bank of England mitteilte, stiegen die Verbraucherpreise um 5,1 %. Volkswirte hatten lediglich 4,8 % angesetzt. Das Inflationsziel der Notenbank liegt bei 2,0 %. Im Vormonat hatte der Preisauftrieb noch bei 4,2 % gelegen. Der Einzelhandelspreisindex stieg im November gar um 7,1 %.

„In normalen Zeiten hätte die Bank of England den Leitzins wohl schon um 40 Basispunkte erhöht“, schreiben die Volkswirte von Bank of America. „Aber es sind keine normalen Zeiten.“ Eigentlich wäre aus ihrer Sicht bei der Sitzung des geldpolitischen Komitees (MPC, Monetary Policy Committee) ein Zinsschritt nach oben fällig gewesen, nachdem es am Arbeitsmarkt nach dem Auslaufen der Lohnsubventionierung durch die Regierung zu keinen größeren Verwerfungen kam. Doch die Ungewissheit rund um die neue Virusvariante Omikron dürfte die Geldpolitiker aus Sicht vieler Ökonomen dazu bewegen, erneut stillzuhalten. Damit verschiebt sich die vielzitierte „Zinswende“ mindestens bis Februar.

„Große Überraschung“

Ein Blick in die Inflationsdaten zeigt unter den Treibern „temporäre“ Faktoren wie den rasanten Preisanstieg für Benzin (+28,5 %). Doch lag auch die um schwankungsanfällige Komponenten bereinigte Kernrate bei 4 %. Sie erreichte damit den höchsten Stand seit Beginn der Erhebung vergleichbarer Daten 1997. Volkswirte hatten im Schnitt 3,7 % auf der Rechnung. Gebrauchtwagen verteuerten sich um 27 %, Kleidung um 3,8 %. Der HSBC-Volkswirt Chris Hare wertete die Entwicklung der Kernrate als „große Überraschung“. Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage wirkten sich offenkundig stärker aus als bislang erwartet.

Unterdessen mehren sich die Anzeichen dafür, dass die britische Wirtschaft weiter abbremst. Der Elektro-Großhändler Currys berichtete nicht nur von schrumpfendem Umsatz auf dem Heimatmarkt, sondern auch davon, dass die Nachfrage im Weihnachtsgeschäft nachlasse. Der unmittelbare Ausblick sei „ungewisser“ geworden. Hotels, Restaurants und Pubs klagen darüber, dass Kunden massenhaft Buchungen stornieren, seitdem die Regierung die Bevölkerung wegen Omikron dazu aufgefordert hat, wenn möglich von zu Hause zu arbeiten.

Die IWF-Chefin Kristalina Georgiewa empfahl den Briten, dass die Fiskalpolitik beim Umgang mit großen wirtschaftlichen Schocks auch weiterhin eine große Rolle spielen sollte. „Wir haben ihre Wirksamkeit während der Pandemie gesehen“, sagte sie. „Sollte es erneut zu breit angelegten Zwangsschließungen aus gesundheitlichen Gründen kommen, gibt es jetzt ein Handbuch, auf das man zurückgreifen kann.“ Der IWF rechnet damit, dass der Preisauftrieb 2022 bei 5,5 % seinen Gipfel erreichen wird. Schon jetzt werden Rufe laut, das Coronavirus Job Retention Programme wiederzubeleben – eine britische Version der Kurzarbeit.