Kalte Progression

Bundestag beschließt Steuersenkung

Mit dem Ausgleich der kalten Progression behalten die Steuerzahler von 2023 an mehr von ihrem Einkommen. Mehr kaufen können sie wegen der hohen Inflation damit aber nicht.

Bundestag beschließt Steuersenkung

wf Berlin

Der Bundestag hat in Berlin eine Steuerentlastung von mehr als 50 Mrd. Euro in diesem und im nächsten Jahr durch den Abbau der kalten Progression beschlossen. Zugestimmt haben neben den Regierungsfraktionen auch die CDU/CSU im Bundestag. „Wir geben ihnen das zurück, was ihnen durch die Inflation, durch die Preisentwicklung, sonst zusätzlich genommen würde“, sagt Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) mit Blick auf die Bürger. Es handele sich um eine Selbstverständlichkeit. Zugleich kritisierte Middelberg, dass die Auswirkungen der hohen Inflation nicht bereits im laufenden Jahr ausgeglichen werden. Durch das Gesetz werden zusätzliche Steuerbelastungen von 18,6 Mrd. Euro im nächsten Jahr und 31,8 Mrd. Euro 2024 verhindert. Diese Entlastung setzt sich nach 2024 fort. Betroffen sind rund 48 Millionen Steuerzahler. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen.

Mehr Kindergeld

Mit dem Inflationsausgleichsgesetz wird von 2023 an der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer von derzeit 10347 Euro auf 10632 Euro erhöht. 2024 soll er weiter auf 10932 Euro steigen. Angehoben werden auch der Kinderfreibetrag sowie das Kindergeld, das von 2023 an für jedes Kind auf 250 Euro steigt. Zugleich greift der Spitzensteuersatz von 42% erst bei höheren Einkommen, von 2023 an bei 62810 Euro, von 2024 an bei 66761 Euro. Aktuell erreichen Jahreseinkommen von 58597 Euro bereits den Spitzensatz. Die Einkommensschwelle der sogenannten Reichensteuer, die mit einem Aufschlag 45% beträgt, bleibt unverändert. Verschoben wird aber der Freibetrag für den Solidaritätszuschlag, der nur noch von oberen Einkommen sowie Unternehmen geschultert wird und rund 10 Mrd. Euro in die Kasse des Bundes spielt. Der Freibetrag steigt von bisher 16956 Euro auf 18130 Euro oder 36260 Euro bei Zusammenveranlagung.

Die Verschiebung des Einkommensteuertarifverlaufs führt dazu, dass Steuerzahler, die Lohnerhöhungen zum Inflationsausgleich erhalten, nicht mehr in eine höhere Progressionsstufe rutschen und stärker besteuert werden. Bei der kalten Progression langt der Fiskus durch diese heimliche Steuererhöhung stärker zu, ohne dass der Steuerzahler über mehr Kaufkraft verfügt. Der Finanzausschuss des Bundestags hatte zuvor den Tarifverlauf an die aktuellen Inflationserwartungen angepasst und noch deutlich erhöht. Der ursprüngliche Entwurf beruhte auf der Frühjahrsprognose des Bundes, in der die Inflationserwartungen noch niedriger lagen. Die Linke im Bundestag forderte indirekt eine Verschärfung des Progressionsverlaufs in der Einkommensteuer: Sie kritisierte, das Spitzenverdiener in absoluten Zahlen stärker profitierten als Geringverdiener. Dies sei in der aktuellen Krise nicht angemessen. Die Fraktion stimmte gegen den Gesetzentwurf. Die AfD enthielt sich. Sie verlangt eine stärkere Entlastung als nur den Ausgleich der kalten Progression. Nicht durchsetzen konnte sich die Union mit dem Vorschlag, die Überprüfung des Einkommensteuertarifverlaufs künftig jährlich vorzunehmen. Die Bundesregierung legt dem Parlament den Progressionsbericht und den Existenzminimumbericht alle zwei Jahre vor.

Bürgergeld noch umstritten

Gebilligt hat der Bundestag mit den Stimmen der drei Regierungsfraktionen das neue Bürgergeld. Es soll die Grundsicherung Hartz IV ersetzen. CDU/CSU und AfD stimmten dagegen, die Linke enthielt sich. Im Streit zwischen Regierung und Union zeichnet sich bislang keine Annäherung ab. Die Länder mit Unionsbeteiligung in der Regierung wollen das Gesetz im Bundesrat blockieren. Damit könnte der Start zum Jahresbeginn 2023 gefährdet sein. Der Bundesrat kommt am Montag zu einer Sondersitzung zusammen und soll neben der Soforthilfe für Gaskunden auch darüber abstimmen. Die Union bemängelt vor allem die vorgesehene Karenzzeit, wonach vorhandenes Vermögen erst nach zwei Jahren geprüft und angetastet werden soll. Das neue Bürgergeld soll zudem das Schonvermögen erhöhen. Die Regelsätze sollen steigen, und Ar­beitssuchende sollen weniger Druck von den Jobcentern bekommen.

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