Chinas Deflationstendenz verfestigt sich
Chinas Deflationstendenz verfestigt sich
Erzeugerpreise sinken noch stärker – Streit mit USA bremst Exportwachstum – Nächste Runde im Handelsdialog
nh Schanghai
Chinas Handelskonflikt mit den USA erzeugt Bremsspuren, die sich in den jüngsten Konjunkturdaten zum Außenhandel und dem Erzeugerpreistrend jetzt deutlicher abzeichnen. Der bilaterale Handel zwischen den weltgrößten Volkswirtschaften ist vom Auf und Ab der gegenseitig verhängten Strafzölle stark beeinträchtigt worden und erhöht den Preissenkungsdruck bei chinesischen Exporteuren.
Exportwachstum flacht ab
Im Mai sind die chinesischen Ausfuhren in die USA im Zuge der großen Unsicherheit zu den Zollraten um gut ein Drittel gegenüber Vorjahresmonat gesunken. Insgesamt befindet sich Chinas Exportwirtschaft weiterhin auf Wachstumskurs – allerdings mit gebremsten Tempo. So zogen die weltweiten Ausfuhren im Mai noch um 4,8% gegenüber Vorjahresmonat an. In den vorangegangenen Monaten waren sie jedoch deutlich kräftiger um 8 beziehungsweise gut 12% geklettert.
Erzeugerpreise gleiten tiefer ab
Parallel dazu sieht man in den Inflationsdaten für den Monat Mai verstärkten Abwärtsdruck bei den Erzeugerpreisen. Der Produktionspreisindex sank um 3,3% gegenüber Vorjahresmonat, zuvor im April betrug das Minus 2,7%. Chinas Erzeugerpreise befinden sich bereits seit dem Herbst 2022 ununterbrochen im Deflationsterritorium. Hoffnungen auf eine graduelle Erholung haben sich nicht erfüllt. In einigen Branchen, insbesondere der Autoindustrie, erlebt man vielmehr einen gesteigerten Preissenkungswettbewerb. Der heftige Konkurrenzdruck im Ringen um Marktanteile macht sich bei höherwertigen Konsumgütern stark bemerkbar. Entsprechend zäh ist die Entwicklung des Konsumpreisindex.

Kerninflation leicht höher
Bei den Verbraucherpreisen wird zum vierten Monat in Folge die Nulllinie unterschritten. Im Mai glitt der Konsumpreisindex wie schon im April um 0,1% gegenüber Vorjahresmonat ab. Die Konsensschätzung der Analysten hatte einen etwas kräftigeren Rückgang um 0,2% erwarten lassen. Als einziger kleiner Lichtblick erweist sich eine leichte Kräftigung der um Lebensmittel- und Energiepreise bereinigten Kerninflationsrate, die im Mai um 0,6 nach zuvor 0,5% anstieg.
Rückläufige Importe
Trotz verstärkter Konsumanregungsmaßnahmen durch Verbrauchersubventionen und Umtauschprogramme für Elektroautos, Konsumelektronik und andere Haushaltsgüter rechnen die Experten nicht mit einer wesentlichen Aufhellung des Konsumklimas. Die jüngsten Einkaufsmanagerindizes für Mai lassen noch wenig Impulswirkung im Dienstleistungssektor erkennen, während die unsichere Auftragslage in der Exportwirtschaft auf den Stimmungsindikatoren für das Verarbeitende Gewerbe lastet. Im Rahmen der Außenhandelsdaten wiederum gilt ein erneuter Rückgang der Importe um diesmal 3,4% gegenüber Vormonat als weiterführendes Anzeichen für eine verhaltene Binnennachfrage.
Neuer Kompromiss gesucht
Die Marktteilnehmer schielen nun vor allem auf die Ergebnisse einer neuen Dialogrunde zwischen handelspolitischen Spitzenvertretern Chinas und der USA. Die am Dienstag in London fortgeführten Gespräche konzentrieren sich nun auf das Reizthema Exportkontrollen.
China hat mit der einstweiligen Beschränkung der Ausfuhr kritischer Mineralien und sogenannter Seltenen Erden eine Engpasssituation geschaffen, die in zahlreichen Industriebranchen für Unruhe sorgt. Washington wiederum verärgert Peking mit erweiterten Restriktionen im Bereich der Chiptechnologie. Nun ist ein Kompromiss erforderlich, um den im Mai in Genf getroffenen Akkord zu einer deutlichen Senkung der gegenseitigen Strafzölle weiter abzusichern.