Inflation

Deutsche Erzeugerpreise schnellen in die Höhe

Die Erzeugerpreise haben erneut einen Rekordsprung hingelegt und schossen um 30,9% nach oben. Sie gelten als Vorboten für die Verbraucherpreise. Rufe nach Zinserhöhungen werden im EZB-Rat lauter.

Deutsche Erzeugerpreise schnellen in die Höhe

ast Frankfurt

Der Preisdruck in Deutschland hat auch im März weiter zugenommen. Aktuelle Vorboten einer anhaltend hohen Inflation sind die Erzeugerpreise. Sie schnellten im März abermals mit einem Rekordsprung in die Höhe, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Durchschnittlich um 30,9% hoben die Produzenten ihre Preise an. Einen stärkeren Anstieg gab es nie seit Beginn der Erhebung 1949. „Die aktuellen Daten spiegeln bereits erste Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine wider“, analysierten die Statistiker. Allem voran verteuerte sich Energie, aber auch viele andere Güter wie Nahrungsmittel.

Den größten Preisschub lösten Destatis zufolge abermals die gestiegenen Energiepreise aus. Sie verteuerte sich im März um 83,8%. Erdgas kostete dabei 144,8% mehr als im Vorjahresmonat, Strom 85,1% und leichtes Heizöl 130,8% mehr. Ohne die kostentreibende Energie lagen die Erzeugerpreise insgesamt 14% über dem Vorjahreswert. Allerdings registrierten die Statistiker auch bei Nahrungsmitteln ein deutliches Preisplus von 12,2%. Besonders stark stiegen hier die Preise für pflanzliche Öle, Butter und Kaffee. Deutlich mehr verlangt wurde zudem für Düngemittel und Stickstoffverbindungen (+87,2%).

Ökonomen hatten zwar einen starken Anstieg der Erzeugerpreise infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine Ende Februar erwartet, waren allerdings von lediglich 28,2% ausgegangen. Inzwischen halten sie noch höhere Teuerungsraten für möglich. „Bei den Erzeugerpreisen ist das definitiv noch nicht das Ende der Fahnenstange“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. „Wir können locker 50-%-Raten bekommen.“ Dem ING-Ökonomen zufolge ist erst im Sommer mit moderateren Anstiegen zu rechnen, ein starker Rückgang dürfte aber ausbleiben. „Für die Verbraucher sind das schlechte Neuigkeiten“, sagte Brzeski. „Viel davon wird weitergegeben werden, so dass wir uns auf Inflationsraten im zweistelligen Bereich vorbereiten können.“

Die Produzentenpreise gelten als Vorläufer für die Verbraucherpreise. Aktuell ist die Inflationsrate mit 7,3% bereits so hoch wie zuletzt 1981. Auch die Wirtschaftsweisen halten zweistellige Inflationsraten 2022 für möglich.

Zinsdebatte auf Touren

Die Europäische Zentralbank (EZB) steckt in der Zwickmühle, die hohe Inflation einzufangen, ohne die Erholung nach der Coronakrise zu gefährden. Am Mittwoch fachten Bundesbankchef Joachim Nagel und der lettische Notenbankchef Martin Kazaks die Debatte im EZB-Rat an. Beide machten sich für baldige Zinserhöhungen stark. Die Geldpolitik sei gefordert, sagte Nagel in Washington. Anfang des dritten Quartals – also im Juli – könne mit einer ersten Zinsanhebung gerechnet werden. Dann seien die Anleihenkäufe vermutlich abgeschlossen. Er spreche sich aber gegen hastige Zinserhöhungen aus (siehe Text auf Seite 5).

„Eine Zinserhöhung im Juli ist möglich“, sagte Kazaks zu Bloomberg. Derzeit beträgt der Einlagensatz für Banken −0,5%. Die Finanzmärkte erwarten, dass die EZB den Einlagensatz dieses Jahr auf null anhebt. Kazaks bestätigte diese Erwartungen. „Ich habe keinen Grund, mit den Markterwartungen für die zweite Jahreshälfte nicht einverstanden zu sein.“ Kazaks gilt allerdings eher als geldpolitischer Falke und spricht sich daher im Zweifel eher für eine geldpolitische Straffung mit Zinserhöhungen aus.

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