Antrittsbesuch in Washington

Merz legt gelungenes Debüt im Weißen Haus hin

Während seines Antrittsbesuchs bei Donald Trump hat Bundeskanzler Friedrich Merz von einem Faktor profitiert: Der US-Präsident ist durch innenpolitische Probleme abgelenkt.

Merz legt gelungenes Debüt im Weißen Haus hin

Von Peter De Thier

Für Bundeskanzler Friedrich Merz war es ein Auftakt nach Maß. Denn so freundlich verlief der Antrittsbesuch eines neu gewählten deutschen Regierungschefs in Washington zuletzt vor 18 Jahren. Damals überschütteten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident George W. Bush gegenseitig mit Komplimenten. Der Republikaner freute sich darüber, nach dem frostigen Verhältnis zu Merkels Vorgänger Gerhard Schröder einen deutschen Gesprächspartner gefunden zu haben, der seinen Positionen mehr Verständnis entgegenbrachte.  

Durchaus vergleichbar war die Stimmung am Donnerstag in Washington, als US-Präsident Donald Trump den Kanzler im Oval Office des Weißen Hauses empfing. Lob auf beiden Seiten, großer Respekt seitens beider Politiker und Bekenntnisse zur Zusammenarbeit in den wichtigsten geopolitischen Fragen: Einer möglichst schnellen Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, einer Beilegung des transatlantischen Handelsstreits und einer weiteren Entschärfung des schwelenden Disputs um die Höhe des deutschen Rüstungsetats. 

Anfängliche Verunsicherung

Dabei war keineswegs sicher, dass die Begegnung so glimpflich über die Bühne gehen würde. Am Vormittag krempelte das Weiße Haus nämlich überraschend die Tagesordnung um. Anstelle einer Pressekonferenz nach dem gemeinsamen Mittagessen würden sich Trump und Merz nun vorher im Oval Office den Fragen der Reporter stellen, hieß es plötzlich.

Prompt kam in der Delegation des Kanzlers der Verdacht auf, dass womöglich ein Angriff aus dem Hinterhalt lauert – wie ihn im Februar der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj und später Südafrikas Regierungschef Cyril Ramaphosa erlebten. Schließlich war Trump durchaus vertraut mit kritischen Bemerkungen des CDU-Politikers aus der Vergangenheit. Beispielsweise, dass Europa sich militärisch und wirtschaftlich von den USA abnabeln müssten, erst recht unter einem unberechenbaren Präsidenten wie Trump. 

Kritik am deutschen Überschuss

Dazu gesellten sich noch ungelöste politische Probleme. Seit Jahrzehnten wettert Trump gegen deutsche Handelsüberschüsse, schon in seiner ersten Amtszeit drohte er, dass keine Autos aus dem Hause Daimler mehr über die Straßen Manhattans rollen sollten. Der deutsche Überschuss im Warenhandel mit den USA stieg im vergangenen Jahr auf 85 Mrd. und sorgte bei Trumps handelspolitischen Beratern für weitere Irritation. 

Nicht selten unterstellte er Politikern auch, Wechselkurse zu manipulieren, um der deutschen Ausfuhrwirtschaft Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Diesen Vorwurf erhob Trump noch lange nach der Einführung des Euro, als entsprechende Kompetenzen schon längst an die Europäische Zentralbank (EZB) übergegangen waren.

Gegenseitige Komplimente

Die Differenzen zwischen den beiden Politikern wurden aber nur in Ansätzen erkennbar. Trump lobte den Kanzler als „ großartigen Vertreter Deutschlands“. Scherzhaft und zugleich respektvoll fügte er hinzu, dass Merz „ein schwieriger Gesprächspartner ist“. Merz erwiderte die freundlichen Worte mit einem strategischen Kompliment. „Sie, Herr Präsident, sind in einer sehr starken Position, um den Krieg in der Ukraine zu beenden“. Daran sollten die USA und Europa gemeinsam arbeiten und den Druck auf den Kreml entsprechend verstärken. 

Förderlich waren der Stimmung auch humorvolle Einlagen des Präsidenten. So kalauerte Trump, der legendäre „General Douglas MacArthur hätte das nach dem Zweiten Weltkrieg niemals gesagt, aber ich finde es positiv, dass Deutschland nun mehr für das Militär ausgibt“. Auch bekräftigte Trump seine Absicht, auf ein Handelsabkommen mit der EU hinzuarbeiten.

Handelspolitik bleibt in Brüssel

Anders als in der Vergangenheit erkannte Trump an, dass der Kanzler kein Wortführer für Europa sein kann, sondern die Außenhandelspolitik von der EU-Kommission bestimmt wird. Dennoch zeigte sich der Präsident optimistisch, dass man sich noch vor dem 9. Juli auf einen Deal verständigen werde. Bis dahin hatte er Zölle für europäische Einfuhren, die er in Höhe von 50% angedroht hatte, ausgesetzt.

Taktisch profitierte der Kanzler davon, das ungelöste transatlantische Streitpunkte angesichts der innenpolitischen Querelen in den Hintergrund treten. Das Zerwürfnis mit Elon Musk – das später deutlich eskalierte – war eines der beherrschenden Themen in dem gemeinsamen, 45 Minuten langen Auftritt.  Auch waren die Gedanken des Präsidenten noch bei seinem Telefonat mit Chinas Präsident Xi Jinping.

Vergleich zu Xi Jinping

Das war auch der entscheidende Anstoß, um dem hohen Gast aus Berlin mit einem Kompliment auf den Heimweg zu schicken. Trump sagte, er habe in den letzten Tagen „mit zwei großen Staatsmännern gesprochen, mit Xi Jinping und nun dem Kanzler“. Unterm Strich hat Merz damit ein eindrucksvolles Debüt in Washington hingelegt, das bei Politbeobachtern für die transatlantischen Beziehungen zumindest leise Hoffnungen aufkommen lässt.