Ifo-Geschäftsklima

Engpässe dämpfen Stimmung

Die Corona-Pandemie hat die deutsche Wirtschaft weiter fest im Griff. Sorgen vor dem weiteren Infektionsgeschehen und die anhaltenden Lieferengpässe sorgen für das dritte aufeinanderfolgende Minus beim Ifo-Geschäftsklima – normal das Zeichen einer Trendwende.

Engpässe dämpfen Stimmung

ba Frankfurt – Die Erholung der deutschen Wirtschaft wird zunehmend wieder von den Folgen der Corona-Pandemie gebremst. Während die Industrie wegen der anhaltenden Lieferprobleme und Materialengpässe die rekordhohen Auftragsbestände nicht abarbeiten kann und ein Ende der Misere noch nicht in Sicht ist, laufen bei den Dienstleistern die Nachholeffekte aus. Zum Ende des dritten Quartals signalisieren sämtliche Konjunkturindikatoren, dass die Gangart zum Jahresende hin wieder gemächlicher wird.

Im September hat die Stimmung auf den Chefetagen erneut einen Dämpfer erhalten. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel um 1,2 auf 98,8 Punkte, wobei sowohl die aktuelle Lage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate schwächer als zuvor eingeschätzt wurden. Ökonomen hatten lediglich einen Rückgang auf 99,0 Punkte erwartet. Dies ist der dritte Rückgang in Folge, der von Experten im Regelfall als Trendwende gewertet wird.

Aktuell wird der grundsätzliche Aufwärtstrend der Wirtschaft von Ökonomen noch nicht in Frage gestellt, allerdings wird für das Jahresende eine langsamere Gangart prophezeit. Zudem werden in den Herbstprognosen, die dieser Tage veröffentlicht werden, die Voraussagen für 2021 reihenweise gekappt und dafür die Erwartungen an das kommende Jahr erhöht. Grund dafür sind eben die spürbaren Materialengpässe, die die Industrieproduktion bremsen. Es wird aber auch erwartet, dass im Herbst und Winter die Dienstleister von der Pandemie wieder stärker beeinträchtigt werden – wenn auch kein genereller Lockdown mehr befürchtet wird.

„Flaschenhals-Rezession“

Die Umfrageindikatoren wie die Konjunkturerwartungen von ZEW und Sentix oder der Einkaufsmanagerindex seien dabei einen Abwärtstrend auszubilden oder – wie im Falle des Ifo-Geschäftsklimas – schon darauf eingeschwenkt, kommentierte Deka-Ökonom Andreas Scheuerle. Es bleibe aber dabei, „dass es sich um eine Konjunkturdelle handelt und nicht um einen Abwärtstrend, der in eine Rezession mündet“.

Ifo-Präsident Clemens Fuest hingegen spricht von einer „Flaschenhals-Rezession“, die die Industrie erlebe. Im verarbeitenden Gewerbe ist das Geschäftsklima denn auch deutlich gefallen. Rasche Besserung ist zudem nicht in Sicht: „Die Beschaffungskrise wird mindestens bis zum Ende des Jahres anhalten“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. „Der Peak ist noch nicht überschritten.“ Derzeit klagen fast 80% der Industriebetriebe über Engpässe bei Vorprodukten. Im August waren es noch 70%, im Juli 64%. „Die Lager der Unternehmen sind leer gefegt“, sagte Wohl­rabe. Die Industriebetriebe planten, ihre Preise zu erhöhen und die gestiegenen Kosten so an die Kunden weiterzureichen.

Seit Jahresbeginn steigt die Inflation hierzulande deutlich. Es wird aber erwartet, dass die Produktion deutlich anzieht, sobald sich die Lieferprobleme­ auflösen. Um mit dem gegenwärtigen Auftragsniveau gleichzuziehen, müsste die Produktion um 15% bis 20% gesteigert werden, rechnet Bantleon-Ökonom Jörg Angelé vor. Eine solche Entwicklung schlüge sich auch positiv auf die unternehmensnahen Dienstleistungsbranchen nieder.

Bei den Dienstleistern hellte sich das Geschäftsklima wegen besserer Erwartungen auf. „Im Bereich Tourismus und Gastgewerbe ist eine gewisse Zuversicht zurückgekehrt“, sagte Fuest. In der Logistik trübten sich die Aussichten hingegen im Gleichklang mit der Industrie ein. Im Handel blieb der Index laut Ifo nahezu­ unverändert. Deka-Ökonom Scheuerle sieht hier die Erholungsrally beendet, die Probleme würden wieder zunehmen. Auch Fuest betonte, dass eine große Mehrheit der Händler von Lieferproblemen bei der Beschaffung berichtete. Scheuerle spricht bereits von Warnungen vor fehlenden Weihnachtswaren.

Rund läuft es im Baugewerbe, wo sich das Geschäftsklima deutlich verbessert hat. „Es herrscht keine Euphorie, aber die Baubranche ist sehr solide aufgestellt“, konstatierte Wohlrabe.

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