Geldpolitik

Euro-Hüter senden unterschiedliche Signale

Die Rekordinflation im Euroraum erhöht den Druck auf die EZB, dem Beispiel der Fed und anderer Zentralbanken zu folgen und rasch die Leitzinsen zu erhöhen. Davon sind aber nicht alle Euro-Hüter überzeugt.

Euro-Hüter senden unterschiedliche Signale

ms Frankfurt

Während die US-Notenbank Fed und viele andere Zentralbanken weltweit mit deutlichen Zinserhöhungen gegen die zu hohe Inflation kämpfen, kommen aus der Europäischen Zentralbank (EZB) durchaus gemischte Signale. Zwar befürworten alle Notenbanker eine Normalisierung der ultralockeren Geldpolitik. Aber vor allem zum Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung sowie zum weiteren Zinspfad gibt es unterschiedliche Aussagen.

Im Euroraum ist die Inflation im April erneut auf ein absolutes Rekordniveau von 7,5% gestiegen – weit oberhalb des EZB-Ziels von 2,0%. Zugleich droht aber vor allem der europäischen Wirtschaft durch den Ukraine-Krieg ein schwerer Schlag. Die EZB agiert deshalb vorsichtiger als etwa die Fed. Das sorgt aber vor allem in Deutschland für zunehmende und teils heftige Kritik.

Bei der bislang letzten Zinssitzung im April hatte der EZB-Rat ein Ende der billionenschweren Nettoanleihekäufe im Zuge des Kaufprogramms APP im dritten Quartal avisiert. Das Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP hatte der Rat bereits im März auslaufen lassen. Zu Zinserhöhungen hatte er sich aber bedeckt gehalten. Seitdem hat die Debatte unter den Euro-Hütern Fahrt aufgenommen, ob bereits im Juli eine Zinswende kommen könnte.

Am Donnerstag trat EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta ein wenig auf die Bremse. Er argumentierte in der Zeitung „La Stampa“, dass es unklug wäre, bei den Zinsen zu handeln, bevor die Wirtschaftsdaten aus dem zweiten Quartal bekannt seien. Die europäische Wirtschaft „stagniert de facto“ wegen des Ukraine-Kriegs, warnte Panetta. Zwar sagte er auch, dass Anleihekäufe und Negativzinsen nicht mehr nötig seien. Aber er betonte, es mache keinen großen Unterschied, ob der Zins drei Monate früher oder später erhöht werde. Insgesamt waren Panettas Aussagen sehr viel vorsichtiger als die anderer Euro-Notenbanker. Panetta gilt im EZB-Rat als stärkster Befürworter einer im Zweifelsfall eher lockereren Geldpolitik („Taube“).

Tags zuvor hatte etwa EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel vorausschauendes Handeln der EZB angemahnt und eine Zinserhöhung im Juli als möglich bezeichnet. Diese Option hatte zuvor unter anderem auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel bereits ins Spiel gebracht.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane betonte am Donnerstag, dass der Zeitplan für den Abschluss der Normalisierung unsicher sei. Bei einer Veranstaltung der Brüsseler Denkfabrik Bruegel begründete er das damit, dass die EZB beobachten müsse, wie veränderte Finanzierungsbedingungen die Inflationsdynamik beeinflussen. Ein weiterer Faktor seien die unklaren Auswirkungen des Kriegs gegen die Ukraine. Zugleich signalisierte er für die Zukunft aber eine Abfolge von Zinserhöhungen. „Ich denke, es ist klar, dass wir irgendwann die Zinsen bewegen, nicht nur einmal, sondern über die Zeit in einer Abfolge.“ Der gesamte Prozess der Normalisierung sei wichtiger als der eigentliche Zeitpunkt der Zinswende.

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