Geldpolitik

EZB-Granden betonen Unsicher­heit bei Inflation

EZB-Direktorin Schnabel spricht in einem Zeitungsinterview von „Aufwärtsrisiken für die Inflation“. Österreichs Notenbankchef Holzmann facht die Debatte über eine Zinswende an. Auch andere mahnen.

EZB-Granden betonen Unsicher­heit bei Inflation

rec Frankfurt

Angesichts steigender Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Inflation im Euroraum nehmen Mahnungen hochrangiger Notenbanker der Europäischen Zentralbank (EZB) zu. EZB-Direktorin Isabel Schnabel sagte in einem Zeitungsinterview: „Wir wissen, dass die Inflation eine gewisse Zeit lang hoch sein wird, aber auch, dass sie im Laufe des nächsten Jahres zurückgehen wird. Weniger sicher sind wir uns darüber, wie schnell und wie stark der Rückgang sein wird.“ Ähnlich äußerten sich mehrere Kollegen Schnabels aus dem EZB-Rat. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann brachte eine Zinswende be­reits im kommenden Jahr ins Spiel.

Die Inflationsrate im Euroraum ist auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro gesprungen. Für Dezember erwarten Volkswirte abermals eine Teuerung in der Größenordnung der zuletzt erreichten 4,9%. Weil Basis- und Sondereffekte auslaufen, dürfte die Inflation im neuen Jahr nachlassen. Umstritten ist, wie stark und anhaltend der erwartete Rückgang sein wird. Die EZB hat ihre Inflationsprognosen durch die Bank angehoben, rechnet aber damit, dass die Inflation 2023 unter ihr Ziel von 1,8% zurückfällt. Diese Einschätzung teilen nicht alle EZB-Granden.

In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der französischen Tageszeitung „Le Monde“ betonte Schnabel: „Wir sind uns der Unsicherheit unserer Inflationsprognosen durchaus bewusst. Es besteht ein Aufwärtsrisiko.“ In den vergangenen Monaten hatte Schnabel beim Thema Inflation eher beschwichtigt. Sie mahnte zudem, bei einer zu schnellen Abkehr von der sehr lockeren Geldpolitik „bestünde die Gefahr, dass der Aufschwung durch eine zu abrupte Verschärfung der Finanzierungsbedingungen abgewürgt wird“.

Einen Schritt weiter ging EZB-Ratsmitglied Holzmann. Er brachte eine schnellere Rückführung der Anleihekäufe samt Zinswende ins Spiel. „Wir können im Rat jederzeit die Käufe, die noch ausstehend sind im APP, kürzen oder aussetzen“, sagte Holzmann, der als Vertreter einer straffen Geldpolitik gilt. Der EZB-Rat hatte Mitte Dezember entschieden, das Pandemie-Notfallkaufprogramm PEPP ab April ruhen zu lassen und vorübergehend die Käufe über das reguläre Kaufprogramm APP aufzustocken. Im Extremfall wäre es laut Holzmann möglich, die Käufe im Laufe des kommenden Jahres auszusetzen. Dann könne Ende 2022 oder Anfang 2023 die Zinswende kommen: „Etwa zeitgleich mit der dritten Zinserhöhung in den USA – wir sind immer etwas später dran.“

In den Tagen vor Weihnachten meldeten sich weitere Euro-Notenbanker zu Wort. EZB-Vize Luis de Guindos sagte im spanischen Radio: „Unsere Inflation ist hartnäckiger und – sagen wir mal – nicht so vo­rübergehend, wie wir erwartet hatten.“ Der Zentralbankchef der Slowakei, Peter Kazimir, sagte bei einer Pressekonferenz: „Es besteht ein nicht geringes Risiko, dass die erhöhte Inflation noch länger anhält.“ Sein Kollege aus Estland, Madis Müller, sagte, die Omikron-Variante des Coronavirus könnte die Inflation im Euroraum in die eine oder andere Richtung treiben – je nachdem, wie Regierungen, Unternehmen und Verbraucher darauf reagieren. „Aus heutiger Sicht ist schwer zu sagen, in welche Richtung es gehen wird.“