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EZB stemmt sich gegen Inflationsängste

Das Thema Inflation erhitzt immer stärker die Gemüter in Deutschland. Die EZB hält dagegen – und warnt im Gegenteil sogar vor einer mittel- und langfristig zu niedrigen Teuerung.

EZB stemmt sich gegen Inflationsängste

ms Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich gegen die in Deutschland zunehmenden Inflationssorgen – und warnt im Gegenteil sogar vor einer mittel- und langfristig zu niedrigen Teuerung. „So überraschend das für manchen klingen mag: Wir sorgen uns eher darum, dass die Inflationsrate auf mittlere Sicht zu niedrig ausfällt statt zu hoch“, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel jetzt dem Magazin „Focus“. Zugleich nehmen die Signale für eine weiter und länger als erwartet anziehende Inflation zu.

Das Thema Inflation erhitzt immer stärker die Gemüter in Deutschland. Seit Jahresbeginn hat die Teuerung deutlich und stärker als erwartet angezogen. Im Juli lag sie gemäß EU-Berechnung bei 3,1% und in nationaler Rechnung sogar bei 3,8%. Für den Jahresverlauf scheinen bis zu 5% denkbar. Im Euroraum hat die Inflation ebenfalls angezogen und lag im Juli bei 2,2% – mit Tendenz Richtung 3%. Die EZB betrachtet das als temporär, weshalb sie keine Abkehr von ihrer ultralockeren Geldpolitik erwägt. Zweifel und Kritik daran nehmen aber zu.

Schnabel verteidigt den EZB-Kurs nun. „Wir rechnen zwar damit, dass die Inflation in diesem Jahr zunächst weiter steigen wird – gerade in Deutschland. Aber ab Beginn des nächsten Jahres gehen wir von einem deutlichen Rückgang der Inflation aus“, sagte sie. Der aktuelle Preisauftrieb sei stark von Sonder- und Basiseffekten infolge der Corona-Pandemie getrieben. Wenn man das Preisniveau heute mit dem Niveau der Zeit vor der Pandemie vergleiche, „sieht das schon sehr viel weniger dramatisch aus“, so Schnabel.

Auch die Bundesbank geht mittel- und langfristig von wieder sinkenden Inflationsraten aus. Zugleich hatte Bundesbankpräsident Jens Weidmann unlängst aber gemahnt, das Risiko einer dauerhaft höheren Inflation nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Ich werde jedenfalls darauf drängen, auch das Risiko einer zu hohen Inflationsrate genau im Blick zu behalten und nicht nur auf das Risiko einer zu niedrigen Inflationsrate zu schauen“, sagte er.

In ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht August untermauerte die Bundesbank ihre Einschätzung, dass sich die Inflationsrate Anfang 2022 wieder spürbar verringern werde. Gleichwohl schätzen die Experten der Notenbank, dass die Inflation noch bis Mitte 2022 oberhalb von 2% verharren werde.

Zunehmender Preisdruck

Zuletzt hat insbesondere der zunehmende Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen Zweifel geschürt, dass es sich bei dem Inflationsanstieg um ein rein temporäres Phänomen handelt. Ein klares Inflationssignal sendeten am Montag auch erneut die Preiskomponenten der von IHS Markit veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes, wie die Commerzbank hervorhob. Im August gaben 87% der Industrieunternehmen an, mehr für ihre Vorleistungen zahlen zu müssen. Gleichzeitig überwälzten viele Unternehmen die gestiegenen Produktionskosten auf ihre Kunden (69%).

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