Sitzungsprotokolle

Fed will Kurs weiter verschärfen

Die US-Notenbank steht vor einer Gratwanderung: Einerseits will sie im Kampf gegen die hohe Inflation kräftige Zinserhöhungen beschließen und bei der Bilanzreduktion weiter vorgehen. Gleichzeitig droht aber ein Konjunktureinbruch.

Fed will Kurs weiter verschärfen

det Washington

Während die US-Notenbank die Bereitschaft signalisiert, im Kampf gegen die hohe Inflation ihren Kurs weiter zu verschärfen, warnen Ökonomen gleichzeitig vor der Gefahr einer Rezession, die neue Interessenkonflikte für die Fed heraufbeschwören könnte. Im Verlauf des kommenden Jahres könnten die Währungshüter folglich gezwungen sein, Geldwertstabilität gegen Wachstumsrisiken abzuwägen und somit mehr als einmal Kursanpassungen vorzunehmen. Zwar rechnen die meisten Ökonomen zunächst mit einer weichen Landung; sie halten aber mittelfristig einen womöglich tiefen Einbruch für denkbar.

Teuerung auf 40-Jahres-Hoch

Das Protokoll der Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) vom Mai unterstreicht die Entschlossenheit, mit der die Fed-Gouverneure im Kampf gegen die Inflation vorzugehen gedenken. Demnach be­stand in dem Lenkungsgremium ein Konsens darüber, dass bei mehreren, aufeinanderfolgenden FOMC-Sitzungen der Leitzins wie auch diesen Monat geschehen um 50 Basispunkte angehoben werden müsse.

Die Sorgen über die hohen Preise, deren Anstieg am Verbraucherpreisindex ge­messen mit 8,5% im April den höchsten Stand seit 40 Jahren erreicht hat, sind mittlerweile so ausgeprägt, dass der Übergang von einer „neutralen“ zu einer „restriktiven“ Geldpolitik zur Debatte steht. Das stimmt einerseits mit jüngsten Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell überein. Er hatte nach der letzten Sitzung gesagt, dass die Fed „alles Notwendige“ unternehmen werde, um die Preissteigerungen unter Kontrolle zu bekommen. Auch betonte Lael Brainard, die Vizechefin der Fed mit besonderer Zuständigkeit für Banken- und Finanzaufsicht, dass „es unsere wichtigste Aufgabe ist, die Inflationsrate wieder auf einen niedrigeren Stand zu drücken“.

Die Notenbank wird also weitere Zinserhöhungen so lange beschließen, bis die Teuerungsrate sich wieder erkennbar dem Inflationsziel von 2% nähert, haben beide betont. Gleichwohl wurden viele Beobachter von der Deutlichkeit überrascht, mit der es in dem Protokoll hieß, dass „eine restriktive Politik angemessen sein könnte“. Ein solcher Kursschwenk werde allerdings nicht nur von der Inflation, sondern auch von „den weiteren Konjunkturaussichten und Risiken abhängen“. Halten Powell und seine Kollegen also an dem Plan fest, mehrmals in Folge den Tagesgeldsatz um 50 Basispunkte hochzuschrauben, dann könnte der neutrale Zins, den die Fed auf etwa 2,4% schätzt, bei der Sitzung im September erreicht und bald danach überschritten werden.

Die Entschlossenheit, mit der das FOMC an eine Kursverschärfung denkt, schlägt sich auch in den Plänen für den Bilanzabbau nieder. Begleitet werden sollen die Zinserhöhungen nämlich von einer progressiven Reduktion, die bis August 95 Mrd. Dollar pro Monat erreichen dürfte. Auch in Sachen Bilanzabbau ist die Fed nun scheinbar bereit weiterzugehen. Demnach stehen neben dem Verzicht auf Reinvestitionen der Staatsanleihen und hypothekenbesicherten Wertpapiere jetzt auch direkte Verkäufe zur Disposition.

Externe Einflüsse

Schwierig gestaltet sich die Lage für die Notenbank nicht nur wegen der hohen Inflation, sondern auch wegen externer Faktoren, auf die sie keinen Einfluss hat – etwa die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, die Lockdowns in China und neue Finanzmarktrisiken, die in den FOMC-Minutes nun ebenfalls angesprochen wurden.

Unterdessen gehen bei Ökonomen die Meinungen darüber auseinander, welche Bedeutung vor dem Hintergrund der hohen Inflation der Rezessionsgefahr beizumessen ist. Laut Handelsministerium schrumpfte die annualisierte Wirtschaftsleistung im ersten Quartal um 1,5% und nicht, wie laut erster Schätzung, um 1,4%. Obwohl in den Folgequartalen wieder solides Wachstum erwartet wird, glaubt Mark Zandi, Chefökonom bei Moody’s Analytics, dass „das Risiko einer Rezession bei etwa 35% liegt“. Matthew Luzzetti, Ökonom bei der Deutschen Bank in New York, glaubt, dass die Fed mit ihrer restriktiveren Politik „bis Ende 2023 die Wirtschaft in eine Rezession stürzen wird“. Der Rückgang im ersten Quartal sei jedenfalls „nicht der Beginn“ des Einbruchs.

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