Konjunktur

Höhere Brummidichte weckt Produktionshoffnung

Für die deutsche Wirtschaft gibt es zur Jahresmitte zahlreiche widersprüchliche Signale: Das Statistikamt wirft auf die eine Waagschale den stark gestiegenen Lkw-Verkehr, das Ifo den anhaltenden Auftragsmangel auf die andere Seite.

Höhere Brummidichte weckt Produktionshoffnung

Höhere Brummidichte weckt Produktionshoffnung

Lkw-Maut-Index steigt kräftig – Studie warnt vor China-Abhängigkeit bei Zwischenprodukten auf Basis seltener Erden

ba Frankfurt

Die Aussichten für die deutsche Industrie sind derzeit durchwachsen: Auf der Positivseite gesellt sich der kräftig gestiegene Brummiverkehr zur Stimmungsaufhellung, die sich im Ifo-Geschäftsklima und dem Einkaufsmanagerindex (PMI) zeigt. Auf der Negativseite stehen die dicken Minuszeichen bei Auftragseingang und Produktion. Dazu kommt die Unsicherheit, die trotz des Zolldeals der USA mit der EU hoch ist – denn die Details sind weiter ungeklärt. Ganz zu schweigen von dem Zollsatz von 15%, der nun auf die meisten Waren, die aus der EU in die USA eingeführt werden, fällig ist. Und auch die Abhängigkeit von Chinas seltenen Erden birgt für deutsche und europäische Schlüsselindustrien zunehmend Gefährdungspotential.

Positives Signal

Im Juli stieg die Fahrleistung mautpflichtiger Lastkraftwagen mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen laut des Statistischen Bundesamts (Destatis) kalender- und saisonbereinigt um 2,3%. Zuvor hatte die Lkw-Dichte dreimal in Folge abgenommen. Nun übersteigt der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex das Vorjahresniveau um 1,1%. Da wirtschaftliche Aktivität Verkehrsleistungen erzeugt und benötigt „besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Lkw-Maut-Fahrleistungsindex und Indizes zur wirtschaftlichen Aktivität, insbesondere der Industrieproduktion“, wie die Statistiker erklären. Da die Lkw-Maut-Fahrleistungsdaten etwa einen Monat früher verfügbar sind als die zur Produktion, gelten sie als gutes Indiz für den Konjunkturverlauf.

Der kräftige Anstieg ist daher ein Hoffnungsschimmer, nachdem der Ausstoß im produzierenden Gewerbe im Juni um 1,9% zum Vormonat gesunken war. Das war zudem das niedrigste Niveau seit den Anfängen der Corona-Pandemie im Jahr 2020. Der Auftragseingang war im Juni wegen der geringeren Auslandsnachfrage und mangels Großaufträgen unerwartet um 1,0% im Monatsvergleich gesunken.

Auftragsmangel trifft jeden Dritten

Die Unternehmen glauben der Ifo-Umfrage zufolge kaum an Besserung: Im Juli klagten 36,7% der befragten Manager über zu wenig Aufträge nach 37,3% im April. Das ist deutlich mehr als der langfristige Durchschnitt. „Trotz leichter Fortschritte ist die Talsohle nicht durchschritten“, sagte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo Umfragen. „Der anhaltende Auftragsmangel bleibt ein zentrales Hemmnis für eine substanzielle konjunkturelle Erholung.“

In der Industrie ist der Anteil der Firmen mit fehlenden Aufträgen von 36,8 auf 38,3% gestiegen. Besonders stark betroffen sind dabei die Schwergewichte Automobilbau (42,6), Maschinenbau (46,1%) und die Hersteller von elektrischen Ausrüstungen (40,6%). Bei den Dienstleistern ermittelte das Ifo einen Rückgang von 32,3% auf 29,9%, in einzelnen Branchen bleibe die Lage aber angespannt. Auch im Handel bleib die Lage insgesamt schwierig, betonten die Wirtschaftsforscher.

Umdenken in Rohstoffstrategie

Das Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) warnt derweil vor einer unterschätzten Gefahr für die Industrie in der EU und in Deutschland, aber auch in den USA, Südkorea und Taiwan: Diese seien besonders anfällig für Lieferengpässe bei kritischen Vorprodukten auf Basis seltener Erden, etwa bei Seltenerdmagneten, die für die Automobilzulieferbranche zentral sind. Es zähle nicht nur der Rohstoffzugang: China kontrolliere 91% der weltweiten Verarbeitung seltener Erden und alle kritischen Stufen der Wertschöpfung. Europa werde trotz Initiativen wie dem EU-Rohstoffgesetz und Investitionen in neue Abbauprojekte innerhalb Europas bis 2040 voraussichtlich zu über 85% weiter von China strukturell abhängig bleiben. „Ohne gezielte Investitionen in eigene Verarbeitungskapazitäten, strategische Partnerschaften und eine Diversifizierung der Bezugsquellen droht langfristig der Verlust technologischer Souveränität und der Zugang zu Zukunftsmärkten“, mahnt Studienautor und ASCII-Direktor Peter Klimek.