Verbraucherpreise

Hohe Inflation setzt EZB unter Druck

Die EZB steht vor einer sehr wichtigen Zinssitzung. Im Vorfeld verschärft sich das Dilemma, auch mit dem Ukraine-Krieg: Die ohnehin rekordhohe Inflation zieht weiter an – und die Sorgen um die Konjunktur wachsen.

Hohe Inflation setzt EZB unter Druck

ms Frankfurt

Der Preisdruck in Deutschland hat im Februar spürbar von zuvor auf 5,1% auf 5,5% (EU-harmonisiert) angezogen. Für die nächsten Monate zeichnet sich zudem ein weiterer Anstieg ab – nicht zuletzt infolge des Ukraine-Kriegs. Zusammen mit den Preissignalen aus anderen großen Euro-Ländern schüren die deutschen Daten Erwartungen, dass auch die Euro-Inflation im Februar deutlich zugelegt haben und kurzfristig weiter anziehen dürfte. Die Europäische Zentralbank (EZB) gerät damit weiter unter Druck gegenzusteuern. EZB-Granden mahnen aber wegen des Kriegs verstärkt zu Vorsicht.

„Unglaublich viel Preisdruck“

Die Inflation in Deutschland hatte im Jahr 2021 rasant und viel stärker als erwartet zugelegt und sie hält sich auch Anfang 2022 hartnäckiger als gedacht. Zuletzt hat nun der Krieg in der Ukraine Sorgen vor weiter stark steigenden Energiepreisen geschürt. Die EZB hatte nach langem Zögern erst Anfang Februar einen besorgteren Ton zur Inflation angeschlagen und eine raschere Normalisierung ihrer ultraexpansiven Geldpolitik avisiert. Der Krieg in der Ukraine erschwert aber nun die Lage, weil neben höheren Preisen zugleich spürbare negative Folgen für die Wirtschaft drohen. Der EZB-Rat tagt am 10. März.

In Deutschland legte die EU-harmonisierte Teuerungsrate nach zuletzt zwei Monaten mit Rückgängen nun im Februar wieder zu. Mit 5,5% fiel der Wert sogar etwas stärker aus als von Volkswirten erwartet (5,4%). In nationaler Rechnung (VPI) kletterte die Teuerung im Februar von zuvor 4,9% wieder über die 5-Prozent-Marke auf 5,1%. Im Dezember hatte sie mit 5,3% den höchsten Stand seit fast 30 Jahren erreicht. Haupttreiber waren nun erneut die Energiepreise. Haushaltsenergie und Sprit verteuerten sich im Februar zum Vorjahr um 22,5%. Aber der Preisdruck nimmt auch in der Breite immer stärker zu. „Es ist unglaublich viel Preisdruck in der Pipeline“, sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer.

Für die nächsten Monate wird nun mit einer weiter anziehenden Teuerung gerechnet. Hintergrund ist auch die militärische Eskalation in der Ukraine, die Energierohstoffe und einige Lebensmittel deutlich verteuern dürfte. „Die Inflation kennt derzeit nur den Weg nach oben“, sagte Jörg Zeuner, Chefvolkswirt bei Union Investment, am Dienstag. Das Ifo-Institut hält inzwischen im Jahresdurchschnitt eine 5 vor dem Komma für wahrscheinlicher als eine 3. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat schon vorgerechnet, dass ein weiterer Anstieg des Gaspreises um 50% die deutsche Inflation 2022 sogar auf 6,1% treiben könnte.

Genau wie in Deutschland hat auch in anderen großen Euro-Ländern die Inflation im Februar wieder angezogen – und teils alle Erwartungen übertroffen (vgl. BZ vom 1. März). Am Dienstag wurde etwa bekannt, dass die italienische Inflation auf 6,2% gesprungen ist – nach zuvor 5,1%. Das ist die höchste Rate seit Einführung des Euro. Analysten hatten für Februar nur mit einem Anstieg auf 5,4% gerechnet.

Am heutigen Mittwoch gibt es eine erste Schätzung für die Euro-Inflation im Februar. Volkswirte hatten zuletzt im Konsens einen Anstieg von zuvor 5,1% auf 5,6% erwartet. Das wäre erneut ein Rekordwert seit Einführung des Euro im Jahr 1999. Viele Ökonomen halten sogar einen noch höheren Wert für wahrscheinlich, bis hin zu 5,8% oder 5,9%.

Trotzdem mahnte EZB-Ratsmitglied Olli Rehn am Dienstag zur Vorsicht bei der avisierten Normalisierung der Geldpolitik. Die EZB solle sich Zeit nehmen, um die Auswirkungen des russischen Kriegs gegen die Ukraine richtig einzuschätzen, bevor sie ihre Unterstützung für die Wirtschaft der Eurozone aus der Pandemie-Ära beende, sagte der finnische Zentralbankchef zu Bloomberg. Zuvor hatten sich auch andere Euro-Hüter zurückhaltend geäußert. An den Finanzmärkten wird inzwischen für dieses Jahr keine EZB-Zinserhöhung mehr erwartet.

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