Geldpolitik der EZB

„Kein Bedarf für weitere Zinssenkung der EZB“

Michael Holstein, Chefökonom der DZ Bank, erwartet mittelfristig eher eine zu hohe als eine zu niedrige Inflation im Euroraum. Dementsprechend votiert er für eine längere Zinspause der EZB statt einer weiteren Zinssenkung.

„Kein Bedarf für weitere Zinssenkung der EZB“

„Kein Bedarf für weitere Zinssenkung“

Chefökonom der DZ Bank erwartet mittelfristig Inflation über 2 Prozent

mpi Frankfurt

Nach Einschätzung von Michael Holstein, Chefökonom der DZ Bank, ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass die EZB-Zinssenkung am Donnerstag die letzte in diesem Jahr war. Mutmaßlich werde die Notenbank jedoch im Herbst noch ein weiteres Mal die Zinsen herunterschrauben. Sollte es dazu kommen, wäre die Geldpolitik laut Holstein wohl zu locker. „Kurzfristig sehe ich keinen Bedarf mehr an weiteren Zinssenkungen“, sagt er im Interview der Börsen-Zeitung.

Anders als einige EZB-Ratsmitglieder sieht er kein größeres Risiko, dass die Inflation im Euroraum wegen des Zollkonflikts mittelfristig zu niedrig ausfallen könnte. „Ich gehe davon aus, dass die Inflation 2026 und in den Folgejahren über 2% liegen wird“, sagt er. Diese Einschätzung begründet Holstein unter anderem mit strukturellen Faktoren wie dem demografischen Wandel und steigenden Fiskalausgaben. Er bewertet jedoch auch den Handelskonflikt als nicht so deflationär wie die Notenbank.

EU als Hauptkonkurrent für Trump

Bei den Zollverhandlungen zwischen USA und EU befürchtet er einen schwierigen Stand für Brüssel. „Für mich verdichten sich die Anzeichen, dass Trump die EU derzeit als Hauptkonkurrenten sieht, nicht China.“ Eine gemeinsame Freihandelszone mit gegenseitigem Verzicht auf jegliche Zölle, wie es Brüssel vorgeschlagen hat, hält er für unrealistisch.

„Zölle sind für Trump ein wichtiges Konzept“, sagt Holstein. „Die Zölle dürften am Ende höher sein als zu Beginn seiner Amtszeit.“ Der Ökonom bescheinigt Trump dennoch einen etwas realistischeren Blick auf die Zollthematik als noch im April beim „Liberation Day“. Die Reaktionen der Finanzmärkte und der US-Unternehmen hätten ihm gezeigt, dass er mit Zöllen nicht zu weit gehen dürfe.

Nachdem Deutschland und die Eurozone wegen Vorzieheffekten im ersten Quartal überraschend kräftig gewachsen sind, erwartet Holstein für das laufende Quartal einen Dämpfer. Die deutsche Wirtschaft wird seiner Prognose zufolge von April bis Juni sogar wieder schrumpfen. Danach sollte es jedoch langsam bergauf gehen mit der deutschen Konjunktur.


Das vollständige Interview

Im Interview Seite 6