AnalyseFederal Reserve

Fed hält sich alle Optionen offen

Der weitere Kurs der US-Geldpolitik hängt davon ab, wie die Einfuhrzölle sich auf die Wirtschaft auswirken. Unklar ist aber, ob sie eher inflationär sein werden, das Wachstum abwürgen oder zu Stagflation führen werden.

Fed hält sich alle Optionen offen

Fed hält sich alle Optionen offen

Leitzinsen unangetastet – Powell: Konjunkturfolgen der Zölle entscheiden – Signal an Trump

Der weitere Kurs der US-Geldpolitik wird davon abhängen, wie die Einfuhrzölle sich auf die Wirtschaft auswirken. Unklar ist aber, ob sie eher inflationär sein werden, das Wachstum abwürgen oder zu Stagflation führen werden. Sicher erscheint derzeit nur, dass eine Zinssenkung im Juni wohl vom Tisch ist.

Von Peter De Thier, Washington

Die US-Notenbank hat ein klares Signal an US-Präsident Donald Trump gesendet: Egal wie stark der Druck ist, den er ausübt, wird sie nicht auf Geheiß des Weißen Hauses die Zinsen senken. Die Fed hat das einzig Richtige getan. Denn das Festhalten an dem seit Dezember geltenden Leitzins reflektiert die zunehmende Unsicherheit über die konjunkturellen Folgen von Trumps Einfuhrzöllen. Gleichwohl scheint eines festzustehen: Sein voraussichtlich letztes volles Jahr im Amt dürfte für US-Notenbankchef Jerome Powell das mit Abstand schwierigste werden.

Trump: Dummkopf!

Im Gegensatz zu der Gratwanderung, die er nun zu meistern hat, waren frühere geldpolitische Weichenstellungen vergleichsweise simpel. Während der Corona-Krise galt es, mit einem Nullzins und Anleihenkäufen die Wirtschaft wiederzubeleben. Als dann weltweit hohe Inflation folgte, waren die Optionen ebenso klar. Da die Wirtschaft mit solidem Tempo wuchs und der Arbeitsmarkt robust blieb, mussten die Währungshüter einfach die Zügel deutlich straffer ziehen – zunächst über quantitative Straffungen, die sie dann mit konsequenten Zinserhöhungen paarten.

Unter Trump ist aber alles ganz anders geworden. Zum einen wegen des unermüdlichen Drucks, den Trump auf die Fed ausübt, den Leitzins zu senken. Auch nach der jüngsten Entscheidung beschimpfte der US-Präsident den Notenbankchef als „Dummkopf, der keine Ahnung hat“. Aber auch, weil zu keinem Zeitpunkt im 21. Jahrhundert die Gefahr einer Stagflation in den USA so akut war wie jetzt. Dass Trumps Einfuhrzölle ohne handelspolitische Deals die Inflation befeuern werden, ist den meisten Ökonomen zufolge unausweichlich. 

Zölle gefährden Jobs

Weniger deutlich ist hingegen, wie sich seine protektionistische Handelspolitik auf den Arbeitsmarkt auswirken wird. Die jüngsten Daten liefern jedenfalls widersprüchliche Signale. So meldete der Arbeitsmarktdienstleister ADP im April nur 62.000 Neueinstellungen, das entspricht  weniger als der Hälfte der Markterwartungen. Ein paar Tage später überraschte dann die Regierung mit einem starken Bericht, aus dem ein deutlich stärkeres Stellenwachstum hervorging. Doch die schrumpfende Wirtschaftsleistung dürfte sich bald durchsetzen und am Arbeitsmarkt ankommen.

Gleichwohl drängt sich aber die Frage auf, wie es nun um den künftigen Kurs in der Geldpolitik bestellt ist. Wegen der zunehmenden Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Konjunktur dürfte eine Lockerung im Juni vom Tisch sein. Bevor Trump die Zölle verkündet hatte, galten Zinssenkungen dagegen noch als sehr wahrscheinlich.

Das Fed Watch Tool der CME Group unterstellt immer noch mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50%, dass die Fed den Geldhahn im Juli ein wenig aufdrehen wird. Das kann sich aber auch schnell ändern, sollten die Verbraucherpreise bald stärker anziehen. Exorbitante Preissteigerungen könnten einen Kurswechsel provozieren. Über Zinserhöhungen spekulieren zwar derzeit noch die Wenigsten, doch völlig auszuschließen ist ein solches Szenario nicht.

Wirtschaft bisher resilient

Mit einer Feststellung sorgte Powell, der über die Folgen der Zölle sichtlich besorgt ist, für einen Lichtblick: Derzeit befindet sich die US-Wirtschaft noch in robustem Zustand. Die Preise sind bis jetzt relativ stabil geblieben. Auch liegen keine Hinweise darauf vor, dass umfangreiche Entlassungen geplant sind. Ermutigend ist seiner Ansicht nach auch, dass die Regierung offenbar mit mehreren Handelspartnern auf Einigungen hinarbeitet, die schlimmere konjunkturelle Folgen verhindern könnten.

Dafür stellt das neue Abkommen mit Großbritannien, das Trump am Donnerstag bekannt gab, erste Weichen. Ob das Schule macht, bleibt abzuwarten. Nachdenklich stimmen unterdessen das negative Wachstum und der immense Vertrauensverlust. Die gute Laune bei Verbrauchern und Unternehmen ist mittlerweile wachsender Angst und Verunsicherung gewichen. Käme es zu der befürchteten Stagflation, dann wird für Powell und Co. entscheidend sein, ob die inflationäre oder die konjunkturdämpfende Wirkung der Abgaben schwerer wiegt.

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